Ein Krimi als Erinnerung an eine verlorene Welt

Zusammen mit seinem Hund Mars lebt der ca. 50 Jahre alte Gus alleine auf einem Bauernhof in den Cévennen. Er hat seinen Platz im Leben gefunden und kümmert sich hingebungsvoll um seine Kühe und sein Land. Telefon hat er keins, den alten Fernseher stellt er nur selten an. Außer zu Abel, einem ebenfalls alleinlebenden älteren Bauern in der Nachbarschaft, hat er kaum Kontakt zu anderen Menschen.
Die Ruhe im Leben von Gus ist vorbei, als er eines Abends Schüsse und schreckliche Schreie auf dem Grundstück von Abel hört. Gus ist geschockt und traut sich erst am nächsten Tag, zum Hof des Nachbarn zu gehen. Abel ist jedoch wohlauf, reagiert allerdings auf den Besuch von Gus unwillig und versucht ihn loszuwerden. Abels ungewöhnliches Verhalten weckt die Neugierde von Gus, zumal ihm plötzlich frühere Zusammentreffen mit Abel einfallen, die darauf hindeuten, dass sein Freund Geheimnisse hat.
Gus beschäftigen aber auch noch andere Merkwürdigkeiten. Sein Hund wird im Wald angegriffen und verletzt. An der Stelle, wo es passiert ist, findet Gus im Schnee Spuren von nackten Füßen. Dann tauchen kurz hintereinander auf seinem Hof zwei Evangelisten auf, die mit ihm über Gott sprechen wollen und der Bürgermeister des Dorfes, über den Gus eine schlechte Meinung hat, möchte Gus plötzlich seinen Hof abkaufen. Das alles beschäftigt Gus, aber noch verläuft sein Leben in geordneten Bahnen. Die Katastrophe beginnt, als Abel ihn unverhofft zu einem Abendessen einlädt…

Dieser „Roman Noir“ hat die Spannung eines Krimis, aber mit der Geschichte von Gus und Abel setzt der Autor Bouysee dem früheren Leben auf dem Lande auch ein Denkmal. Es war ein Leben voller Gewalt, aber auch ein Leben, in dem Menschen noch Ehrfurcht vor der Natur hatten und die Natur „lesen“ konnten. Bouysse beschreibt dieses archaische Leben mit eindringlichen Bildern, die nicht gleichgültig lassen.

Eine Geschichte der Frauen in 100 Objekten

Angesichts der Tatsache, dass die Autorin Annabelle Hirsch deutsch-französische Wurzeln und u.a. in Paris Kunstgeschichte studiert hat, ist es nicht verwunderlich, dass von den 100 beschriebenen Objekten ca. die Hälfte aus Frankreich kommt. So liest man nicht nur eine Geschichte der Frauen, sondern erfährt auch viele überraschende Details über unser Nachbarland.
Dieses Buch (411 Seiten) hat mich in vieler Hinsicht begeistert. Jedes Objekt stellt die Autorin auf höchstens drei Seiten vor, so dass sich die Lektüre optimal für den kleinen Lesehunger von dem Einschlafen eignet.
Das Alter der Objekte reicht von 30000 Jahren vor Chr. bis zum Jahr 2017.
Wussten Sie, dass es seit zehn Jahren Indizien gibt, dass die urzeitlichen Gemälde in den französischen Höhlen, die von den Wissenschaftlern bis dahin wie selbstverständlich den Männern zugeschrieben wurden, auch von ihren Frauen stammen?
Kennen Sie die Geschichten vom „Le rouge Baiser“, dem „100-KM/H-Mantel“ des Pariser Modehauses Dornac oder des Messers der Mère Filloux, die den Ruhm Lyons als Haute Cuisine-Stadt auslöste? Ich habe oft gestaunt, durch welche Umstände die Rechte von Frauen vergrößert oder öfter beschnitten wurden, wenn es den Männern gerade passte. (In Hollywood gab es beispielsweise bis in die 30er Jahren mehr Regisseurinnen und Produzentinnen, doch dann entdeckten Männer, dass man mit Filmen Geld verdienen konnte und das Ende der mächtigen Frauen von Hollywood wurde eingeläutet.)

