Meine Sammlungen auf dem Handy (u.a. auch Französischstunde Nr. 32)

Ich gehöre normalerweise zu den Menschen, die bei Wartezeiten ein Buch aus der Tasche holen und sich dann über die Lesezeit freuen. Manchmal jedoch ist es nicht voraussehbar, dass man irgendwo warten muss. (Beliebt: Überraschende Staus als Beifahrerin). Dann werde ich in letzter Zeit auch zur Handyguckerin, denn ich habe mir dort verschiedene Sammlungen angelegt.

Sammlung 1:
Im Internet gibt es unzählige Seiten mit französischer Grammatik. Meine Kenntnisse darüber sind im Prinzip vorhanden, aber manche Themen müssen immer wieder wachgeküsst und aufgefrischt werden. Diese speziellen Lücken auf den Seiten im Internet zu suchen, finde ich umständlich und so kam ich auf folgende Idee:
Seit zwei Jahren liegt dieser Kalender auf meinem Schreibtisch und

ich sammle die Kalenderblätter, auf denen man meine grammatikalischen Schwächen kurz und knackig erklärt. Sonderfälle werden ausgelassen, aber das finde ich besonders gut, denn „Mut zur Lücke“ sollte man haben, um keine Scheu beim Sprechen aufkommen zu lassen.
Ich fing vor einiger Zeit an, diese Kalenderblätter mit meinem Handy zu fotografieren und werfe immer mal wieder einen Blick darauf.

Sammlung 2:
Zuhause stapeln sich bei mir (zu) viele Bildbände, da ich bei Museumsbesuchen immer euphorisch Ausstellungskataloge gekauft habe, um Bilder, die mir besonders gut gefielen, nicht zu vergessen. Seitdem das Fotografieren in Museum immer häufiger erlaubt ist, mache ich davon gerne Gebrauch und habe mir eine kleine Fotosammlung mit Kunstwerken auf meinem Handy angelegt, die ich mir immer wieder gerne anschaue.

Diese Bilder sind im Barberini Museum in Potsdam zu bewundern.

Sammlung 3:
Bei Gedichten und Zitaten mache ich es ähnlich wie bei Kunstwerken. Manche möchte ich parat haben, um mich an ihnen zu erfreuen, zu schmunzeln oder zu erinnern. An manchen Tagen tanke ich auch Kraft aus ihnen oder lese sie einem lieben Menschen vor. Wenn ich im Stau oder in einer anderen Wartezeit diese Texte bei mir habe, wird das Warten zur Nebensache.


Das weiße Buch als Einstimmung auf Berlin

„Liebe Linda, da hast Du mir wirklich ein erfrischendes Buechlein geliehen! So etwas Verrücktes habe ich lange nicht mehr gelesen – unglaublich, der Typ! 
Ich amüsiere mich prächtig (jetzt leider nur noch 70 Seiten). „

Dies schrieb mir eine vielbelesene Bekannte, nachdem ich ihr dieses Buch geliehen hatte:

Mit dem Fotografien des Buches fing der Spaß schon an

Mitte der 90er Jahre kommt Rafael Horzon nach Berlin. Dort herrscht immer noch Aufbruchstimmung und die Bevölkerung ist erpicht auf Neues und Ungewöhnliches. Genau das richtige Pflaster für Horzon, der vor innovativen Geschäftsideen kaum noch schlafen kann. Manche Ideen sind sehr erfolgreich, wie z.B. sein Möbelladen, in dem er nur eine Art von Regal verkauft als Antwort auf Ikea. Genial auch die Eröffnung der Galerie Berlin-Tokyo, in der er am Anfang Haushaltsgegenstände aus seiner Wohnung ausstellt und diese einem japanischen Künstlern zuordnet, den es gar nicht gibt. Die Galerie ist so erfolgreich, dass existiernde japanische Künstler in der Galerie ausstellen möchten und Horzon zur Documenta eingeladen wird. Da zieht er die Notbremse und schließt die Galerie, denn eigentlich ist er ein Antikünstler.
Natürlich erlebt Horzon auch Misserfolge, aber er steht immer wieder auf und versucht, etwas Niedagewesenes zu erschaffen.
Am Anfang des Buches (erschienen 2010) dachte ich, dass ich Erinnerungen von Münchhausen 2.0 lese. Zu fantastisch war das Berichtete, zu sehr erinnerte mich auch der Schreibstil an die Lügengeschichten. Aber dann kamen mir doch Zweifel. War da vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit in dem Buch enthalten? Ich fragte das Internet und kam aus dem Staunen kaum heraus. Ich als Niederrheinlandei hatte nicht mitbekommen, dass Herr Horzon zu den VIPS von Berlin gehörte und seine Ladeneröffnungen zu den Partyereignissen der Stadt gehörten. Ja, der Möbelladen existiert noch heute, andere Projekte hat es wirklich gegeben.
Ich las dieses Buch bevor ih nach Berlin fuhr und fand es herrlich. Auf den Spuren eines Mannes mit vielen Ideen und Mut, diese umzusetzen- genau mein Ding. So freute ich mich darauf, das zweite Buch von ihm zu lesen, das letztes Jahr erschienen ist. Um es kurz zu machen: Machen Sie es mir nicht nach, denn bei diesem Buch ist nur der Umschlag schön:

