135 x eine Geschichte neu erzählt

Dieses Buch erschien in Frankreich zum ersten Mal 1947, in den 70er Jahren dann in Deutschland. Jetzt wurde es erneut übersetzt und die beiden Autoren wurden dafür mit dem Straelener Übersetzerpreis 2017 ausgezeichnet. Das ist verdient!

Worum geht es? Die Geschichte ist kurz erzählt. Die erzählende Person, man weiß nicht ob Mann oder Frau, sitzt in Paris in einem Bus und beobachtet zwei Männer, die eine Auseinandersetzung haben. Ein jüngerer Mann mit einem auffälligen Hut beschuldigt einen anderen Mann, ihn immer anzurempeln, sobald andere Fahrgäste ein- oder aussteigen. Bevor der Streit eskaliert findet der junge Mann allerdings einen Sitzplatz und Ruhe kehrt ein. Witzigerweise sieht die Erzählperson den jungen Mann zwei Stunden später wieder, als er mit einem Freund zusammensteht, der ihn darauf aufmerksam macht, dass ein Knopf an seinem Überzieher fehlt.

Das ist die ganze Geschichte. Und diese wird vom Autor Queneau auf 135 verschiedene Arten erzählt. Als Schauerroman, in Form einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, als Ballade, auf bayrisch, unter olfaktorische Aspekten- suchen Sie sich etwas aus!

Das Buch genießt man am besten häppchenweise. 5 – 10 Varianten am Tag. Wem beim Lesen generell auch die Sprache wichtig ist, der hat mit diesem Buch eine Schatzkiste, die viel Spaß macht.

 

Käse-Kutteln-Kohl (Lyonwoche Nr 2)

Gestern erwähnte ich schon das Stürzen ins Marktgetümmel und das haben wir natürlich auch getan. Wenn man es darauf anlegt, findet man täglich einen Frischemarkt oder aber man geht in die „Hallen von Lyon“, benannt nach dem Koch des Jahrhunderts Paul Bocuse, der in Lyon zuhause ist. Diese Markthalle ist sehr modern, fast antiseptisch und hat nicht den Charme der alten Märkte.

Aber die Präsentation des Ess- und Trinkbaren lässt nichts zu wünschen übrig und man kann sich auch hinsetzen und direkt speisen. Das haben wir nicht getan, denn gemütliche Restaurants sind uns lieber. (In Lyon gibt es übrigens die höchste Restaurantdichte innerhalb Frankreichs). Und damit habe ich den Übergang zu meinem Buchtipp für diese Woche gefunden…

Um einen Einblick in die Welt der Lyoner Restaurants zu bekommen, eignet sich dieser Krimi.

Drei Lyonner Restaurantbesitzer werden ermordet und die Chefin eines Gourmet-Journals findet die richtige Spur, um die Morde aufzuklären. Leichte Lesekost, aber wenn man in Lyon ist und die Örtlichkeiten kennt, bzw. etwas über die Geschichte der Restaurants und Lyonner Spezialitäten erfahren möchte, ist das Buch empfehlenswert. Wer gerne schlemmt, dem läuft beim Lesen das Wasser im Munde zusammen!

Lost in Fuseta

Der Hamburger Leander Lost nimmt an einem europäischen Austauschprogramm der Polizei teil. Es soll für ein Jahr an die Algarve, während der portugiesische Kollege seinen Platz in Hamburg einnimmt. Losts Start in Fuseta ist alles andere als glücklich, denn er schwärzt zuerst einen Kollegen beim Vorgesetzten an, dann schießt er diesem Kollegen auch noch ins Bein. Wie es sich herausstellt, hat sein Verhalten allerdings einen Grund. Leander Lost hat das Asperger Syndrom und er sagt z.B. stets die Wahrheit, hat ein fotografisches Gedächtnis  und sein Verstand arbeitet rein analytisch. Langsam lernen seine Kollegen ihn und seine Fähigkeiten zu schätzen, denn die Aufklärung dreier Morde, die in Zusammenhang mit einem ungeheuren Wasserskandal stehen, gestaltet sich als schwierig. Leander Lost wird immer mehr ein Teil vom Polizeiteam, aber nicht nur das. Er gehört zum Ende fast schon ein bisschen zur Familie seiner Kollegin, deren Schwester sich in Lost verliebt und er bei sich auch etwas irritierende Gefühle wahrnimmt.