Lois Weber drehte bis 1940 138 Filme, also in einer Zeit, in der Frauen noch nicht wählen oder ein eigenes Bankkonto besitzen durften

Manche Kapitel haben mich empört. Schlimm das Foto von Robert Capra, das 1944 die dreiunszwanzigjährige Simone Touseau in Chartres zeigt, die glatzköpfig mit einem Baby auf dem Arm von Menschen beschimpft und auf der Straße gejagt wird. Die Autorin erzählt anhand des Fotos die Geschichte der „Épuration sauvage“, bei der Frauen, die mit den Deutschen kollaborierten, gebrandmarkt wurden.
Kennen Sie Brownie Wise, Liane Berkowitz, Majorie Hills oder Elisabeth Selbert? Dieser Name und viele andere, oft vergessene, Namen sind mir im Zusammenhang mit der Geschichte der Frauen zum ersten Mal begegnet. Da die Autorin in jedem Kapitel kurz und knackig schreibt, bleiben viele Möglichkeiten, sich nach Beendigung des Buches in eins der hundert Frauenthemen zu vertiefen.

Annabelle Hirsch bietet in ihrem Buch Fakten aber auch Denkmodelle an, in denen sie die Geschichte der Frau neu interpretiert. Bei manchen dieser Überlegungen verfällt sie allerdings in ein schwarz-weißes Denkschema, das sie sonst den Männern vorwirft. Das ist schade.

P.S. Meine Heldin ist übrigens Elisabeth Selbert.

Man spricht immer von den „Vätern des Grundgesetzes“, aber „nur“ 61 von den 65 Mitgliedern des Gremiums waren Männer. Zu den vier Frauen der Gruppe gehörte Elisabeth Selbert. Gegen große Widerstände aller anderen Mitglieder setzte sie durch, dass der Satz:“Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ in das Grundgesetz mit aufgenommen wurde.

Die französische Route 66

Ich bespreche heute einen Roman, in dem die Route national 7 eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Zur Einstimmung auf den Roman habe ich für Sie einen kurzen Film über die N 7 herausgesucht:

Der Roman spielt im französischen Département Drôme und es geht um…

Genau, um Kreisverkehre!

In der Firma von Joaquin Reyes brodelt es. Der alte Firmenbesitzer ist gestorben und der neue hat angekündigt, mehrere Filialen zu schließen und die verbleibenden Filialen durch eine Beraterfirma auf Herz und Nieren prüfen zu lassen.
Reyes, der für die künstlerische Gestaltung von Kreisverkehren zuständig ist, hat um 15 Uhr einen Termin in dem Dorf Le Virot, wo er seinen Entwurf für einen neuen Kreisverkehr der Bürgermeisterin vorstellen soll. Sein Entwurf, eine kühne Stahlkonstruktion, soll richtungsweisend für zukünftige französische Kreisverkehre sein und Reyes erhofft sich durch den Auftrag einen Karriereschub. Was ihm gar nicht gefällt: Er wird zu dem Termin von Vivienne Hennessy begleitet, einer Mitarbeiterin der Beraterfirma.
In Reyes Firma weiß niemand, dass er Diabetiker ist. Seine Gesundheit ist sehr labil und er muss strengstens auf die Einhaltung ärztlicher Anweisungen achten, um eine Unterzuckerung zu vermeiden. Schnell fängt er sonst an, zu halluzinieren, ihm wird schwindelig und seine Gesichtszüge entgleiten ihm.
Die Fahrt wird für Reyes zur Tortur. Nicht nur, dass diese unsympathische Frau darauf besteht, selbst zu fahren und anstatt der schnellen Autobahn die N 7 nimmt, nein sie schert sich nicht um Pünktlichkeit und macht Pausen und…..fährt um jeden Kreisverkehr nicht einmal, sondern dreimal, um die Schönheit der Kreisverkehre in sich aufzusaugen! (Auf der N 7 gibt es viele Kreisverkehre!)

Foto von Pixabay

Mit drei Stunden Verspätung kommen die beiden bei einer sehr verärgerten Bürgermeisterin an. Reyes Entwurf wird abgelehnt, denn die Mehrheit des Stadtrats hatte sich vorgestellt, dass ein historisches Ereignis von Le Virot dargestellt wird.