Horzon braucht Geld und man empfiehlt ihm, ein zweites Buch zu schreiben. Allerdings muss er erst dem Suhrkamp Verlag einen Entwurf liefern, bevor er einen Vorschuss bekommt. Seine finanzielle Lage wird immer prekärer, denn dummerweise hat er überhaupt keine Idee, über was er schreiben soll. Letztendlich erzählt er über den Zustand des Suchens nach einer Buchidee und das war für mich enttäuschend. Horzon ist kein charmanter Tausendsassa mehr, sondern eine zickige Heulsuse mit depressiven Anwandlungen, die ohne Freunde kaum noch lebensfähig ist. Das Buch versucht, lustig zu sein. Vielleicht ist es das, wenn man es nicht mit Horzons ersten Werk vergleicht, aber mich hat Buch Nr. 2 nur genervt. Ich hoffe für Herrn Horzon, dass nichts Autobiographisches in seinem neuen Buch enthalten ist und es an meinem Humorgeschmack liegt.

Neersen: Kinder-Kunst-Kanäle-Kleingartenverein

Neersen, ein Stadtteil von Willich, bietet ein wunderbares Ausflugsziel: Schloss Neersen und dessen Umland. Das Schloss hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich

https://www.stadt-willich.de/de/willichundich/schloss-neersen/

und heute ist dort u.a. das Rathaus von Neersen untergebracht oder es finden im Sommer auch Festspiele statt.


Zu dem Schloss gehört ein schöner Park, in dem Kinder und Kunstliebhaber besonders auf ihre Kosten kommen. Neben einem schönen Spielplatz gibt es ein Labyrinth, eine besondere Schaukelanlage und einen Pfad der Sinne.

In dem Park sind knapp dreißig Skulpturen installiert und es macht Spaß, sie zwischen den z.T. sehr alten Bäumen zu entdecken.

Dabei kommt man dann auch noch an einem Rosarium vorbei

Die Rosen waren noch nicht so weit, aber trotzdem blühte es in Hülle und Fülle.

und in Nichtcoronazeiten hat man die Möglichkeit, an zwei Plätzen einzukehren.

Auf der Internettplattform „Komoot“ fand ich einen schönen Spaziergang, der vom Schloss aus in das Umland der Anlage führte.

Auf Komoot heißt der Spaziergang „Schloss Neersen-Aussichtsplattform am Nierssee Runde“. Er ist knapp 6km lang und wird als „mittelschwer“ angegeben. Wir fanden ihn leicht, die Bewertung „mittelschwer“ basiert auf der Tatsache, dass nicht alle Wege befestigt sind.

Wir kamen vorbei an Kanälen, der Niers und dem Nierssee. Hier ein paar Eindrücke:

Nach langer Zeit mal wieder ein Lieblingsbank-Foto.
Seit 2019 gibt es diesen Zugang zum Nierssee.


Dieser Spaziergang bot viele Fotomotive, dank der Skulpturen,

der alten Naturzeugen

und dank des vielen Wassers, in dem man schöne Spiegelungen entdecken konnte.

So oder….
so…?

