Jürgen Ploog- der Grandseigneur der deutschen Untergrundliteratur

Ich arbeitete Ende der 70er Jahre in der damals größten Buchhandlung Deutschlands, dem Stern Verlag in Düsseldorf. Die Bücher der berühmten amerikanischen Autoren der Beat Generation Jack Kerouac, Allen Ginsberg und William S. Burroughs fand man dort nur vereinzelt im Regal, denn zu dieser Zeit hatten diese Schriftsteller hauptsächlich Leser und Leserinnen, denen das „Establishment“ suspekt war und die den Wunsch nach Freiheit und Veränderung hatten. Noch weniger präsent waren deutsche Autoren, die ähnliche Gedanken in ihren Büchern verfolgten. Peter Paul Zahl, Jörg Fauser oder Rolf Dieter Brinkmann wurden vom Feuilleton manchmal besprochen, aber die Autoren aus Verlagen wie z.B. Rotbuch, März oder Maro ignorierte man gerne. Die Inhalte waren „nicht lesbar“ oder entsprachen nicht dem bürgerlichen Weltbild der 60er bis 80er Jahre. Die Autoren mussten um ihren Lebensunterhalt kämpfen. Es gab allerdings eine Ausnahme…

Jürgen Ploog (1935 bis 2020) hatte schon in jungen Jahren beschlossen, sein Leben dem Schreiben zu widmen und herauszufinden, welche Welten sich mit der Sprache erschließen lassen. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern entschied er sich, eine Ausbildung zum Piloten zu machen und flog danach 33 Jahre für die Lufthansa. Das machte ihn finanziell unabhängig und ihm war es egal, ob seine Bücher sich verkauften. Bedingt durch seine Arbeit, war er oft in New York und wurde ein guter Freund von William S. Burroughs. Damit war er am „Puls“ der amerikanischen Beatbewegung und lernte bei Burroughs eine Cut-up Technik kennen. (Techniken, bei der ein bestehender Text zerschnitten und zufällig neu zusammengesetzt wird, um einen neuen Text zu erschaffen). Das neue Zusammensetzen der Wörter spült Unbekanntes aus dem eigenen Innenleben an die Oberfläche und dies wurde für Jürgen Ploog für viele Jahre der Weg, seine Texte zu schreiben.
Kämpften deutsche Untergrundautoren mit den grauen Alltagserlebnissen und dem deutschen Politikmief, konnte Jürgen Ploog durch seinen Beruf auf Beobachtungen zurückgreifen, die er weltweit machte. Auf einem Markt in Bangkok, in einer Bar in Tokio, im Supermarkt in Chicago… Sein Unterbewusstsein speicherte jeden Eindruck und er floss in seine Texte mit ein.
Dies alles machte ihn zu einer charismatischen Gestalt in der alternativen Literaturszene. Dass Ploog gutaussehend, immer freundlich und höflich, also quasi ein Gentleman war, unterstützte noch seinen Ruf als „Grandseigneur“.

In dem Buch erinnern sich Wegbegleiter an Jürgen Ploog, Tagebucheinträge und E-Mail Verkehr sind zu lesen, auch findet man einige Textauszüge aus seinen Büchern. Auf die legendäre Literaturzeitung „Gasolin 23“, deren Mitherausgeber Ploog 14 Jahre lang war, wird eingegangen, Foto- und Bildmaterial (Jürgen Ploog malte auch) ergänzen die Texte.

Ob ich Jürgen Ploog einmal begegnet bin? In den ersten Jahren meines Lebens als Buchhändlerin besuchte ich neben der Frankfurter Buchmesse auch einmal die Mainzer Minipressen Messe, die zur selben Zeit stattfand. Hier präsentierten sich damals über 100 Verlage, die den Mainstream nicht bedienten. Als junge Frau hätte ich ihm nicht viele Fragen stellen können, zu unterschiedlich waren die Lebenswelten. Heute wäre das anders. Bei den abgedruckten E-Mails sind auch einige dabei, die Ploog in den letzte Jahren seines Lebens geschrieben hat. In ihnen nimmt er Stellung zu unserer heutigen Welt und schreibt Kluges.