Foto von Pixabay

Der Abend endet in einer Grillparty. Während Joaquin sich um seinen Blutzucker kümmern muss und diese Niederlage verarbeitet, betrinkt sich Vivienne so sehr, dass sie nicht mehr fahren kann. Beide übernachten in einem noch nicht eröffneten Hotel. In den folgenden Stunden passiert noch Einiges oder hat Joaquim nur halluziniert?

Ein wunderbar leichter Roman, mit französischem Charme geschrieben. Warum wurde diese Geschichte noch nicht verfilmt?
Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Joaquim und dann von Vivienne erzählt. Dabei lernen wir eine Frau mit einem sehr ungewöhnlichen Leben kennen, die ihre Geheimnisse hat.
Die Autorin versteht es, unbedeutende Alltagsbeobachtungen mit in die Handlung einzuweben und ich habe Lust bekommen, auf der N 7 zu fahren und meine eigenen Beobachtungen zu sammeln.

Die Tour de France lässt mich nicht los

Im Juli fand die Tour de France statt. Zum ersten Mal habe ich nicht, wie in den Jahren zuvor, ab und zu in die Berichterstattung gezappt, sondern sah mir fast jede Etappe an. Auslöser waren die schönen Landschafts-und Städteansichten und dann wurde das Rennen ja auch von Etappe zu Etappe spannender. Ich drückte Jonas, Jasper und Thibaut die Daumen und fieberte mit.

Als die Tour de France zu Ende war, gab uns ein Bekannter ein paar Tage später den Tipp, dass es auf Netflix eine Dokumentation in acht Teilen über die Tour de France 2022 gäbe. Diese sahen wir uns an und ich freue mich jetzt schon auf 2024! In der Dokumentation wird detailliert hinter die Kulissen geblickt. Der psychische Druck auf die Fahrer, die eine Mannschaft anführen, ist unglaublich, mit dem Zusammenhalt in einer Mannschaft steht und fällt der Erfolg. Es gibt finanziell „gut gepolsterte“ Mannschaften, die sich ein großes Helferteam leisten können, andere Mannschaften bangen bei jeder Etappe um ihre Existenz und brauchen mindestens einen Etappensieg.
Die Kameraeinstellungen sind eine Klasse für sich. Ein Beispiel: Ein Rennradfahrer wird von der Seite aus in Nahaufnahme über eine längere Sequenz gefilmt, wie er mit über 100km/h einen Berg auf einer engen Straße hinab fährt-wie geht das?
Auch von der Tour de France 2023 wird es eine Dokumentation geben, sie soll im April 2024 ausgestrahlt werden. Was ich mir für die zweite Staffel wünschen würde: das Thema Doping wurde bisher kaum angesprochen und die Tour de France als Wirtschaftsfaktor wäre sicherlich auch ein interessantes Thema.

In der Netflixserie sieht man ebenfalls schöne Ecken in Frankreich. Ich wollte darüber mehr wissen und lieh mir diesen Reiseführer aus. Er macht Lust auf eine Reise und besonders gefiel mir, dass der Autor an manchen Stellen durchaus kritisch war mit der Beurteilung von Sehenswürdigkeiten, Unterkünften oder Restaurants.

Darüber hinaus habe ich inzwischen versucht, ein paar Eindrücke von dem Radrennen selbst zu erschaffen. Bild 2 bis 4:

Das Peloton
In Paris auf der Champs-Elysees
In Paris vorbei am Arc de Triomphe

Auf versunkenen Wegen mit der Tour de France

Dieses Buch habe ich in der letzten Woche gelesen. Es beschreibt eine Wanderung durch Frankreich. Die passenden Fotos zu dem Buch bekam ich teilweise durch das Gucken der Tour de France im Fernsehen, da sich die Wegstrecken zeitweise kreuzten.