Fast am Ende des Spaziergangs hielt der Neersener Kleingartenverein eine Überraschung für uns bereit. Eigentlich sehen wir uns Kleingärten gerne an, aber hier verzichteten wir darauf. Selbst vom Außenzaun der Anlage sah man, dass mehrere Gärten bereits in ach so praktische Schotterwüsten umgewandelt waren. Der Geist eines Kleingartenvereins ad absurdum geführt…


Wir verbrachten eine halben Tag in Neersen und tankten dabei unsere Batterien wieder auf. Man kann sich auf den Niederrhein verlassen!

Sankt Petersburg: Palast der Erinnerungen

Die junge Marina ist Museumsführerin in der Eremitage in Leningrad, als 1941 die Bombardierung der Deutschen beginnt. Nachdem die meisten Kunstschätze abtransportiert und in Sicherheit gebracht worden sind, ist sie eine der wenigen Angestellten, die in dem Museum bleibt und von dessen Dach aus nachts Wache schiebt, um Brände zu melden. Der Winter 41/42 ist extrem kalt und die Menschen leiden zunehmend unter den deutschen Angriffen, der Kälte und dem Hunger. Immer mehr Menschen sterben, auch in Marinas Umfeld. Um diesem Grauen zu entgehen, flüchtet sich Marina in ihren Palast der Erinnerungen. Zusammen mit der alten Museumswärterin Anja ist sie immer wieder durch die leeren Räume des Museums gelaufen und hat sich in Erinnerung gerufen, welches Bild an welcher Stelle hing. Sie hatte Lieblingsbilder und die Gedanken an diese sind für Marina tröstlich und lassen sie für kurze Zeit alles vergessen.

Marina überlebte den Krieg. Sie heiratete, bekam zwei Kinder und ist jetzt eine alte Frau, die Alzheimer hat. Ihr Mann kümmert sich liebevoll um sie und anfangs gelingt es beiden noch, Marinas Abschied von der realen Welt zu überspielen. Doch bei einer Hochzeit läuft Marina weg und wird auch nach einem Wochenende nicht gefunden. Sie hat sich in dem Rohbau einer Villa versteckt und dieser erinnert sie an die ausgebombten Häuser in Leningrad. Sie hat Angst, aber sie lebt auch immer mehr in ihrem Palast der Erinnerungen und entdeckt, staunend wie ein Kind, die Welt neu.

Mich hat das Buch sehr berührt, denn beim Lesen gerät man zwischen zwei Extreme: Der schreckliche Krieg in Leningrad auf der einen Seite, die Schönheit der Kunst auf der anderen. Beides geht einem nah, denn die Autorin beschränkt sich bei ihren Schilderungen, welches Leid der Krieg für die Menschen bedeutet, nur auf wenige persönliche Schicksale. Exemplarisch für die Kunst werden von Marina nur einige Gemälde ausführlich beschrieben und beim Lesen hat man im wahrsten Sinne Bilder vor Augen.
Marina als junge und als alte Frau, auch das wird gefühlvoll beschrieben. Der Autorin gelingt es, das Thema Alzheimer nicht als Krankheit darzustellen, sondern als einen neuen Lebensabschnitt, der von der Betroffenen angenommen wird, während die Angehörigen sich schwer tun.


Moerser Schlosstheater bietet Frischzellenkur fürs Gehirn

Unter dieser Überschrift stand am Samstag in der Rheinischen Post folgender Artikel:

Mit „21 Lovesongs“ streamt das Schlosstheater erstmals eine Premiere live aus dem Schloss in die Wohnzimmer der Zuschauer. Das Stück ist eine musikalische Antwort auf die Pandemie. Das Ensemble liefert eine großartige Leistung ab.VON ANJA KATZKE 

Mein Mann und ich waren neugierig geworden und da am Samstagabend eine Aufführung stattfand, lösten wir ein virtuelles Ticket. Uns stand eine außergewöhnliche Erfahrung bevor:
Nach einer Viertelstunde wollte ich aufgeben und meinem Mann vorschlagen, uns lieber einen Krimi im Fernsehen anzusehen. Was ich sah und hörte war schrill, laut und chaotisch. Ich war genervt. Da mein Mann aber anscheinend anders empfand oder größeres Stehvermögen hatte, sagte ich nichts und von Minute zu Minute fand ich Details im Bühnenbild, die mir gefielen, die Lieder wurden besser und den Leistungen der Schauspieler musste ich meinen Respekt zollen. Am Ende des Stücks hatte ich nach 100 Minuten den Eindruck, dass mein Gehirn eine Frischzellenkur hinter sich hatte und mir schwirrten zig Ideen für Fotos im Kopf herum. Wie gerne würde ich im Bühnenbild einmal fotografieren…Dieses Theaterstück ist eine pure Kunst-und Kulturerfahrung und anscheinend musste ich mich nach so langer Abstinenz in den ersten Minuten erst einmal wieder daran gewöhnen, mich mit Kunst und Kultur auseinanderzusetzen.

