Harriets Albtraum

Dieser Krimi spielt in der nahen Zukunft. Die Protagonistin Harriet lebt mit ihrer betuchten Familie in München. Seit sie fünf Jahre alt ist, gibt sie öffentlich Klavierkonzerte und ihre Laufbahn als berühmte Pianistin scheint vorbesimmt. Doch dann ändert sich alles, als sie siebzehn Jahre alt ist und eine Operation an der Hand misslingt und die Karriere zerstört. Die Eltern ziehen nach Frankfurt und Harriet wird Klavierbauerin.

Das sind Harriets Erinnerungen.

Inzwischen ist Harriet zweiunddreißig und hat ein eher freudloses Leben. Reich ist sie nicht mehr, denn ihre erfolgreiche Mutter kam bei einem Autounfall ums Leben und das vorhandene Geld finanziert den Aufenthalt ihres dementen Vaters in einem Sanatorium. Um über die Runden zu kommen, hat Harriet inzwischen nachts einen zweiten Job als Türsteherin vor einem Luxuskaufhaus, das 24 Stunden geöffnet ist, angenommen. Sie wohnt in einem 30 qm Raum im 9.Stock eines ehemaligen Wolkenkratzers. Früher gehörte dieser einer Bank, jetzt leben dort Menschen, die zur großen Gruppe der Armen gehören. Weiterhin wird Harriets Alltag geprägt von fast täglichen Katastrophenwarnungen, bedingt durch große Hitze und den damit verbundenen Bränden in Wäldern oder in der Stadt.

Auf dem Weg zu einer Familie, deren Klavier gestimmt werden muss, gerät Harriet in einen dieser Waldbrände. Sie rettet zusammen mit zwei anderen Frauen eine ihr unbekannte alte Frau aus deren Haus. Bevor die Frau ohnmächtig wird, nennt sie Harriets Namen. Harriet bringt die Frau mit deren Auto ins Krankenhaus. Als die alte Frau aus der Ohnmacht erwacht, ist sie gegenüber Harriet abweisend und verbietet sich jeden weiteren Kontakt. Harriet ist nicht nur deswegen irritiert, sondern ihr macht auch die Tatsache zu schaffen, dass sie Auto gefahren ist. Sie hat nie den Führerschein gemacht.
In den darauffolgenden Wochen gerät Harriets Alltag immer mehr ins Wanken, denn sie bekommt den Eindruck, dass ihr aus einem großen schwarzen Loch Erinnerungsbrocken vor die Füße geworfen werden, die sie nicht zuordnen kann. Die Angst, verrückt zu werden oder zu sein, wird unerträglich. Um Klarheit zu gewinnen, nimmt sie eine Woche Urlaub und fährt nach München, dem Ort ihrer Kindhei und Jugend.

Und der Albtraum beginnt…

Zoë Becks spannender und beklemmender Krimi steht seit mehreren Wochen auf der Krimibestenliste des Deutschlandfunks. Völlig zu recht!

Ein Krimi als Schlafdieb

Cy Baxter ist ein engagierter Milliardär in den USA. Seine Firmen produzieren Produkte, die die Welt verbessern sollen, Baxter hat den Ruf eines Weltretters. Besonders ist er motiviert bei der Entwicklung der Überwachungssoftware „FUSION“, die zukünftig Verbrecher in kürzester Zeit ermitteln soll. Michael, sein Freund und der Bruder seiner Frau Erika, wurde ermordet und der Täter ist immer noch nicht gefasst.
Die CIA ist an einer Zusammenarbeit mit Baxter interessiert und will die Weiterentwicklung von FUSION finanziell großzügig unterstützen. Allerdings verlangt sie eine Demonstration des Überwachungsprogramms. Baxter sucht daraufhin zehn Freiwillige, die für 30 Tage untertauchen und er und sein Stab müssen die zehn „Zeros“ in diesem Zeitraum finden. Wer es schafft, FUSION zu überlisten, erhält eine Million Dollar Belohnung.
Der Milliardär ist siegessicher und schnell fängt er die ersten Kandidaten. Doch dann verhält sich eine bis dahin eher als schwache Kandidatin eingestufte Bibliothekarin ungewöhnlich und überrascht durch unerwartete Cleverness und Abgebrühtheit. Die Zeit läuft Baxter davon. Er verliert seine edle Gesinnung und wird zum Mörder, da er plötzlich der Gejagte ist.