Der französische Autor, Jahrgang 1972, hatte einen schweren Unfall, bei dem neben diversen Knochen,Wirbel auch sein Schädel gebrochen und sein Gesicht entstellt wurden. Anstatt nach langem Krankenhausaufenthalt in die Reha zu gehen beschließt er, nunmehr auf einem Ohr taub, humpelnd und noch schwach, sich auf eine Wanderschaft durch Frankreich zu begeben. Der Start ist in Tende in der Provence, danach geht es quer durchs Land über das Massif Central durch die Loireregion bis nach Omonville-la-Rouge in der Normandie, wo sein Weg endet. Sein Vorsatz: Nur auf alten Wegen wandern, auf denen er vielleicht noch ein wenig vom alten Frankreich wiederfindet. So übernachtet er meistens draußen, macht um Städte einen großen Bogen, versucht in Dörfern mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Beim Laufen weiten sich seine Sinne, er nimmt Details in der Natur und am Himmel war, die er bilderreich beschreibt. Dazu kommen kritische Überlegungen zu der Entwicklung von Frankreichs Landwirtschaft seit der Ära von Georges Pompidou.
Tesson ist 76 Tage unterwegs. Während der Wanderschaft verbessert sich sein Zustand wesentlich und das nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Er hatte viel Zeit, über sein bisheriges Leben nachzudenken, die Stille und die Abgeschiedenheit sind beste Voraussetzungen dafür.
Ich hatte mir das Buch in der Bibliothek ausgeliehen in der Annahme, konkrete Tipps für eine Rundreise durch Frankreich zu bekommen. Das war ein Fehler.
Die Schwerpunkte des Buches liegen in der Beschreibung seiner Befindlichkeiten, der Naturbeobachtungen und in seinen Gedanken zur Entwicklung der französischen Landschaft. Durch den letzten Punkt habe ich neue Einsichten zu Frankreich gewonnen und bei der nächsten Frankreichtour, egal wohin sie führt, hat sich mein Blickwinkel auf das Land etwas verändert.

Vive la France! – Aber nicht immer in diesem Museum

1931 fand in Paris eine große Veranstaltung zum Thema Kolonialisierung statt. Das Museum „Palais de la Porte Dorée“ wurde zu diesem Anlass gebaut und beherbergt bis heute ein tropisches Aquarium und Räume, in denen früher Kunst aus Afrika und Ozeanien gezeigt wurde und seit 2002 die Geschichte der Immigration und Auswanderung in Frankreich aufgearbeitet wird.

Das Gebäude ist im Art-Déco Stil gebaut und die beeindruckende Relief-Fassade zeigt Szenen aus den französischen Kolonien.

Auch innen ist das Museum durch große Wandgemälde und künstlerische Details „ ein Hingucker“.

Die Museumsbesucher können im Museum eine Zeitreise unternehmen, denn das Thema Immigration und Auswanderung wird exemplarisch an Hand von Geschehnissen bestimmter Jahre beleuchtet. Ein paar Beispiele:
Es beginnt mit 1685. Protestantische Franzosen fliehen vor den Repressalien der Katholiken in Regionen, die mehrheitlich protestantisch sind. So kamen auch ca. 150000 Hugenotten in deutsche Gebiete und prägten mit die deutsche Geschichte. Im selben Jahrhundert wurden von Franzosen ca. eine Million Afrikaner versklavt und nach Amerika und den Antillen verschleppt.
Einer der Auswirkungen der Revolution von 1848 war die höhere Akzeptanz von Ausländern, die sich zunehmend auch in Politik und Kultur engagierten, so dass 1889 erstmalig ein Gesetz zur Einbürgerung von Ausländern verabschiedet wurde.
Nachdem 1917 viele Männer aus den Kolonien nach Frankreich geholt wurden, damit diese im ersten Weltkrieg für Frankreich kämpften, lebten nach dem Krieg in dem Land ca. 2,7 Millionen Ausländer. Das waren 7 % der Gesamtbevölkerung. Die Weltwirtschaftskrise löste danach in Frankreich u.a. auch rassistische Übergriffe aus und 1931 wurden Ausländer ohne Arbeit gezwungen, Frankreich zu verlassen.
1962 steht exemplarisch für die Jahre, in denen nach der Auflösung der französischen Kolonien allein aus Algerien über eine Million Menschen nach Frankreich zurückkamen. Sie fühlten sich als Franzosen, wurden im Mutterland aber als Einwanderer behandelt- der Nährboden für viele Probleme, deren Auswirkungen bis heute die französische Gesellschaft beschäftigt.

Das Museum arbeitet dieses Thema auf ganz unterschiedliche Weise auf und ist dabei tagesaktuell- die Auswirkungen des Ukrainekrieges werden bereits dargestellt. Es gibt z.B. Schautafeln, Videoinstallationen, Exponate aus der jeweiligen Zeit, aktuelle Kunstausstellungen. Besonders gefiel mir auch das Musikstudio, in dem Musik von bekannten französischen Sängern und Sängerinnen gespielt wird. Alle hatten und haben ausländische Wurzeln.

