Da ich gestern mein Ohrwurmleiden ansprach, passen die unten stehenden Verse heute gut dazu. Vor einem Monat kündigte ich an, dass ich Ihnen in nächster Zeit ab und zu Wörter vorstellen möchte, denen ein Verschwinden aus der deutschen Sprache droht. Diese Ankündigung geriet bei mir ein bisschen in Vergessenheit, doch jetzt beginne ich damit. Hier das erste Wort: Zipperlein. Hört sich doch viel netter an als z.B. „Ich habs im Kreuz“. Zur Vertiefung noch ein kleiner Vers:
Das war nicht fein das Zipperlein oben an meinem linken Bein. In meinem kalten Kämmerlein entdeckte ich bei Kerzenschein ein Fleckchen mit etwas gelbem Schleim. So ging ich schnell zu Doktor Klein und gab ihm meinen letzten Euroschein. Doch leider war Herr Doktor Klein schon bald am Ende mit dem Latein. Wieder daheim blieben mir nur Tränelein und ich behandelte ganz allein mit ein paar Flaschen weißem Wein mein großes kleines Zipperlein.
Letzte Woche stellte ich Ihnen ein aktuelles kleines Geburtstagsgedicht vor. Dafür bekam ich viel Zuspruch. Das hat mich sehr gefreut und motiviert, vielleicht noch einen zweiten Geburtstagsvers zu schmieden. Hier ist er:
Hast du Geburtstag in diesen Zeiten, muss ich dir eine besondere Freude bereiten! Ab sofort kannst du mit mir skypen oder mich auf Instagram liken.
Lass uns auf Skype auf dich einen Gläschen Sekt trinken und uns einander liebevoll zuwinken. Danach singe ich dir ein Geburtstagsständchen ganz famos und dann bist du mich auch fast schon wieder los. Wünsche dir nur noch das Allerbeste zu deinem, hoffentlich gesunden, Wiegenfeste!
Morgen stelle ich Ihnen drei Bücher vor, die meinen momentanen Schreibfaible ausgelöst haben.
Der unten stehende Beitrag zur Veränderung der Sprache in der momentanen Situation erschien gestern in der WAZ. Ich habe dazu erstens eine Ergänzung und zweitens eine Idee.
Die Ergänzung: Sollten Sie in nächster Zeit einen passenden Geburtstagsreim suchen, stelle ich Ihnen diesen gern zur Verfügung. Er ist an einem Reim von G.E.Lessing angelehnt.
Weg, weg mit Reimen und den Schwänken wollen jetzt nur noch doll an dich denken! Wir gratulieren dir ganz lieb und schnell wünschen dir viel Gesundheit, Glück und für solche Zeiten ein ganz dickes Fell!
Die Idee: Ich lese gerade dieses Buch mit viel Vergnügen.
Es gibt so schöne Wörter in der deutschen Sprache, die immer seltener benutzt werden. Das ist wirklich schade und ich möchte Ihnen deshalb in den nächsten Wochen einige dieser Wörter vorstellen und sie ermutigen, etwas gegen das Aussterben der Wörter zu tun. Einverstanden? Oder ist das für Sie nur Firlefanz?
Der Zeitungsartikel: Berlin „Bleib gesund“ oder „Bleiben Sie atmungsaktiv“: Mit der Coronavirus-Pandemie haben sich Abschiedsfloskeln in der Alltagssprache innerhalb weniger Tage rasant verändert. Für Forscher sind viele solcher Reaktionen hilfreich – als Ventil in schwierigeren Zeiten. Wenn etwas bedrohlich erscheine wie die Pandemie, versuchten Menschen, sich zu entlasten, sagt Peter Schlobinski, Vorstandschef der Gesellschaft für deutsche Sprache. „Die Sprache ist dabei ein wichtiges Mittel.“ Er beobachtet Veränderungen bis hin zu E-Mail-Wechseln. Auch dort stehe nun oft „Bleiben Sie gesund!“, sagt der Germanist. „Das sind typische Reaktionen auf eine besondere Situation. Diese Floskeln sind schon vorhanden, aber sie werden bei diesem Anlass nun besonders häufig gebraucht.“ Kreative Situationsbewältigung.Der Virus? Das Virus!
Selbst die Fachsprache bleibe gerade nicht vor Änderungen verschont. In ihr heiße es „das Virus“, betont Schlobinski. Umgangssprachlich sei es aber „der Virus“. „Ich habe den Eindruck, dass wir nun immer häufiger diese maskuline Form hören. Sogar Chefärzte sagen das jetzt.“ Vielleicht werde „das Virus“ nun sprachlich kaltgestellt.