Worum geht es in dem Stück? Hier der Rest des Zeitungsartikels:

MOERS | In der Krise, sagt man, zeigt sich, was in den Menschen steckt. Das Ensemble des Moerser Schlosstheaters hat die Krise zu Höchstleistungen angespornt. Mit der neuen Inszenierung „21 Lovesongs“ legt das Theater eine zweifache Premiere hin: Regisseur Ulrich Greb und seine Schauspieler präsentieren nicht nur ein neu erarbeitetes Bühnenstück, den Lieblingsliederabend, sondern meistern bravourös erstmals den Livestream zum Publikum, in der Spitze sitzen am Premierenabend bis zu 120 Zuschauer vor dem heimischen PC und Laptop, eingeloggt auf der auf der Plattform „Dringeblieben“. „Moers-Landung“ kommentiert jemand im parallel zur Aufführung laufenden Chat in Anlehnung an die Mars-Landung von „Rover Perseverance“. Stimmt.

Auch das Schlosstheater erforscht das Leben – aber nicht auf einem fernen Planeten, sondern hier auf der Erde – das das Coronavirus fast zum Stillstand bringt. In der atmosphärisch verdichteten Inszenierung sezieren Ulrich Geb und die fünf Schauspieler das, was Isolation, Vereinsamung, Frust, Wut, aber auch die Sehnsucht nach Zusammensein und Liebe aus uns und unserer Gesellschaft machen. Die Bühne steht im Moerser Schloss. Bühnenbildnerin Birgit Angele hat das „Pest“-Zelt aus der Camus-Inszenierung in transparente Zellen umgebaut, damit die Schauspieler sich darin einrichten und ihre Charaktere entwickeln, so einsam wie Jona im Bauch des Wals. Da gibt es den Leser, der seine Enzyklopädien auf dem Boden neu ordnet, den Videospieler, der virtuell die Tour de France abstrampelt, oder die junge Frau, die nur beim Sex ihre Ängste vergisst. Gemeinsam arbeiten sie sich an ihrem Phobien ab, beklagen die dem Untergang geweihte Kohlmeise und sinnieren darüber, wie man den Bildschirm zu küssen lernt.

Dabei spielen Matthias Heße, Patrick Dollas, Roman Mucha, Emiliy Klinge und Elsia Reining auf der Klaviatur der Emotionen, phasenweise sehr melancholisch – und schaffen so ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, das viel weiter reicht als die Corona-Pandemie. Denn die Vereinzelung gab es schon vorher, und sie wird wohl auch danach bleiben.

Die Inszenierung von Ulrich Greb schafft es, das Publikum vergessen zu machen, dass es nicht im Theater sitzt. Das liegt an der wohldurchdachten und klugen Kameraführung: Der Kameramann geht nah an die Schauspieler heran, um dann alle gleichzeitig wie in einer Zoom-Konferenz auf den Bildschirm zu bringen. Dazu filmen sich Dollas, Heße und Co. live mit ihren Smartphones und blicken ihre Zuschauer unvermittelt und direkt an, winken ihnen sogar manchmal zu. Dass der Stream einmal wegen einer technischen Störung offline geht, nimmt das Publikum dem Theater nicht krumm. Den Mehrwert des Abends bietet sowieso die Musik, die vielen Lieblingslieder. Mit Unterstützung von Jan Lammert (Piano), der die musikalische Leitung innehat, und Jens Lammert (Gitarre und Bass) rocken, röhren, headbangen, singen und chansonnieren sich die Schauspieler querbeet durch die Musikgenres, die immer die passgenaue Stimmung vermitteln.

Sie lassen mit „Ton, Steine Scherben“ den Turm einstürzen, singen Miley Cyrus’ „Bad Karma“, träumen mit Rio Reiser. Songs von Billie Eilish, Hans Eisler, Richard Strauss, Max Raabe, Savages, Georg Kreisler und Bell Book & Candle komplettieren das Arrangement.