Mehr darf ich nicht verraten.

Nur so viel: Der Krimi ist ein Schlafdieb! Das Buch ist leicht zu lesen und äußerst spannend, da die Handlung mehrere Kehrtwenden macht. Und wenn man sich dann endlich von dem Buch gelöst hat, kann man nicht einschlafen, denn besonders die Passagen, die die aktuellen Möglichkeiten der Überwachungssoftware dank verbesserter Algorithmeneigenschaften beschreiben, halten einen wach. Gruselig!

Surreale Krimikarten

2021 und 2022 schrieb ich bereits zwei Blogbeiträge über die Autorin Herta Müller, die mehrere Bücher mit Collagetexten veröffentlicht hat. Damals versuchte ich mich auch in ihrer Kunst, aus Wörtern, die aus Zeitungen ausgeschnitten sind, Sätze zu bilden, die entweder einen schrägen Humor, Kopfkino oder etwas Surreales vermittelten. Mir machte das damals sehr viel Spaß.
Anlässlich des 70.sten Geburtstages von Herta Müller im August hörte ich im Deutschlandfunk ein Interview mit ihr und diese Interviewpassage brachte mich dazu, erneut zur Schere zu greifen:

Sinnsuche mit Schere und Klebestift: Herta Müllers Wörterwerkstatt© Deutschlandradio / Carsten Hueck
Diese Collagen, in denen Bild und Text, Buchstaben und Wörter eine rhythmische, formale und inhaltliche Verbindung eingehen, sind mittlerweile fester Bestandteil ihres Werkes. Beim Zusammensetzen der Wörter hinsichtlich eines Sinns spielen Intuition und Handwerk eine große Rolle, alte Kontexte werden zerstört, ein neues Gefüge hergestellt. Spielerisch und auch humorvoll, surreal, doch zugleich konkret wie die Botschaft eines Erpresserbriefes.

Wie beeinflussen meine Erlebnisse und meine Gedanken die Auswahl der Wörter für einen Postkartentext? Nun bei den folgenden meiner neuen Karten hat wohl die Tatsache eine Rolle gespielt, dass ich in letzter Zeit wieder mehr Krimis lese…

Am Mittwoch stelle ich Ihnen einen Thriller vor, der mich bestens unterhalten hat.

Morde auf den Äußeren Hebriden

Teil 1 einer Triologie

In Edinburgh wird ein Mann tot aufgefunden, es sieht wie eine Hinrichtung aus. Kurze Zeit später wird auf der Isle of Lewis ein zweiter Mann auf sehr ähnliche Weise ermordet. Inspektor Fin Macleod aus Edinburgh wird daraufhin nach Lewis geschickt, um zu überprüfen, ob die beiden Morde eventuell von einer Person ausgeführt wurden.
Die Ankunft von Fin MacLeod löst auf der Insel nicht nur wegen seiner Ermittlungen einige Unruhe aus. Fin ist auf Lewis geboren und hat dort seine Kindheit und Jugend verbracht. Seit 18 Jahren war er nicht mehr dort und durch seine Anwesenheit kommen alte Erinnerungen hoch. Er besucht seinen alten Freund Alistair und dessen Frau Marsaili, Fins frühere Freundin. Beide haben einen Sohn, ist Alistair wirklich der Vater? Ein anderer Mitschüler Fins sitzt inzwischen im Rollstuhl, nachdem man ihm als Schüler einen Streich gespielt hat und er dabei von einem Dach gefallen ist. Nie konnte er sich von dem Sturz erholen. Fin trifft auf Männer, mit denen er einmal als Junge auf einem Schiff rausgefahren ist, um nach alter Tradition auf einer Insel Gugas zu töten, da diese auf der Insel als Delikatesse gelten. Bei der Jagd auf die Vögel wurde Fin damals schwer verletzt und der Vater von Alistair kam ums Leben. Nie wurde darüber gesprochen, was wirklich auf der Vogelinsel passierte.
Fins Ermittlungen sind schwierig, denn Angel, der Ermordete, hatte wegen seiner Brutalität einen schlechten Ruf und soll kurz zuvor eine Schülerin vergewaltigt haben. Immer wieder gerät Fin in eine Sackgasse und nur langsam wird ihm klar, dass er selbst der Grund für den Mord an Angel ist.