Oder Quarantäne: Für Germanisten ist das die seltene Wiederbelebung eines fast ausgestorbenen Wortes. Doch wer wusste bisher, was exponentielles Wachstum ist? „Ein Fachbegriff aus der Mathematik, der sich jetzt viral verbreitet“, sagt Schlobinski. „Nach der Corona-Krise weiß vielleicht jeder Zweite, was damit gemeint ist.“ Und: Virus, Corona, Homeoffice – alles schon jetzt heiße Kandidaten für den Titel „Wort des Jahres“. dpa
Ich liebe meinen Garten sehr, doch wurde aus Zeitmangel und auch, weil ich nicht gerne bei Minusgraden oder Schnurregen gärtnere, der Garten in den letzten Jahren nicht optimal gepflegt. So entschlossen sich mein Mann und ich, einem Fachmann mal freie Hand zu lassen, zu stutzen, zu schneiden, auszugraben, umzusetzen, eben freie Hand-Arbeiten. Drei Männer waren an zwei Tagen jeweils 10 Stunden mit einem ca. 200qm kleinen Garten beschäftigt… Aus einem Halbschatten-Schattengarten ist ein Sonnen-Halbschatten-Garten geworden, ich habe jetzt tatsächlich die Chance, dass Dahlien und Klatschmohn bei mir blühen werden. Von den Bodendeckern sieht man z.Zt. außer Bärlauch (Braucht noch jemand Bärlauch? Gerne verschenke ich wie letztes Jahr wieder Bärlauchtöpfe!) nichts mehr, aber ich bin sicher, einige werden wiederkommen. Ich muss jetzt erst einmal beobachten und abwarten bevor ich zu den Gärtnereien pilgere. Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht so ausführlich schreiben.
Einer der drei Gärtner war früher Schauspieler (spielte z.B. mit Eva Matthes im Kleist Stück „Prinz von Homburg“). Er hatte wohl Spaß daran, auf eine Ex-Buchhändlerin zu treffen, die mit Gottfried Benn, Fontane, aber auch Chris Carter (Krimiautor von der „brutalen Sorte“) etwas anfangen konnte. Und so rezitierte er in seiner Mittagspause und zum Abschied Gedichte in unserem Garten. Wunderbar, ich hätte ihm noch gerne länger zugehört. Damit Sie von meinen poetischen Gartentagen auch etwas haben, hier zwei seiner Lieblingsgedichte:
Gottfried Benn: Blaue Stunde
Ich trete in die dunkelblaue Stunde –
da ist der Flur, die Kette schließt sich zu
und nun im Raum ein Rot auf einem Munde
und eine Schale später Rosen – du!
Wir wissen beide, jene Worte,
die jeder oft zu anderen sprach und trug,
sind zwischen uns wie nichts und fehl am Orte:
Dies ist das Ganze und der letzte Zug.
Das Schweigende ist so weit vorgeschritten
und füllt den Raum und denkt sich selber zu
die Stunde – nichts gehofft und nichts gelitten –
mit ihrer Schale später Rosen – du.
2 Dein Haupt verfließt, ist weiß und will sich hüten,
indessen sammelt sich auf deinem Mund
die ganze Lust, der Purpur und die Blüten
aus deinem angeströmten Ahnengrund.
Du bist so weiß, man denkt, du wirst zerfallen
vor lauter Schnee, vor lauter Blütenlos,
todweiße Rosen Glied für Glied – Korallen
nur auf den Lippen, schwer und wundergroß.
Du bist so weich, du gibst von etwas Kunde,
von einem Glück aus Sinken und Gefahr
in einer blauen, dunkelblauen Stunde
und wenn sie ging, weiß keiner, ob sie war.
3 Ich frage dich, du bist doch eines andern,
was trägst du mir die späten Rosen zu?
Du sagst, die Träume gehn, die Stunden wandern,
was ist das alles: er und ich und du?
“Was sich erhebt, das will auch wieder enden,
was sich erlebt – wer weiß denn das genau,
die Kette schließt, man schweigt in diesen Wänden
und dort die Weite, hoch und dunkelblau.”
Heute möchte ich Ihnen noch zum Abschluss des Apfelwochenendes ein bisschen Apfelstimmung vermitteln. Es geht um eher unbekanntere Apfelsorten, 2 Kochrezepte für den Leib und 2 Apfelgedichte für die Seele.
Diese Sorten gibt es z.Zt. in Bauernhof-oder Bioläden hier im Duisburger Westen zu kaufen. Warum nicht mal eine Apfelverkostung ausprobieren?
Red Chief (Foto oben rechts) – große, dunkelrote Früchte. Süß, die Schale ist etwas hart.
Brina (Foto unten rechts) – süß und aromatisch, mein Favorit für Apfelpfannekuchen
Pinola ( Foto unten links) – schön knackig und süß
Mutsu – eine japanische Apfelsorte. Für Liebhaber sehr großer Früchte. Sehr saftig, dezente Süße, festes Fruchtfleisch
Kleiner Feiner – eine sehr alte Apfelsorte. Der Apfelsnack für zwischendurch. Kleine Früchte, saftig, sehr aromatisch, kann ich mir auch gut als Bratapfel vorstellen
Jonagored- schmeckt süßlich mit feinem säuerlichen „Abgang“
Zwar erwähnte ich gerade schon den Apfelkuchen, aber es gibt ja noch zig andere Rezepte. Zwei davon sind frisch ausprobiert:
Schrats Kürbisgemüse, gefunden auf chefkoch.de
Ein Kürbis wird mit Äpfeln und Gewürzen, u.a. Ingwer, angeschwitzt und dann lässt man alles 10 Minuten köcheln. Der Kürbis ist dann noch bissfest, die Apfelstücke sind fast schon Mus. Sehr lecker!