Das Publikum ist hellauf begeistert von den fünf Gesangstalenten und kommentiert virtuell mit zahllosen roten Herzen, fliegenden Hüten und klatschenden Händen. Das Schlosstheater hat den Stoff zu bieten, der zwar nicht vor Corona schützt, aber anderthalb Stunden lang Trost spendet: „21 Lovesongs“ als musikalische Antwort auf die Pandemie. „Danke für das wunderbare Stück Kultur in diesen kulturlosen Zeiten“, schreibt ein anderer Zuschauer im Chat. Es ist der Dank für einen großartigen Theaterabend.

Matthias Heße im Bühnenbild der neuen Schlosstheater-Premiere. Wegen der Corona-Pandemie findet sie zurzeit nur im Livestream statt. Das Foto stammt von Jakob Studnar.

Weitere Aufführungen: Das Schlosstheater überträgt die Inszenierung im Livestream am 27. Februar, jeweils 19.30 Uhr, am 7. März, 18 Uhr, sowie am 13., 21. und 27. März, jeweils 19.30 Uhr.

Tickets Eintrittskarten ab fünf Euro gibt es über die Streamingplattform „dringeblieben.de“.

Link https://dringeblieben.de/schlosstheater-moers/videos

www.schlosstheater-moers.de

Abwechslungsreiche Museen im Hunsrück (Urlaub Nr. 3)

Waren Sie schon einmal in einem Motorsägemuseum oder wollten Sie immer schon einmal ein Telefonmuseum besuchen? Gibt es im Hunsrück! Die Museumslandschaft ist hier vielfältig und drei Sammlungen möchte ich Ihnen heute kurz vorstellen. Sie sind auf Initiative einzelner Bürger entstanden, meine ersten „Beweise“ für unseren Eindruck, dass im Hunsrück öfter gesagt wird:“Geht nicht, gibts nicht!“

Pfiffig fand ich die Idee, ein Restaurant mit einer Art Oldtimerausstellung zu kombinieren. (Wer speist und trinkt darf kostenlos sehen und staunen).

Diese Kombination finden Sie in Grolsheim.“ClassicX“ ist ein amerikanischer Diner (Foto oben links) . Dieser Diner befindet sich in den Räumen von „Classicbid“, einer Auktionsfirma für Oldtimer. Hier können Sie sich ca. 150 Oldtimer ansehen und die meisten von ihnen auch spontan kaufen, wenn das Kleingeldbudget stimmt und Sie Lust auf einen Zweitwagen verspüren. Die Modelle sind mit technischen Angaben und Preisen versehen. Oder Sie warten, bis die nächste Auktion für Oldtimer durchgeführt wird.

In Windesheim, neben dem Gebäude der Orgelbaufirma Oberlinger, wurde 2001 ein Orgel-und Klaviermuseum, genannt „OAM-Orgel Art Museum, eröffnet.

2017 wurden Orgelmusik und Orgelbau als immaterielles Kulturerbe von der UNESCO bestätigt. Erfindungsgeist und handwerkliche Meisterschaft kann man in diesem Museum bewundern. Historische Orgeln und Klaviere stehen neben Instrumenten, die erst vor einigen Jahren von der Firma Oberlinger gebaut wurden. Wir lernten diverse Orgelarten kennen, von denen wir bis dahin noch nie gehört hatten, z.B. ein „Nonnenpositiv“, ein „Regal“ oder ein „Claviorganum“. Sie suchen eine Orgel fürs Wohnzimmer? Kein Problem, auch für kleinere Raummaße gibt es „vollen Orgelsound“.
Mir juckte es regelrecht in den Fingern, mal eine Tastatur anzuschlagen. Für alle Museumsbesucher mit ähnlich kribbelnden Fingern wäre es schön gewesen, wenn man bei einem Instrument etwas hätte spielen dürfen. Auch Orgelmusik als leise Hintergrundmusik würde das Museum noch etwas stimmungsvoller machen.
Hier ein bisschen passende Musik zu meinem Beitrag:

Noch eine positive Anmerkung: In den Räumen finden auch wechselnde Kunstausstellungen statt. An den Wänden kann man z.Zt. von zwei Künstlern Bilder betrachten, die sich alle dem Thema Musik widmeten.