In dem Buch wechseln sich die Krimihandlung mit den Kindheits-und Jugenderinnerungen von Fin ab. So sehr die Äußeren Hebriden mit ihren eindrucksvollen Landschaften Menschen immer wieder verzaubern, so sehr fordern die Inseln die Bewohner im Alltag. Das Leben auf Lewis ist rau und vielen erscheint es als eintönige Hölle, der man nicht entkommt ( es sei denn, man heißt Fin).
Als verweichlichte Stadtfrau berührten mich die archaischen Traditionen unangenehm und einige Seiten las ich nicht. Der Krimi gefiel mir aber trotzdem so gut, dass ich mir noch den 2. Teil auslieh.

Neun Monate sind vergangen. Fin ist inzwischen von seiner Frau geschieden, hat den Polizeidienst quittiert und ist endgültig nach Lewis zurückgekehrt. Er weiß noch nicht, mit was er sein Geld verdienen wird und beginnt, das Haus seiner Eltern zu restaurieren. Oft komm er allerdings nicht dazu, denn es wird eine Moorleiche gefunden. Eine Tätowierung mit dem Kopf von Elvis und dem Schriftzug „Heartbreak Hotel“ verrät, dass der Mann wohl in den 50er Jahren gestorben ist. Bei der Untersuchung von DNA Spuren stellt sich heraus, dass Tormod, der Vater von Marsaili, mit dem Toten verwandt sein muss. Er wird zum Hauptverdächtigen, kann seine Unschuld aber nicht beweisen. Er ist dement und lebt in seiner eigenen Welt. Fin beginnt für ihn und Marsaili zu recherchieren. Zusammen mit dem Polizisten Gunn muss er sehr tief graben, bis er aufdeckt, wer Tormod wirklich ist.

Auch im 2. Teil der Triologie erzählt der Autor die Geschichte wieder aus zwei Perspektiven. Die Erzählung über Fins Ermittlungen wechselt sich mit den Erinnerungen Tormods ab. Im Alltag findet sich Tormod kaum noch zurecht und spricht nicht mehr viel, aber in seinem Kopf sind die vielen Erlebnisse noch präsent. So formt sich beim Lesen langsam die Geschichte von zwei Waisenkindern. Der Autor greift dabei auf einen Skandal in Schottland zurück, der bis heute noch wirkt.
Der Krimi ist ca. 130 Seiten kürzer als sein Vorgänger, aber zieht man noch die z.T. ausschweifenden Landschaftsbeschreibungen ab, bleibt eine Erzählung, die nicht unbedingt spannend ist, aber zu Herzen gehen kann.

Das erste Knie in Wanne 2

Mir fliegen z.Zt. „Müllthemen“ zu. Im Juni berichtete ich Ihnen von der App „Müllweg“, mit der man deutschlandweit wilde Müllkippen melden kann. (Siehe auch unter P.S. ). Vor einigen Wochen erschien dieser Krimi:

