Wir steigen ein in die brodelnde und knisternde Stimmung eines exquisiten Restaurants in Dublin. Daniel Costello ist der Besitzer und hat als Koch den Status eines Superstars. Um ihn herum arbeiten der Restaurantmanager, mehrere Köche, zwei Barmänner, die Empfangsdame und mehrere Kellner und Kellnerinnen, darunter auch Tracy und Hannah. Daniels Welt scheint vollkommen, denn auch familiär kann er sich mit seiner Frau Julie und den Söhnen Kevin und Oskar glücklich schätzen. Doch dann wird er „wegen einer Sache“ angeklagt und muss vor Gericht. Dies schadet seinem Ruf so sehr, dass er sein Restaurant schließen muss. Auch das Verhältnis zu Julie ist angespannt, denn „ die Sache“ sind sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen.
Abwechselnd aus der Sicht von Hannah, Julie und Daniel wird das Leben im Restaurant und die Zeit vor, während und nach der Gerichtsverhandlung geschildert.
Hannah ist eine sehr junge unerfahrene und schüchterne Studentin, die in den Semesterferien in dem Restaurant arbeitet. Während der Öffnungszeiten des Restaurants herrscht im Servicebereich permanent eine angespannte Stimmung, die manchmal ungewollt sogar in körperliche Aggressivitäten ausarten kann. Umso ausgelassener ist die Stimmung, wenn der letzte Gast gegangen ist. Das wird abendlich mit Alkohol und manchmal auch mit Drogen gefeiert. Während Tracy sich noch zusammen mit dem ein oder anderen Kollegen körperlich entspannt, stürzt Hannah oftmals betrunken ab und ist am nächsten Tag öfter unzulänglich. Aber Daniel lässt bei seiner „Süßen“ Milde walten, belohnt sie mit Komplementen oder widmet sich ihr persönlich, um ihr noch mehr beizubringen. Hannah ist in ihrer Unerfahrenheit einerseits stolz auf diese bevorzugte Behandlung, auf der anderen Seite kann sie immer schlechter damit umgehen…
Julie liebt ihren Mann. Er sieht gut aus, ist tatkräftig, seine ungebrochene Begeisterung für das Kochen und sein Restaurant und seine Loyalität ihr gegenüber rechnet sie ihm hoch an. Umso mehr ist sie verletzt und verunsichert, als es zu der Anklage kommt. Langsam formt sich bei ihr ein Bild von Daniel als Mädchen- und Frauenschwarm, das sie jahrelang ignoriert hat. Sie beginnt an Daniels Glaubwürdigkeit zu zweifeln, zieht sich von ihm zurück. Als sie Daniel in den Gerichtssaal begleitet, ändert sich dies, denn sie sieht Tracy, die aufreizende Anklägerin. Daniel ist für kurze Zeit in Julies Augen unschuldig, ein weiteres Zusammenleben scheint möglich sein…
Daniel kann als Herrscher über sein Reich alle Angestellten so behandeln, wie es ihm passt. Dazu gehört auch körperlicher Kontakt, wenn es sein muss. Deshalb versteht er die Welt nicht mehr, als es zur Anklage kommt. Wieso wird nicht mal darüber gesprochen, wie oft er Opfer von sexuellen Anspielungen von weiblichen Gästen war? Es gehören immer zwei dazu, wenn was passiert. Und wieso sind weiße Männer jetzt an allem schuld? Nur sehr selten plagen Daniel Schulgefühle und Angst, er ist der geborenen Sieger. Oder doch nicht?
Es gibt inzwischen diverse Romane zu diesem Thema und ich wollte ihn eigentlich „ nur mal eben anlesen“, aber die beschriebene Atmosphäre in dem Restaurant nahm mich zuerst gefangen. Dazu baute sich langsam eine Spannung auf, durch die sehr unterschiedlichen Blickwinkel, aus denen die Ereignisse beschrieben werden. Hannahs Unglück kommt immer näher, man ist überrascht von Tracys plötzlicher Anklage, hat Mitleid mit Julie. Und Daniels Gedanken sind noch einmal ein ganz anderes Thema.
Die irische Autorin hat einen beeindruckenden psychologischen Roman geschrieben und möchte mit ihm auf Missstände im irischen Justizsystem hinweisen, wie aus den Anmerkungen am Ende des Buches zu lesen ist. Diese Hindernisse bei der Behandlungen solcher Straffälle finden sich auch im deutschen Rechtssystem.