Diese Skulptur gehört zu dem Skulpturenpark in Bad Kreuznach. Zusammen mit einem Museumsgebäude ist die Anlage in der Welt einzigartig, da ausschließlich Skulpturen aus Stein gezeigt werden. Eröffnet wurde sie 2010 von dem Künstlerpaar Kubach-Wilmsen, das vor Ort auch seine Werkstätten hat. Wenn man zwischen den einzelnen Skulpturen lustwandelt (ca. 65 sind es momentan, weitere Kunstwerke sollen noch dazukommen), wird man von einer ganz besonderen Atmosphäre gefangen genommen.

Diese Ausstellung ist auch ein Fest der Haptik. Augen schließen und fühlen… Die Kühle der Steine, das Glatte, das Raue, Kurven, Wellen, Spitzen…Dazu kommen die Farbspiele der Steine, das Glitzernde, das Matte- einfach grandios!

Wer schon einmal in Neuss bei der ehemaligen Raketenstation war und das Museum der Foundation Langen besucht hat (siehe auch Hinweis am Ende) wird vielleicht an seinen dortigen Besuch erinnert, denn beide Museumsgebäude wurden von dem japanischen Architekten Tadao Ando entworfen.

Leider hatte im Museum schon die Winterpause begonnen, so dass wir nur einen kleinen Eindruck von dem Innenhof des Museums bekamen.

Übermorgen zeige ich Ihnen noch weitere Bilder von diesem Urlaubshighlight und kombiniere die Fotos mit der Besprechung meiner Urlaubslektüre.

Postkartenliebe

In meinem Leben spielen Postkarten zeitweise eine besondere Rolle. Als Achtjährige gab ich z. B mein ganzes Taschengeld für 3D-Postkarten aus, die ganz neu auf dem Markt waren. Ich war ganz verrückt danach! In meiner Buchhandlung gab es dann über mehrere Jahre hinweg in jedem verkauften Buch monatlich eine andere Postkarte als Lesezeichen und 2013 startete ich das Projekt „1000 Postkartenunikate“.
Die Liebe zu Postkarten ließ mich im Laufe der Zeit auch einige Bücher zu diesem Thema kaufen und heute möchte ich Ihnen einen Titel vorstellen. Aber zuvor noch eine Einstimmung. Diese Postkarten habe ich in den letzten Wochen gestaltet:

Oben rechts „Treffen der Zauberfeen in Viersen“, darunter „Viele Pünktchen und vier Antons“
Oben links unterhalten sich Gertrude Stein und Marcel Duchamp über Rosen, darunter eine Auswahl an Jeanstaschen.

Rechts eine Winterszene vom Marktplatz in Roermond, Mitte Szene in einem Pariser Café, links Graffiti in Lissabon

Und um dieses Buch dreht es sich heute:

127 Postkarten hat der Autor Jurek Becker vom Sommer 1992 bis kurz vor seinem Tod im Frühjahr 1997 an seinen Sohn Jonathan, genannt Johnny, geschrieben. Johnny konnte in dieser Zeit noch nicht lesen und so war auch Mutter Christine als Vorleserin involviert.
Das Buch, es ist vielleicht eher ein Bildband, zeigt die einzelnen Postkarten mit ihren Vorder-und Rückseiten. Die Motive der Postkarten sind vielfältig. Barbarpapa und Batman sind Helden für Johnny, also bekommt er mehrere Karten mit Szenen aus Filmen. Der kleine Junge ist großer Traktor-und Lokomotivenfan, auch hier bedient sein Vater Johnnys Vorlieben. Es gibt aber auch ganz andere Postkarten, z.B. Kunstpostkarten von Miro, Picasso oder Kandinsky. Da Becker seinem Sohn aus der ganzen Welt kleine Grüße schickt (z.B. aus Indien, Peru, Irland, USA oder Polen) sind auch Fotokarten mit lustigen Szenen oder Karten mit z.T. ungewöhnlichen Abbildungen dabei.
Ich habe schon lange nicht mehr ein Buch gelesen, das so viel Herzenswärme ausstrahlt. Becker liebt seinen Sohn abgöttisch und vermisst ihn sehr auf seinen Reisen oder wenn er sich in das Haus in Siseby zurückgezogen hat, um an einem neuen Buch zu schreiben. Diese Liebe spürt man beim Lesen immer wieder. Doch die Texte der Postkarten zeigen auch, wie sehr Becker an dem Leben seines Sohnes teilnimmt und er als Vater aus der Ferne versucht, seinen Sohn positiv zu beeinflussen. Oft stellt er Johnny Fragen zu den Postkartenmotiven und möchten ihn zum Nachdenken anregen. Er erzählt seinem Sohn aber auch von Fehlern, die er selbst als Erwachsener gemacht hat und zeigt sich so als jemand, der keineswegs perfekt ist. Ja und dann ist da noch Beckers große Gabe, die Fantasie seines Sohnes anzuregen. Johnny liebt alles, was ein großer Quatsch ist und lacht für sein Leben gerne. Sein Vater gibt ihm deshalb konsequent sehr phantasievolle Kosenamen, wie z.b. Aprikosenei, Kugelblitz oder Mauseloch. Er erzählt auf den Karten kurze augenscheinlich abstruse Geschichten und Johnny ist entzückt. Allerdings versucht Becker auch in diesen Geschichten, seinem Sohn etwas zu vermitteln. So soll Johnny mehr Obst und Gemüse essen, auf den Karten tauchen dann z.B. Orangensaft oder Äpfel als Protagonisten der Geschichten auf.