Ich kann diesen Krimi als Buch und als Hörbuch empfehlen. Eine Bekannte las ihn und war begeistert, ich habe ihn gehört und war am Ende  tatsächlich ein bisschen traurig, dass es nicht schon Fortsetzungen gibt. Das Thema Wasser als Mordmotiv ist außergewöhnlich und man bekommt eine Ahnung davon, was noch auf uns zukommt, wenn Wasser wertvoller als Gold sein wird. Die Figur des Leander Losts ist besonders, aber auch das oft herzliche Verhältnis der anderen Romanfiguren untereinander verleiht diesem Krimi die berühmte Wohlfühlatmosphäre.

IQ-Die Musikgruppe mit dem mörderrischen Lied

Der Musikbeitrag in dieser Woche gehört nicht nur in die Kategorie „Musik muss sein“, sondern ich markiere ihn auch noch für die Krimiecke.

Achtung: Der Liedtext ist nichts für empfindliche Gemüter, schließlich singt ihn ein Massenmörder. Achtung: Der Sänger der Gruppe „IQ“, Peter Nichols, ist nicht der Massenmörder.

 

Sitzt Queen Elisabeth II zu Unrecht auf dem Thron?

Zum Abschluss meiner „Welfenlandreise“ hier nun noch zwei kurze Krimiempfehlungen. Beide Krimis spielen im Jahr 1966, man fährt VW, entdeckt gerade Nutella und trinkt Doornkaat. Dr. Janne Behrend ist Kunsthistoriker und hat eine Agentur gegründet, die Menschen dabei hilft, sich wie Indiana Jones zu fühlen, sprich, die hilft, Schätze aufzuspüren. Im ersten Band „Welfengold“ hat Behrends Kunde ernst zu nehmende Hinweise, dass sich ein Teil des verschwundenen Welfenschatzes in einem Bergwerk im Harz befindet. Beim Besuch des Bergwerkes wird auf die beiden und ihren Führer geschossen. Kunde und Führer sterben, Behrend hat einen Streifschuss und kann vor den Angreifern fliehen. Trotz Verletzung verdächtigt die Polizei Behrend, der eigentliche Mörder zu sein und so beginnt Behrend, auf eigene Faust zu recherchieren. Unerwartete Hilfe bekommt er von der schönen Krankenhausärztin Anna Winter.

In „Welfencode“ werden einem Freund von Behrend, der bei der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover arbeitet, sehr wertvolle Briefe gestohlen, die in einer Ausstellung gezeigt werden sollen. Die Briefe sind von Leibnitz und Sophie von Hannover und sie sind codiert. Behrend versucht, die Briefe wiederzubeschaffen. Er vermutet, dass die Briefe Beweise liefern sollen, dass die Nachfahren der katholischen Stuarts noch Anrechte auf den englischen Thron haben. Die Stuarts stellten die Könige in England, bis vom Parlament der erste evangelische König, George I aus Hannover, eingesetzt wurde. Dieser ist ein Vorfahre von Queen Elisabeth II. Behrend und Anna haben Kopien von den gestohlenen Briefen, aber wie den Code der Briefe knacken? Und gibt es überhaupt noch Nachfahren der Stuarts?

Beide Krimis sind leichte Kost und tun nicht weh. Ein bisschen deutsche Geschichte wird nett serviert, für ein paar Lesestunden mit einer guten Tasse englischen Tee genau das Richtige.