Kommissar Brenner hat seinen Dienst bei der Wiener Polizei quittiert und arbeitet als „Mistler“ auf einem Betriebshof. (In Österreich nennt man diesen „Mistplatz“). Sein beschauliches Leben ist vorbei, als ein Mitarbeiter in einer Wanne ein Knie findet, kurz danach ein zweites Knie auftaucht, ein Arm, eine Hand in der Wanne für Altpapier usw. Die Polizei trifft ein, angeführt von Kommissar Kopf, dessen Chef Brenner früher war. Das Verhältnis der beiden war nicht das beste, sie besprachen immer nur das Nötigste miteinander.
Die Fundstücke gehören zu einer männlichen Leiche. Ihre Identität wird recht schnell festgestellt und die flüchtige Ehefrau wird des Mordes verdächtigt. Die Tochter verteidigt die Mutter und macht darauf aufmerksam, dass das Herz der väterlichen Leiche fehlt. Auch wirft sie zum ersten Mal das Wort „Organhandel“ in die Runde. Doch da sind sich Kopf und Brenner ausnahmsweise einmal einig und tun das als Hirngespinst ab. Brenners Einstellung zu diesem Thema ändert sich, als der Praktikant des Betriebshofes, mit dem sich die Tochter angefreundet hat, erst verschwindet und dann bei einem Unfall am Chiemsee umkommt. Brenners Gehirn arbeitet auf Hochtouren: Seitdem die Leichenteile gefunden wurden, tauchte der Chiemsee in Nebensätzen schon mehrmals auf. Doch in welchem Zusammenhang?

Wolf Haas ist und bleibt einer meiner bevorzugten Krimiautoren. Die Geschichte wird von einer unbekannten Person erzählt. Diese sehe ich vor mir, wie sie mit mir in einer Kneipe sitzt und mir in ihrem ganz eigenen Sprachstil, etwas schwadronierend, Brenners Erlebnisse erzählt.

P.S.: Inzwischen habe ich herausbekommen, dass man die Müllweg App nicht nur zum Melden von wilden Müllkippen benutzen kann, sondern auch, um auf andere Missstände hinzuweisen.

Wie man auf diesem Screenshot sieht, klappt ein Fenster auf, geht man auf den kleinen Pfeil links neben „Wilder Müll“. Nun kann man ein anderes Thema anklicken oder unter „Sonstiges“ auf etwas hinweisen. Ich habe beispielsweise auf frisch gepflanzte Bäume am Duisburger Hauptbahnhof aufmerksam gemacht, die schon halb vertrocknet waren und die unbedingt gegossen werden mussten. Einen Tag später bekam ich von den Wirtschaftsbetrieben die Bestätigung, dass man sich darum kümmern würde. (Ich denke positiv und glaube daran…).

Kein Spoileralarm

Dieser Krimi taucht seit April in diversen Bestsellerlisten auf. Ich habe ihn letzte Woche zu Ende gelesen und er beschäftigt mich immer noch.
Worum geht es? Eine japanische Ärztefamilie gibt ein rauschendes Fest, da vier Personen aus der Familie am selben Tag Geburtstag haben. Freunde, Nachbarn, Kunden, Kollegen kommen, um zu feiern, bzw. ihre Aufwartung zu machen. Geschenke werden abgeliefert, u.a. eine Lieferung Sake. Er wird auf der Feier angeboten und siebzehn Personen sterben daraufhin qualvoll, denn der Sake war vergiftet. Drei Personen überleben den Anschlag. Die Polizei versucht vergeblich, das Verbrechen aufzuklären, bis ein Brief bei einem Selbstmörder gefunden wird, der die Schuld für das Verbrechen auf sich nimmt. Der Fall gilt als abgeschlossen, doch für den ermittelnden Kommissar und auch für einige andere Personen bleiben Ungereimtheiten zurück.
Nach vielen Jahren beginnt jemand, die nicht näher vorgestellt wird, den Fall neu aufzurollen und Menschen, die in irgendeiner Form damals involviert waren, zu befragen. Aus diesen „Interviews“ besteht das Buch und ich empfand die Lektüre als recht anspruchsvoll, denn nur langsam hat es sich mir erschlossen, in welchem Verhältnis sie zueinander standen. Ein bisschen zum Luftholen kamen meine grauen Zellen, wenn es um den früheren Kommissar ging, denn er erinnerte mich an den Fernsehkommissar „Colombo“. Doch zum Ende des Buches, als ich dachte, dass nun die Auflösung zum Greifen nah sei, ließ das Buch mich verwirrt zurück und mir ist leider nicht klar geworden, warum und wieso diese Morde von wem begangen worden sind.