Oben links: Kinder und Jugendliche wurden interviewt. Sie sollten u.a. über ihre Träume, Ängste und Zukunftspläne sprechen. Dieses Mädchen ist meine Heldin. Sie hatte keine Angst, sondern sprach Tacheles, was sie bei rassistischem Verhalten von anderen aufregt. Beim Thema Zukunftsplanung orientierten sich andere Befragte an ihrem Elternhaus, sie handelte das mit zwei Sätzen ab: Damit hätten ihre Eltern nichts zu tun, sie sei Herrin ihrer eigenen Entscheidungen!

Zum Schluss ein Mitbringsel aus dem Musikstudio:

Paris in der Sommerhitze

Damit mein Blog nicht zu schottlandlastig wird, gibt es heute und am Montag eine Unterbrechung. Mittwoch geht es dann mit der Schottlandreise weiter.

Am letzten Wochenende hatte ich die Möglichkeit, nach Paris mitzufahren. Mein Mann und sein Freund wollten am Samstag die Luftfahrtmesse besuchen und sich die Flugschau ansehen, ich hatte den Plan, in das Völkerkundemuseum „Musée du quai Branly Jaques Chirac“ zu gehen. Doch bei mir kam alles anders und ich schreibe diesen kleinen Bericht für alle, deren sommerlicher Parisaufenthalt vielleicht auch zu heiß ist.
Die Preise für ein Hotelzimmer in Paris sind in den letzten zwei Jahren explodiert. Wir waren nicht bereit, für ein Zimmer 200 Euro/Nacht auszugeben und so schlug es uns dieses Mal in eine Gegend, in der wir bisher noch nie waren und zwar an den Rand des Parc de Vincennes im Südosten von Paris. (Motel One Hotel 125 Euro/Nacht). Am späten Freitag kamen wir an und es war sehr warm und schwül. Wir fuhren mit der Metro zum Canal St. Martin, in der Hoffnung, dass es am Wasser etwas frischer sei. Na ja…Aber die Stimmung war dort gut, viele Menschen machten dort ein Spontanpicknick (darunter auch hörbar diverse deutsche Touristen) und wir fanden in einem kleinen Restaurant drei Plätzchen vor einem Ventilator. Obwohl es inzwischen fast 23 Uhr war, wurde es kaum kühler und die Sonne verabschiedete sich mit dem Versprechen, dass es am nächsten Tag wieder mollig warm wird.

An der Porte Dorée

Am Samstag hatte ich keine Lust, ca. 45 Minuten in der stickigen Metro zum Museum zu fahren. So ging ich einfach Richtung Bercy los. Bercy wird auf Wikipedia wie folgt beschrieben:

Bercy hat sich durch eine Anfang der 1980er-Jahre eingeleitete, umfassende Stadtteilsanierung gewandelt. An Stelle des ehemaligen Weingroßmarktes entstand der im Osten vom neuen Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Arbeit (oftmals kurz Bercy genannt) begrenzte Parc de Bercy mit der Mehrzwecksporthalle Palais Omnisports de Paris-Bercy, in der auch Rockkonzerte stattfinden. Im nördlichen Teil des Parks beherbergt das ehemalige American Center von Frank Gehry heute die Cinémathèque Française, das ihr angeschlossene Museum und eine themenbezogene Forscherbibliothek. Eine der östlich davon erhalten gebliebenen Weinhallen hat das Musée des arts forains (Museum für Jahrmarktswesen) aufgenommen. In der original mit Bahngleisen erhaltenen Gasse Cour de St-Emilion befinden sich als touristischer Anziehungspunkt noch einige restaurierte Weinlager mit Geschäften und Restaurants.

Auf dem Weg nach Bercy war mein erster Stopp bei der katholischen Église Saint-Ésprit, die 1935 der Gemeinde übergeben wurde.

Die Kirche ist eine Konstruktion aus Stahl, Beton und roten Backsteinen. Die Wände sind von vielen Künstlern gestaltet worden, jedoch konnte ich diese Bilder teilweise kaum erkennen, weil die Kirche düster war.