Dieses Buch ist für mich auch eine „Ode an die Postkarte“. Man sollte Postkarten nicht nur im Urlaub verschicken, sondern viel häufiger auch mal zwischendurch. Sie sind in der heutigen Mail- und WhatsApp-Zeit ein kurzes „Ich denk an dich“, aber viel persönlicher und individueller.

Im Fernsehen sah ich vor ein paar Wochen, dass die Schauspielerin Caroline Peters (Mord mit Aussicht, im August die Buhlschaft im Jedermann in Salzburg) zusammen mit ihrem Mann einen Postkartenverlag ( „Art Postal“mit zeitweiligem Ladenlokalen) in Wien gegründet hat, weil sie damit auch zum Erhalt der Postkartentradition beitragen möchte. Sehr sympathisch.

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Ich hatte am Montag erwähnt, dass ich letzte Woche Urlaub in Ostfriesland gemacht habe. Dieses Mal folgen keine Reisetipps, da wir sehr faul waren, aber wer Lust hat, kann am Samstag überprüfen, wie gut er sich in Ostfriesland auskennt.

Auge in Auge mit drei Haifischen

Plötzlich sah ich drei Haifischflossen,
sie kamen von rechts nach links angeschossen!
Mein Herz fing heftig an zu pochen,
nein, kein Zweifel, es waren Haie und keine Rochen.
Ganz langsam trat ich den Rückzug an,
mit den Augen immer an den Haien dran.
Ich wollte nicht ihr Abendessen werden
sie sollten mir mein Leben nicht verderben!
Bitte nicht als Gehacktes enden-
wo war die Chance, mein Schicksal zu wenden?
„Hallo Linda, träumst du gerade vor dich hin?“
Ich verstand zuerst nicht der Worte Sinn.
“Sollen wir dort drüben in das Museumscafé gehn,
nach dem Spaziergang wäre das doch ganz schön.“
Mein Mann lächelte mich an
und da wurde mir klar,
dass ich nicht,
oh es war so wunderbar,
in einem Meer um mein Leben schwamm,
sondern auf einer Wiese stand
und unter meinen Füßen war ganz viel Land…

In Porto, Januar 2017

Ein Nachmittag mit César Baldaccini

César Baldaccini war ein französischer Bildhauer, der u.a. Skulpturen erschuf, in dem er Rostautos zerdrückte- er wandte seine „Kompressionstechnik“ an. Als ich einen Beitrag darüber im Fernsehen sah, bekam ich Lust, das Komprimieren auszuprobieren. Als Material dafür kamen mir recht schnell Getränkedosen in den Sinn und ich machte mich mit dem Fahrrad auf, weggeworfene Dosen zu suchen. Das war schwerer als gedacht, denn die „Müllhoheit am Wegesrand“ hatten leere Getränkebecher oder „Müllermilchflaschen“. Aber auf einem Platz wurde ich fündig. Dieses Foto gibt die Stimmung des Platzes wieder:

Weihnachtsstimmung im Juli…

Wieder zuhause, lieh ich mir von meinem Mann einen Vorschlaghammer aus und bearbeitete damit die Dosen. (Sehr zu empfehlen für Momente, in denen man sich abreagieren möchte.) Hier eine kleine Auswahl meiner Kunstwerke (?):

Der Parfümflakon
Der Goldfisch
Die Empörung
Der schnarchende Buddha

In Duisburg soll es übrigens von César Baldaccini eine Skulptur geben mit dem Titel „L’Homme de Figanieres “. Ob ich sie im Kantpark finde?