Das Buch ist spannend und durchaus faszinierend zu lesen. Sollten Sie sich auf diesen außergewöhnlichen Krimi einlassen, hier drei Tipps. Achten Sie bei Ihrer Lektüre auf die Mutter der blinden Tochter, auf das blaue Zimmer, auf die Buchautorin und auf die Blütenfarben der Kräuselmyrte. Keine Sorge, ich verrate nichts mit diesen Hinweisen, aber vielleicht schaffen Sie es, das Ende zu verstehen und könnten es mir erklären…

Der Holländer

Aron, Peter und Klaus sind Extremwattwanderer. Sie halten über ihre Abenteuer Vorträge, ein Buch ist erschienen und die Drei haben eine gewisse Berühmtheit erlangt.
Nur eine Wattüberquerung fehlt ihnen noch, doch jetzt ist der langersehnte Tag da: die Wetter und Gezeitenbedingungen lassen einen Wanderung von Manslagt nach Borkum zu. Doch Aron kommt nicht mit. Er macht in England Urlaub und muss sich dort um seine kranke Frau Marie kümmern. So ziehen Peter und Klaus alleine los und scheitern. Klaus kommt dabei um und Peter kann sich nur mit letzter Kraft an Land retten. Als man ihn dort empfängt, ist er verwirrt. Er spricht von seiner Frau Helen, die von einem Segeltörn nie zurückgekehrt ist.
Klaus findet man auf einer Sandbank, er hat ein Hämatom am Kopf, war es ein Unfall oder Mord?
Liewe Cupido arbeitet bei der deutschen Bundespolizei, aber alle nennen ihn wegen seiner Kindheit in den Niederlanden den „Holländer“. Peters anhaltende Verwirrtheit ist für ihn nur ein Mosaikstein, dass hinter dem Tod von Klaus mehr steckt. Während man offiziell davon ausgeht, dass es ein Unglück war, ermittelt Liewe zusammen mit seinem jungen Kollegen Xander weiter- zu Recht.

Ich habe diesen Krimi mit Begeisterung gelesen. Er war spannend, das ruhige Ermittlerpaar hatte bei mir viel Sympathien und die Welt der Extremwattwanderer war für mich etwas ganz Neues. Spuren im Watt bekommen noch einmal eine ganz andere Bedeutung!

Spiekeroog

Minimalistische Krimihörspiele

Im Sommer 2020 begann der Radiosender Bremen Zwei einen neuen Podcast mit Krimihörspielen unter dem Titel „Kein Mucks“.
Der Schauspieler Bastian Pastewka moderiert jede Sendung und erzählt auch ein bisschen zu den Hintergründen der Hörspiele. Diese stammen aus den 50er bis 80er Jahren und dauern ca. zwischen 30 und 60 Minuten. Zeichnen sich die heutigen Hörspiele durch eine Hightech-Geräuschkulisse aus, die jede einzelne Szene untermalt, mussten früher die Schauspieler mit ihren Stimmen dafür sorgen, dass die Spannung steigt. Mal ein bisschen Musik, vielleicht mal quietschende Reifen eines Fluchtautos, aber das ist dann auch schon alles. Die Sprecher und Sprecherinnen der Krimis gehörten damals zur Crème de la Crème, einige waren auch bekannte Schauspieler. Man begegnet z.B. Günther Neutze, Evelyn Hamann, Günther Strack oder Judy Winter.
Die Inhalte der Krimihörspiele sind nicht blutrünstig, es wird dezent gemordet und manche Geschichten kommen ganz ohne Mord aus, sind deshalb aber nicht weniger spannend.
Heute in einer Woche geht die 3. Staffel der Krimihörspielreihe zuende, danach soll Schluss sein. Aber man kann natürlich weiterhin alle bisherigen Sendungen abrufen. Mir machen diese Krimihörspiele viel Spaß, denn sie sind nicht nur spannend, sondern teilweise auch politisch inkorrekt. Ich mache beim Zuhören eine Zeitreise, die mich amüsiert oder auch manchmal den Kopf staunend schütteln lässt.
Möchten Sie mal reinhören? https://www.bremenzwei.de/sendungen/kein-mucks-104.html