In Bercy gibt es das „Bercy Village“, ein kleines Einkaufszentrum mit Dorfcharakter. Hier läuft man an ca. 30 kleinen Läden vorbei mit Marken aus dem höheren Preissegment.

Es wurde immer wärmer und ich war froh, den Parc du Bercy erreicht zu haben.

Viele Bänke, Wiesen und Mauern laden zum Sitzen und Liegen ein. Einfach nur ins Grüne gucken, Leute beobachten, ein Nickerchen halten oder…

Unten: Der Park wurde von mehreren Gruppen und Einzelpersonen, denen es nicht zu heiß war, quasi als Sportgerät benutzt. Es wurde auf Mauern balanciert, Bänke wurden für Gymnastikübung benutzt, auch auf Treppen kann man sich fit halten, wie dieser Herr eindrucksvoll beweist:

Der Park liegt direkt an der Seine und über die Fußgängerbrücke „Passarelle Simon- de Beauvoir“ kommt man an das andere Ufer, wo ein Schwimmbad und einige Restaurants warten. (Alle erst ab 13 Uhr geöffnet, nichts für ein Morgenkaffee!). Ach ja, und die berühmte Bibliothèque François-Mitterand steht dort. Dass diese mich nicht weiter interessierte, daran sehen Sie, wie heiß es war.

Ich ging wieder zurück zum Parc. Dabei fielen mir mehrere Schattenmuster auf und ich bekam mein Fotothema für diesen Tag: Pariser Schatten!

Nun hatte meine Spürnase für Fotomotive etwas zu tun und ich vergaß die Hitze. Besonders angetan war ich von diesem Licht/Schatten Motiv unter einer Brücke.

Als mich gegen Mittag meine Füße wieder zum Hotel zurückleiteten, entdeckte ich einen etwas versteckten Treppenaufgang mit einem „Treppenwächter“.

So etwas zieht mich immer magisch an und plötzlich stand ich oberhalb der Straße auf einer alten Bahntrasse.

Man hatte von oben einen guten Blick auf die Straßenschluchten und auf schöne Dachgärten.

Ich ging erfreut in die Richtung des Hotels, dummerweise gab es aber keine Treppe, die ich wieder herabsteigen konnte. Dann gabelte sich der Weg und ich wählte den Weg mit Schatten. Schlechte Wahl, keine Treppen nach unten, dafür plötzlich öffentliche Gemüsegärten, ein Teich, dann nach gefühlten 10 km ( es waren nur 1500 m) der kleine Park „Petite Ceinture“. ( Hier muss Google Map nacharbeiten, denn das sah auf der Karte anders aus). Dort fand ich eine Treppe zu einer Straße und irgendwann erreichte ich das Hotel mit einem kühlen Zimmer. Dor ruhte ich mich erst einmal aus und begann mit diesem Buch:

Die französische Autorin lebte von 1947 bis 2017 und war als Schauspielerin und Schriftstellerin bekannt. Von 1967 bis 1979 war sie mit dem bekannten Regisseur Jean-Luc Godard verheiratet. Das Buch beginnt, als beide eine neue Wohnung gegenüber der Pariser Kirche Saint-Séverin beziehen, ganz in der Nähe des Boulevard Saint Michel. Einige Monate später fangen in Paris die Unruhen an und das Paar wohnt mitten im Zentrum der 68er Revolution, die von Paris aus ganz Frankreich erfasst und das öffentliche Leben stilllegt und selbst Lebensmittel knapp werden lässt.
Anne, 21 Jahre alt, hat in dieser Zeit oft Angst um ihren Mann, ihren Bruder und ihren Freunden während der brutalen Straßenkämpfe. Parallel dazu wird sie als Schauspielerin immer gefragter, denn mehrere andere bekannte Regisseure wollen mit ihr zusammen Filme drehen. Die endlosen politischen Diskussionen findet sie zunehmend ermüdend, sie fährt lieber Rollschuhe auf den leeren Straßen, als es kein Benzin mehr gibt.
Auf ihren Mann, der 17 Jahre älter ist, hat diese Zeit völlig andere Auswirkungen. Er hat plötzlich neue, für Anne undurchsichtige, Freunde, die anscheindend im Zentrum der Revolution stehen. Er stellt seine eigene Filmkunst in Frage, will nie wieder einen Film drehen und auch das Zusammenleben mit Anne bekommt immer mehr Risse. Damit endet das Buch.
Ich hatte mir von diesem Titel etwas mehr Hintergrundinformaionen zu der 68er Revolution versprochen, doch es ist eher ein sehr privater und subjektiver Einblick in das Leben der beiden Berühmtheiten im Jahr 1968.