Diese Buchbesprechung ist einfach gestrickt und entspricht nicht dem geistigen Level des Buches oder anderen bereits erschienen Buchbesprechungen. Aber vielleicht habe ich sie neugierig gemacht auf diesen Autoren oder auf die Zeit, in der es noch Untergrundliteratur gab.

Hier eine zweite Buchbesprechung: https://www.welt.de/kultur/article689eddd7cf5f0271ccd53954/Juergen-Ploog-Der-Pilot-der-die-Avantgarde-nach-Frankfurt-brachte.html

Wie finden wir zusammen?

In diesem Monat nehme ich an einer neuen Veranstaltung in der Buchhandlung Scheuermann teil:

Es geht um Einsamkeit, Verbundenheit, das Erschaffen von neuen Räumen, in denen sich die unterschiedlichsten Menschen annähern und treffen können und um die Möglichkeit, gemeinsame Ideen zu finden und umzusetzen. Ich mache mit, weil ich glaube, dass ohne das Zusammenrücken innerhalb der Gesellschaft die Zukunft in Deutschland noch schwieriger wird.

Im Land der Wölfe

In Grenzlitz stehen Bürgermeisterwahlen an. Die Sensation: In anderen sächsischen Gemeinden bieten sich bei dieser Wahl die konservative und die rechte Partei ein Kopf-an-Kopf-Rennen, in Grenzlitz erreicht Katja, die Spitzenkandidatin der Grünen, bei den bisherigen Umfragen 30 %. Als Nana, die in Berlin lebt und als Coach für Berufstätige arbeitet, davon hört, ist sie fasziniert und bietet Katja an, sie bis zum Wahltag zu begleiten. Katja stimmt zu und so fährt Nana in das Land der Wölfe.

Dort angekommen, eckt Nana als Außenstehende schnell mehrmals an und muss lernen, dass die Uhren in Grenzlitz völlig anders ticken als in der Hauptstadt. Jeder dritte Einwohner wählt potentiell die rechte Partei, also auch der Bäcker, die Kindergärtnerin, der Kneipenwirt. Man muss mit diesen Menschen den Alltag gemeinsam bewältigen. Erik, der lieber Frauenkleidung und lila Haare trägt und ein Baumhaus-Ferienparadies eröffnen will und auch Knut, ein Mann der seit 25 Jahren für grüne Ideen kämpft, erzählen Nana von ihren Erfahrungen mit der rechten Partei. Man braucht Rückgrat, Visionen und einen langen Atem, um es in Grenzlitz trotz Anfeindungen und Bedrohungen von Anhängern der Blauen auszuhalten. Besonders schwer fällt Nana anfänglich der Umgang mit Falk Schloßer, Justizvollzugsbeamter und im Wahlkampf aktiv für die rechte Partei tätig. Sein Duft und sein Auftreten erinnern Nana an ihren Exfreund Tom, mit dem sie zusammen in der Antifa-Bewegung auf Demonstrationen gegen Nazis gekämpft hat. Wie kann jemand wie Falk rechts wählen? Aber Nana hört ihm und anderen zu, lernt, beginnt zu verstehen und Falk zu mögen. Sie überzeugt Katja, die sich zu der rechten Partei hin zuerst abschottet, auf ihren politischen Gegner zuzugehen.
Kurz vor der Wahl findet das islamische Zuckerfest auf dem Marktplatz statt. Nana und Katja sind mit dabei und viele Bürger feiern friedlich, bis eine rechte Schlägertruppe auftaucht, an deren Spitze Falk Schloßer steht. Es kommt zu Auseinandersetzungen. Nana fährt unter Schock kurz nach Berlin zurück. Hier kann sie wieder in der Anonymität frei atmen und den rechten Mief hinter sich lassen. Sie hofft auch auf ein Gespräch mit ihrem Bruder Noah, mit dem sie sich vor ihrer Abreise zerstritten hat. Es gab zwischen ihnen seitdem nur Emailverkehr und aus diesem erfährt man, dass Nana noch eine ganz andere Baustelle hat, nämlich die traurige Geschichte ihrer eigenen Familie, vor deren Aufarbeitung sie bisher immer geflohen ist. Als sie Noah in Berlin nicht antrifft wird ihr klar, dass sie in Berlin ganz alleine ist und kehrt nach Grenzlitz zurück. Beim ersten Wahldurchgang am Sonntag muss sie Katja zur Seite stehen. Das Ergebnis ist unglaublich knapp.