Trokosi

Ein Krimi, der in Ghana spielt? Machte mich sofort neugierig. Die Handlung: Dawson, ein junger Detektiv, wird aus der Hauptstadt aufs Land geschickt, um dort den Mord an einer Medizinstudentin aufzuklären. Sie half bei der AIDS Hilfsorganisation mit und versuchte die Trokosi, junge Mädchen, die einem Fetischpriester geopfert wurden, aus dessen Herrschaft zu befreien. Tatmotive gibt es viele, und Dawson scheitert zuerst wegen seines Jähzorns und der Angst der Bevölkerung vor Hexerei. Erst als er suspendiert ist, findet er eine Spur, die auch mit dem Verschwinden seiner Mutter vor über 20 Jahren zu tun hat.
Moderne prallt auf Tradition in einem afrikanischen Staat. Die Alltagsschilderungen und die spannende Handlung machen diesen Krimi zu etwas Besonderem.

M bekam von mir eine zweite Chance

Diesen Krimi las ich bei Erscheinen im Jahr 2015 an und legte ihn wieder weg, da ich nicht in die Geschichte hineinkam. Jetzt erzählte mir eine Bekannte, dass sie vom Hörbuch dieses Titels so begeistert war und ich startete einen neuen Versuch mit dem Hörbuch. Dank des sehr guten Sprechers Johannes Steck war ich nun auch direkt mitten im Geschehen und verbrachte während der letzten heißen Tage, als selbst Lesen nicht mehr ging, einige Stunden auf der Gartenliege und wurde gut unterhalten.

Worum geht es? Es ist ein Krimi, in dem die Welten der Schriftsteller und des Literaturbetriebes verwoben werden mit den Themen Lehrer-Schüler-Verhältnis und „Erste Liebe“. In den Niederlanden ist ein Lehrer verschwunden, man verdächtigt zwei Schüler, ihn ermordet zu haben. Doch der Fall wird mangels Beweisen eingestellt. Ein junger Schriftsteller, „M“, rollt in einem Buch diesen Fall noch einmal neu auf und sein Werk wird ein Bestseller.
40 Jahre sind seitdem vergangen, „M“ gehört inzwischen zur alten Garde der holländischen Autoren. Kann ihn noch etwas erschüttern? Oh ja, denn erst bekommt er seltsame Briefe, dann schleicht sich sein Nachbar immer mehr in sein Leben hinein. Freuen Sie sich auf ein sehr überraschendes Ende!

Dry

Dieser Krimi ist das Erstlingswerk einer jungen Australierin und ich sage ???. Aaron Falk, Polizist für Steuervergehen in Melbourne, fährt zu einer Beerdigung ins Outback zu seiner Heimatstadt, wo sein Freund Luke mit seiner Frau und seinem Sohn auf ihrer Farm ermordet wurden. Aaron war viele Jahre nicht dort, denn sein Vater und er wurden aus dem Ort gejagt, weil man Aaron verdächtigte, ein sechzehnjähriges Mädchen ertränkt zu haben. Allein das Alibi seines Freundes Luke rettete ihn damals vor Schlimmerem. Als er nun wieder zurückkehrt, erkennen ihn viele Bewohner wieder und der Hass gegen ihn und die Verdächtigungen kommen erneut hoch. Haben der (Selbst?)mord von damals und der Tod der Drei auf der Farm etwas miteinander zu tun? Oder mussten die Drei wegen der katastrophalen Dürre und Hitze sterben, die seit Monaten herrschen und alle Einwohner von Kiewarra kirre machen? Die Eltern des toten Freundes und Raco, der Polizist vor Ort, bitten Aaron nach der Beerdigung noch etwas zu bleiben und bei der Aufklärung der Morde zu helfen. Aaron geht widerwillig auf die Bitte ein, worauf sich das Städtchen in einen Hexenkessel verwandelt…

