Paris, Périphérique

Auf dem Weg nach Tours gerieten wir auf der Pariser Périphérique in einen Stau. An einer Stelle, wo Auf- und Abfahrten sich kreuzten, quasi in einem „Spaghettiknoten“ , befand sich eine winzige Grünfläche, auf der ein blaues kleines Zelt stand. Vor dem Zelt saß ein Mann unbestimmten Alters, neben ihm ein rostiger Einkaufswagen mit seinen Habseligkeiten. Um ihn ein unglaublicher Lärm, ganz zu schweigen von der schlechten Luft. Er starrte die Autos an, starrte mich an…

SANS ABRI

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Philosophen auf der Straße

Dieses Buch kaufte ich mir, nachdem ich eine Führung in Düsseldorf mitgemacht hatte. Das Thema war “Obdachlos sein in Düsseldorf” und wurde von zwei Obdachlosen durchgeführt. (Siehe auch mein Blogeintrag vom 22.8.17)

Der Autor war selbst mehrere Jahre lang obdachlos. Er kann sich in die Gefühle der anderen Obdachlosen hinein versetzen und Beziehungen aufbauen und schaffte es daher, Obdachlose zu ihrem Leben auf der Straße zu befragen. 25 Porträts, vorwiegend von Männern, sind in diesem Buch enthalten. Es gibt Kriminelle, die sich z.B. auf Empfängen einschleichen und dort essen und manchmal auch Scheckkarten mitnehmen. Es gibt Menschen auf der Straße, die in einer eigenen Welt leben, sei es in einem Star Trek Universum oder als Drehbuchschreiber für Sandra Bullock. Aber die meisten Interviewten gaben sehr klare, böse, hochgradig zynische oder fast schon philosophische Antworten zu ihrem Leben. Und diese Interviews haben mich sehr nachdenklich gemacht und berührt. Wir Angepassten leben drinnen, Obdachlose leben draußen. Manche der Befragten, von denen mehrere abgeschlossene Studiengänge hatten, Künstler oder Manager waren, wollen mit Drin, mit der heutigen Gesellschaft in Deutschland, aus verschiedenen Gründen nichts mehr zu tun haben. Sie verweigern sich, betteln nicht oder kommen auch nicht mehr unseren üblichen Vorstellungen von Sauberkeit nach. Dann gibt es Menschen, die immer mal wieder versuchen, nach drinnen zu kommen, doch fast immer scheitern sie. Der Weg zurück ist so schwer, sei es, dass man sich an sein Leben auf der Straße gewöhnt hat und es einer großen Willensanstrengung bedarf, sich in der immer schneller sich ändernden Welt drinnen zurechtzufinden, bzw. viele Obdachlose einfach auch Angst haben, etwas falsch zu machen.

Der Autor schreibt im letzten Kapitel über sein Leben. Er ist drinnen angekommen, doch es dauerte lange und ihm ist bewusst, dass er auch schnell wieder draußen sein kann. Hat man einmal die Erfahrung gemacht, obdachlos zu sein, nimmt man im Leben nichts mehr als selbstverständlich und weiß, worauf es letztendlich im Leben ankommt.

Mary aus Camden Town

…ist eine Obdachlose, die in einem Van lebt und Hauptfigur in dem Film “Die Lady in dem Van”. Diesen Film empfehle ich, weil ich von ihm überrascht wurde.

Einer meiner Lieblingsautoren ist Alan Bennett, der u.a. das Buch “Die souveräne Leserin” geschrieben hat. (Wer es noch nicht kennt: Die Queen missachtet die höfische Etikette, um in Ruhe lesen zu können- ein herrliches Buch!).

 

Diesem Autor ist die Geschichte, die in dem Film erzählt wird, tatsächlich passiert. In seiner Garagenauffahrt stand 15 (!) Jahre lang der Van von Mary Shepard, einer alten Frau, die nicht gerade eine “charming Lady” war = undankbar, ungehobelt, egozentrisch und oft sehr müffelnd. Bennetts Motive, diese Frau gewähren zu lassen, sind vielschichtig. Wird sie irgendwann die Hauptfigur eines neuen Theaterstücks von ihm?

Ich möchte nicht viel mehr zum Inhalt verraten, nur eine Huldigung an die schauspielerische Leisung von Maggie Smith muss ich noch los werden.

Der Trailer ist in englischer Sprache, ihn fand ich von verschiedenen Kurzfilmen am besten, den Film gibt es aber auch in deutscher Sprache.

https://www.theguardian.com/film/video/2015/feb/27/lady-in-the-van-trailer-maggie-smith-alan-bennett-video