Mit Magerquark und Grieß lässt sich ein leckerer Apfel-Quark-Auflauf zaubern. Dazu kommen neben den Äpfeln noch Eier, Rosinen, Vanillezucker und Zitronensaft (Rezept auf der Seite von Essen und Trinken).
Und zum Schluss die Nahrung für die Seele:
Herr Goethe umschrieb folgende Apfelsituation:
Zu der Apfel-Verkäuferin
Kamen Kinder gelaufen,
Alle wollten kaufen;
Mit munterm Sinn
Griffen sie aus dem Haufen,
Beschauten mit Verlangen
Nah und näher rotbäckige Wangen.
Sie hörten den Preis
Und warfen sie wieder hin
Als wären sie glühend heiß.
Was der für Käufer haben sollte
Der Ware gratis geben wollte!
Der Dichter Robert Reinickendorf erzählt vom schlafenden Apfel:
Im Baum, im grünen Bettchen,
Hoch oben sich ein Apfel wiegt,
Der hat so rote Bäckchen,
Man sieht, daß er im Schlafe liegt.
Ein Kind steht unterm Baume,
Das schaut und schaut und ruft hinauf:
“Ach, Apfel, komm herunter!
Hör endlich doch mit Schlafen auf!”
Es hat ihn so gebeten,-
Glaubt ihr, er wäre aufgewacht?
Er rührt sich nicht im Bette,
Sieht aus, als ob im Schlaf er lacht.
Da kommt die liebe Sonne
Am Himmel hoch daherspaziert.
“Ach Sonne, liebe Sonne,
Mach du, daß sich der Apfel rührt!”
Die Sonne spricht: “Warum nicht?”
Und wirft ihm Strahlen ins Gesicht,
Küßt ihn dazu so freundlich;
Der Apfel aber rührt sich nicht.
Nun schau! Da kommt ein Vogel
Und setzt sich auf den Baum hinauf.
“Ei, Vogel, du mußt singen,
Gewiß, gewiß, das weckt ihn auf!”
Der Vogel wetzt den Schnabel
Und singt ein Lied so wundernett.
Und singt aus voller Kehle;
Der Apfel rührt sich nicht im Bett.
Und wer kam nun gegangen?
Es war der Wind, den kenn ich schon,
Der küßt nicht und der singt nicht,
Der pfeift aus einem andern Ton.
Er stemmt in beide Seiten
Die Arme, bläst die Backen auf
Und bläst und bläst; und richtig,
Der Apfel wacht erschrocken auf.
Und springt vom Baum herunter
Grad in die Schürze von dem Kind;
Das hebt ihn auf und freut sich
Und ruft: “Ich danke schön, Herr Wind!”
Das war mein langes Apfelwochenende, ich hoffe, ich konnte Ihren Appetit auf Äpfel ein bisschen vergrößern?
Hier die Auflösung zum gestrigen Rätsel. Das Gedicht stammt von Christian Friedrich Hebbel. Mal wieder versuchen, ein Gedicht auswendig zu lernen? Das letzte Gedicht passte ja zum Sommer…
Und, haben Sie versucht, das Gedicht auswendig zu lernen? (Für alle, die den gestrigen Eintrag nicht gelesen haben: Im Rahmen meines Gehirnjoggings am Wochenende hatte ich das o.g. Gedicht gestern präsentiert und angeregt, mal einen Versuch des Auswendigkeitlernens zu starten).
Meine Erfahrungen: Da mir das Lernen morgens immer schon leichter fiel, fing ich mit dem Auswendiglernen direkt gestern früh an, wenngleich ich noch von einem Städtetripp am Vortag bei 30 Grad etwas in den Seilen hing. (Zu der Geschichte komme ich noch). Zu meiner freudigen Überraschung hatte ich den Text recht schnell intus und machte schon Pläne für ein weiteres Gedicht. Doch dann kam die Ernüchterung am späten Nachmittag. An mehreren Stellen kam ich ins Grübeln, weg war das Gedicht. Diesbezüglich ziemlich frustriert beendete ich den Versuch. Dann kam der heutige Sonntag. Ich lag morgens noch im Bett, hörte die Amseln singen…An einem Sommermorgen- die Worte kamen wieder, ja das ganze Gedicht, ein schöner Start in den Tag. Heute habe ich es dann noch zweimal wiederholt und es ist da. Nun bin ich gespannt, wie es in einer Woche ist.
Ein zweites Gedicht ist schon ausgeguckt. Nicht direkt am nächsten Wochenende, aber irgendwann .
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