Nach der Pause beschloss ich, in den „Palais de la Porte Dorée“ zu gehen, der neben dem Hotel liegt. Was ich mir dort ansah, zeige ich Ihnen am Montag.

Keine bezahlte Werbung!

P.S: Noch eine Anmerkung zu der Luftfahrtmesse. Die Aussellungen im Museum und in weiteren Hallen ( alte Flugzeuge und Flugzeugtechnik) fand mein Mann interessant.

von der ca. fünfstündigen Flugschau war er sehr beeindruckt.

Ein Morgen an der Loire

Von Tour aus fuhren wir gen Osten Richtung Vouvray. Stellvertretend für diverse kleine Weindörfer sahen wir uns dieses kleine Städtchen an. An mehreren Plätzen stehen Infotafeln über die Geschichte und über die Besonderheiten des Ortes. Da das Wetter es nicht gut mit uns meinte, hier nur ein paar Eindrücke:

Oben: Eine phantasievolle Gartenmauer
Links unten: Einer der vielen Weinkeller, bei denen Höhlen als Lagerungskeller dienen
Unten rechts: Die Hauptstraße

In der Nähe von Vouvray liegt das Chateau de Bourdaisiére. Das Schloss ist heute ein Hotel, dessen Räume man sich teilweise gegen Eintritt ansehen kann. Das Tickethäuschen war noch geschlossen, also besuchten wir nur Keller, Park und Souvenirladen.
Im Keller werden Ausstellungen präsentiert.

Die Ausstellung sprach Kinder und Erwachsene an. Die Romanfigur „Der kleine Prinz“ erklärte das Weltall und zeigte, wie jeder auf der Erde etwas dafür tun kann, dass es der Umwelt wieder besser geht.

Das Schloss ist auch bekannt für seine Tomaten. Über 400 Sorten werden im schlosseigenen Gemüsegarten angebaut und im Souvenirladen findet man viele Produkte, die sich dem Tomatenthema annehmen. Besonders beeindruckend das Angebot an verschiedenen Tomatensamen, Tomatensäften, Seifen und Parfüms mit Tomatenduft.

Oben: Das Schloss und der Park mit einigen der vielen alten Bäume
Mitte links: Eine kleine Kapelle mit einem Teil des Gartens
Unten: Eine Alpenveilchenwiese

Drei Tage in Tours haben unsere Liebe zu Frankreich wieder aufgefrischt. Wir hatten eigentlich noch geplant, nach La Rochelle ans Meer zu fahren, mussten aber nach Hause zurück. So freuen wir uns jetzt schon auf den zweiten Teil der Reise, der irgendwann nachgeholt wird.

Tour nach Tours

Endlich eine französische Skype Sprachfreundin und ein Konzert besuchen, das waren die beiden Antriebsfedern, die uns nach Tours an der Loire führten. Wir waren gespannt, denn Tours ist eine der beliebtesten Städte in Frankreich und ist Partnerstadt der Duisburger Deutsch-Französischen Gesellschaft. (Die Sprachfreundin habe ich durch das Tandemprojekt der Gesellschaft kennengelernt). Der erste Eindruck: Eine weiße Stadt, wie die meisten Städte und Schlösser an der Loire. Bei einem ersten Spaziergang machte es Spaß, weiße Details zu fotografieren:

Die Stadt ist zweigeteilt. Östlich der Hauptteinkaufsstraße, der Rue Nationale, geht es ruhig und beschaulich zu, westlich davon befindet sich die rummelige Altstadt mit der modernen Markthalle, die Kirche St. Martin mit dem Grab des heiligen Sankt Martin und dem schönsten Platz, dem Place Plumerau mit vielen Restaurants. Wir besuchten die verwinkelten Gässchen und erfreuten uns an den alten Holzhäusern aus dem 15. Jahrhundert.

Rechts: Die Basilika Sankt Martin, auf der Kuppel steht der heilige Sankt Martin
Links: Der Place Plumerau, darunter Straße in der Nähe der Markthalle.