Ungewöhnliche Beschäftigung für einen Rentner

Inspector Chopra, hochangesehner und nicht korrupter Polizist in Mumbai, wird wegen einer Herzerkrankung vorzeitig pensioniert. Am letzten Arbeitstag kommt eine Frau auf das Revier und wirft der Polizei vor, den Tod ihres Sohnes nicht richtig zu untersuchen, weil er zu einer armen Kaste gehört. Chopra will dies nicht gelten lassen und versucht noch, weitere Untersuchungen in Gang zu setzen. Jedoch muss er dabei einsehen, dass die Mutter recht hat, denn sein Nachfolger schließt die Akte sehr schnell, obwohl der Rechtsmediziner Ungereimtheiten bei der Todesursache feststellte. Chopra, jetzt zwar Rentner aber immer noch Polizist, führt weitere Ermittlungen durch. Begleitet wird er dabei zumeist von Ganesh, einem Babyelefanten, den er von seinem Onkel zur Pension geschenkt bekommen hat. Chopra ist über dieses Geschenk nicht begeistert, denn er kennt sich mit Elefanten nicht aus und Ganesh bereitet ihm anfänglich viele Sorgen. Doch im Laufe der Ermittlungen werden beide fast schon ein Team und Ganesh rettet Chopra das Leben, als dieser sich mit hochgefährlichen Verbrechern einlässt. Diese handeln mit Kindern und Politiker sind mit involviert. Aber Chopra lässt nicht locker…

Dieser Krimi bietet alles, was zu einem sogenannten „Wohlfühlkrimi“ gehört. Da sind erst einmal der integre Chopra, den man bewundern kann, dann seine Ehefrau mit eigenwilligen Ansichten und die üble Schwiegermutter. Ganesh ist fast immer niedlich und man lernt zusammen mit Chopra Einiges über Elefanten. Schließlich erhascht man noch einem Blick auf das heutige Indien, das kaum noch exotisch ist, sondern sehr an unsere Lebenswelt erinnert. 

Am Ende des Buches gibt es ein turbulentes Happyend, das den Gedanken an Folgebände aufkommen lässt.

Ein gutes Krimihörbuch

  •  Über 12 Stunden Krimi-Hörfreude bietet dieser Titel. Das Buch wird von drei Herren gesprochen und mich erinnerten einige Passagen, im sehr positiven Sinne, an die Augsburger Puppenkiste, bzw. an die alte Fernsehserie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“. Worum geht es? München 1914: Die politische Stimmung ist sehr gereizt, denn die Auswirkungen des Mordes in Sarajevo weiß am Anfang des Krimis niemand sicher einzuschätzen. Darüber hinaus machen „die Roten“ den etablierten Politikern und dem Militär das Leben schwer und diese tun alles dafür, den Roten keine Angriffsflächen zu bieten. So hat es Kommissar Reitmeyer dann auch bei seinen Ermittlungen nicht leicht. Fünf Männer werden ermordet, es gibt Hinweise zu einem homoerotischen Kreis innerhalb des Militärs und hochangesehenen Mitgliedern der Gesellschaft. Dazu gehört u.a. auch die Familie von Karoline, der heimlich Angebeteten von Reitmeyer, was seine Arbeit weiter verkompliziert. Doch in seinem Team gibt es glücklicherweise nicht nur Mittelmaßpolizisten, sondern auch den Radler, einen Praktikanten, der sich sehr gut in modernsten Untersuchungsmethoden auskennt. Zwar bereitet er dem Kommissar auch viel Ärger, aber letztendlich sind beide das Dreamteam und Reitmeyer kommt einer ungeheuerlichen Verschwörung auf die Spur.
  • Das Hörbuch war sehr spannend und vom geschichtlichen Hintergrund auch interessant. Die drei Sprecher lasen sehr lebendig vor, man konnte den Eindruck bekommen, selbst in der Amtsstube zu sitzen und so ließ sich der ein oder andere Schmunzler nicht vermeiden. Siehe oben.