Paris als roter Faden-Nr.2

Vor ein paar Wochen erschien dieses Buch:

Als Hobbyfotografin und Verehrerin vom französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson(=HBC) war das Buch ein Lesemuss für mich, denn die Werbung versprach, dass die wiedergegebenen Interviews bisher gar nicht oder kaum veröffentlicht wurden.

Das Buch war eine Enttäuschung, denn Zweidrittel der Interviews kannte ich bereits aus anderen Büchern. Außerdem hatte ich mir vorher nicht bewusst gemacht, dass sich in Interviews Fragen natürlich immer wiederholen. So wurde die Lektüre zum Ende hin immer langweiliger. Bezug zu Paris? Es gibt seit 2003 in Paris die „Fondation Henri Cartier-Bresson,die als Museum und Archiv für das fotografische und malerische Werk Cartier-Bressons fungiert.

Wenn Sie sich über Cartier-Bresson informieren möchten, empfehle ich Ihnen diese beiden Titel:

Links ein Werk über HCBs Philosophie des Fotografierens, rechts ein kleiner Bildband mit kurzer Biografie und kurzen Interviews.

Ein Buch, das die Enttäuschung mehr als ausglich, war dieses:

Ich weiß nicht, ob HCB und Francoise Gilot sich gekannt haben, aber ich vermute, dass sie sich gut verstanden hätten. Beide halten nichts von Photo- bzw. Kunstschulen, ihre beider Kunst kommt aus ihrem tiefsten Inneren. HBC lehnte das Schneiden eines Fotos vehement ab, Gilot machte einen gemalten Strich niemals rückgängig. Das zu den Gemeinsamkeiten der beiden.

Auch dieses Buch basiert auf mehreren Interviews, die der Autor Malte Herwig mit der Künstlerin über einen längeren Zeitraum geführt hat. Ihre Vitalität mit 90 Jahren ist ein immer wiederkehrendes Thema und die Fotos von ihr in Paris und New York belegen dies.
Francoise Gilot war nicht der Wunschjunge ihrer Eltern, wurde aber trotzdem wie ein Junge erzogen. So sind die Härte gegen sich selbst, ihr großes Bedürfnis nach Selbständigkeit und das Verstecken ihrer Gefühle und Gedanken sicherlich teilweise damit zu erklären. Wie sie sagt, sprechen ihre Bilder zu der Außenwelt, das muss genügen.
Ihr Leben mit Picasso und ihr Entschluss, ihn zu verlassen, sind eher ein Randthema dieses Buches. Dazu befragt, war sie sich der Risiken, mit Picasso zusammenzuziehen und Kinder zu bekommen, durchaus bewusst. „Wenn du wirklich leben willst, musst du etwas Dramatisches riskieren, sonst lohnt sich das Leben nicht. Wenn du etwas riskierst, erlebst du auch schlimme Dinge, aber du lernst vor allem eine Menge und lebst und verstehst immer mehr. Vor allem wirst du nicht langweilig. Das ist das Allerschlimmste: langweilig werden.“

Wer selbst malt oder zeichnet kann in diesem Buch Einsichten gewinnen, wie sich das eigene Kunstwerk entwickelt. Herwig kann nicht zeichnen und bittet Gilot, ihm Tipps zu geben. Anfangs widerstrebend lässt sich Gilot schließlich darauf ein. Diese Ausführungen zum künstlerischen Schaffen sind besonders lesenswert.

Sie interessieren sich für Kunst? Dann habe ich zum Schluss noch einen Filmtipp für Sie (spielt in Paris): „Das letzte Porträt“, ein Film über 18 Tage im Leben des des Künstlers Alberto Giacometti.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Final_Portrait