Ein Krimiabend mit Dominique Manotti (Französischstunde Nr. 31)

Letzte Woche war auf Einladung der Duisburger deutsch-französischen Gesellschaft und der Duisburger VHS die französische Krimiautorin Dominique Manotti im Café Museum im Kantpark zu Gast. Ich hatte letztes Jahr auf ARTE einen Bericht über die Stadt Marseille gesehen und dort trat u.a. auch Frau Manotti auf. Da ich sie sehr sympathisch fand, besuchte ich jetzt ihre Lesung.

Waltraud Schleser und  Wolfgang Schwarzer von der deutsch-französischen Gesellschaft führten durch den Abend und machten dies sehr gut. Da Frau Manotti kein Deutsch spricht, übersetzten die beiden abwechselnd Frau Manottis Ausführungen, so dass man selbst bei geringen Französischkenntnissen einen unterhaltsamen Abend verbrachte.
Zuerst erzählte Frau Manotti ein bisschen über ihr Leben, das in den 60er und 70er Jahren geprägt war durch politisches Engagement und Arbeit für die Gewerkschaft. Die Machtübernahme Mitterands bedeutete für sie einen großen Einschnitt, denn nach ihrer Meinung hat Mitterand die politischen Ideen der Linken verraten. Ihr Leben bekam eine neue Richtung und sie begann im Alter von 50 Jahren, Kriminalromane zu schreiben. Ausschlaggebend war die Lektüre eines Buches des amerikanischen Autors Ellroy. Ihr wurde klar, dass man mit Kriminalromanen Menschen erreichen und aufklären kann.
Manotti wurde schnell erfolgreich, denn in ihren „Crime noir“ verarbeitet sie tatsächlich stattgefundene  Skandale in Frankreich.

In ihrem neusten Buch, aus dem sie zwei Passagen vorlas,

geht es um Rassismus in Frankreich. Die Quelle vieler Übel dieser Art ist der Algerienkrieg in den 60er Jahren und in ihrem Krimi erzählt Manotti von mehreren Morden an algerischen Mitbürgern in Marseille. Diese Straftaten werden von der Polizei und noch höheren Behörden kleingeredet oder noch lieber unter den Teppich gekehrt. Aber es gibt glücklicherweise eine Handvoll Polizisten und Anwälte, die dagegen angehen. 
Am Anfang fand ich den Krimi (knapp 400 Seiten) etwas schwierig zu lesen, da viele Organisationen pro/ contra Einwanderer, Arbeiter, Franzosenalgerier in der Geschichte involviert sind und ich erst lernen musste, die Gruppierungen auseinander zu halten.  Aber insgesamt ist es ein sehr lesenswertes Buch, da es, wenngleich es in den 70ern spielt, an Aktualität nichts verloren hat.

Auf den Geschmack gekommen, wurde Manottis ersten Krimi, der 1995 erschien, meine nächste Lektüre.

1980, Paris. Im Stadtteil Sentier waren damals wie noch heute viele Schneidereien und Läden angesiedelt, die von den bekannten Modehäusern Aufträge bekamen. (Siehe auch Beitrag „Frischlufttherapie“). Damals arbeiteten hauptsächlich nur Männer in diesem Metier, viele kamen aus der Türkei. Die meisten von ihnen besaßen keine Arbeitsgenehmigung und wurden ausgebeutet.

Das führte irgendwann dazu, dass sich die Arbeiter organisierten und auflehnten. Inspektor Daquin, den ich aus dem Marseiller Krimi bereits kannte, versucht mit seinen Kollegen einen Drogenhandel aufzudecken und gerät dabei in die Arbeitskämpfe.
Manotti hat für die Gewerkschaft lange in dem Viertel Sentier gearbeitet, so verwundert es nicht, dass sie ihren ersten Krimi hier ansiedelt. Ich fand diesen Krimi härter, aber man ist schneller Thema drin.