Die Rue National gefiel uns nicht, wir fanden sie steril in der Architektur und auch in der Auswahl der Geschäfte (Filialen der großen Ketten).

Allerdings gibt es am Anfang der Straße ein Museum, dessen Besuch ich unbedingt empfehle. Es heißt „Musée du Compagnonnage “ und zeigt alte Handwerktraditionen. In einem großen Raum mit diversen Vitrinen kann man sich die Nase platt drücken. Nur ein paar Eindrücke von vielen:

Oben rechts: Zuckerpyramide vom Bäckermeister, darunter ein Beispiel für die Glaskunst. Links: Holz, Leder, Seilkunst

Ein paar Schritte vom Museum entfernt liegt die Loire mit der alten Wilson Brücke. Am Ufer des Flusses lässt es sich schön promenieren.

Der Ostteil der Stadt wird dominiert von der Kathedrale Sankt Gatien. Gotik in Reinform mit wunderbaren alten und modernen Kirchenfenstern.

Ein weiterer Besichtigungspunkt ist in diesem Viertel das Museum der schönen Künste. Dieses Museum wirbt zwar damit, dass man sich dort Bilder von Rembrandt, Monet oder Degas ansehen kann, aber das hat das Museum gar nicht nötig. Es bietet eine spannende Auswahl an nicht so bekannten Künstlern.

Oben links:Beeindruckende Emaillearbeiten von Jean Laudin aus dem 17. Jahrhundert
Rechts daneben:Ein Bild von Théodore Chasseriau, gemalt ca. 1846. Der Beginn des Impressionismus wird häufig mit ca. 1860 angegeben, aber hier wurde schon früher nicht gegenständlich gemalt.
In der Mitte ein Werk von Jean-Baptiste Carpeaux- seine Köpfe fand ich toll.
Links unten: Neben einem ausgestopften Elefanten ist diese alte Libanonzeder, gepflanzt 1804, Wahrzeichen des Museums.
Fand ich sehr charmant: Um Museumsbesucher daran zu hindern, sich auf wertvolle Stühle zu setzen, wurde eine trockene Blüte der „Wilden Karde“ drapiert. Sie kratzt ordentlich!

Weitere Entdeckungen waren die Rue de la Scellerie und die Rue Colbert mit kleinen Fachgeschäften und diversen Restaurants und Bars. Am ersten Abend waren wir eingeladen in das „Mao“ Restaurant auf der Avenue de Grammont. Der Name ist zwar chinesisch, die Küche aber thailändisch-französisch. Wir haben sehr gut gegessen.

Am zweiten Abend besuchten wir ein Konzert der Analogues, ein Konzert, das in Deutschland aus verschiedenen Gründen viermal abgesagt worden war und wir nun hier die Chance nutzten unsere alten Tickets einzulösen und die Gruppe zum dritten Mal zu sehen. Wieder ein „Erste Sahne“ Konzert. (Besprechung des ersten Konzerts s.u., dieses Mal spielten die Gruppe u.a. die Platte „Abbey Road“). Das Konzert fand im Centre International de Congrès Vinci statt, einer sehr modernen Halle direkt gegenüber des altehrwürdigen Bahnhofs.

Nach dem Konzert machten wir noch einen kleinen Rundgang und kamen am Rathaus und am Justizpalast vorbei.

Tours bietet sich für ein langes Wochenende oder als Standort für eine Besichtigung des Loiretals bestens an. Da wir unsere Reise abbrechen mussten, kann ich Ihnen am Donnerstag nur einen kleinen Appetithappen für einen Loire-Aufenthalt bieten.

Paris, Périphérique

Auf dem Weg nach Tours gerieten wir auf der Pariser Périphérique in einen Stau. An einer Stelle, wo Auf- und Abfahrten sich kreuzten, quasi in einem „Spaghettiknoten“ , befand sich eine winzige Grünfläche, auf der ein blaues kleines Zelt stand. Vor dem Zelt saß ein Mann unbestimmten Alters, neben ihm ein rostiger Einkaufswagen mit seinen Habseligkeiten. Um ihn ein unglaublicher Lärm, ganz zu schweigen von der schlechten Luft. Er starrte die Autos an, starrte mich an…

SANS ABRI

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