In diesen Roman fließen die Erfahrungen der Autorin, die sie während eines mehrtägigen Aufenthalts in Görlitz gemacht hat. Sie beschreibt sehr differenziert die Lebensumstände der jungen und alten Beteiligten und dass es teilweise schwer ist, diese im Westen zu verstehen. Miteinander respektvoll (!) sprechen und versuchen, die Gemeinschaft zu retten, das sollte für alle die oberste Priorität sein.

Die unbeschwerte Zeit ist vorbei oder ich möchte nicht in einem rechten Deutschland leben

Eigentlich wollte ich Ihnen heute ein paar Tipps geben, wie man seine Zeit im verregneten München am besten verbringen kann. Aber ich habe nach der Wahl in Brandenburg dieses Buch gelesen und seitdem kreisen meine Gedanken um ein anderes Thema.

Ich habe Ihnen im Februar schon ein ähnliches Buch vorgestellt (siehe unten „Demonstrieren ist gut, reicht aber nicht), aber Ruprecht Polenz listet noch mehr Ideen auf, was man selbst tun kann, um dem zunehmenden Rechtsruck in unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.
Aus verschiedenen Gründen habe ich mich seit langer Zeit nicht mehr auf Instagram bewegt, doch bietet sich laut Polenz gerade hier eine Möglichkeit an, rechtspopulistischen Strömungen entgegenzuwirken. Möchte man es sich einfach machen, verteilt man auf den Seiten, die über die AfD aufklären oder zu friedlichen Demonstrationen aufrufen, „Likes“ und unterstützt dieses Engagement moralisch.
Inzwischen habe ich viele rechte Beiträge und deren Erwiderungen gelesen. Unverständnis, Fassungslosigkeit, Wut kamen immer wieder hoch. Ich empfinde die Instagramzeit besonders dann als Belastung, wenn ich den Eindruck habe, dass die Kluft zwischen den Menschen in Deutschland zunehmend unüberbrückbar wird und es kein Miteinander mehr gibt. Was tun?
Ich werde einen neuen Account eröffnen und versuchen, mit humorvollen Beiträgen zur Entspannung beizutragen. Das ist ein langer Weg, aber ich habe Hoffnung, dass sich etwas ädern kann.
Diese Hoffnung ist bei mir durch die Lektüre dieses Buches wieder größer geworden. Es beinhaltet einige sehr kluge Gedanken, die ich hier nicht wiedergebe. Bitte selber lesen!

Wenn die Beiträge in meinem Blog weniger werden oder sich vielleicht auch verändern, dann wissen Sie jetzt, liebe Blogstammkunden, woran es liegt. Ich weiß noch nicht, wohin mich der Weg führt.


Religiöses, tierisches und musikalisches Leipzig (Halle Nr. 5)

Da mein Mann und ich früher schon in Leipzig waren, ließen wir dieses Mal einige Sehenswürdigkeiten links liegen.

Oben links eine der schönen Einkaufspassagen von Leipzig, daneben der Marktplatz. Links unten das historische Café Riquet, daneben die barocke Handelsbörse

Unsere erste Anlaufstelle war die Nikolaikirche, die wir noch nicht kannten.

In einem Nebenraum der Kirche gibt es eine Ausstellung, die die Bedeutung dieser Kirche für die Wiedervereinigung Deutschlands spielte. Viele Fotos und erklärende Texte brachten uns das Jahr 1989 noch einmal näher und ich war dankbar, diesen Ort einmal in natura sehen zu dürfen.

Ebenso erging es mir bei der Thomaskirche, der Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach. Auch hier hatte ich das Gefühl, Deutschland und seine Wurzeln nun etwas besser verstehen zu können. (Hört sich vielleicht hochtrabend an, aber ich kann es nicht besser beschreiben).

Spontan hatten wir uns Karten für das Leipziger Gewandhaus für eine Nachmittagsvorstellung gekauft, um dieses Konzerthaus auch einmal erleben zu können. Gespielt wurde die 9. Sinfonie von Beethoven und vier Sänger und Sängerin, das Orchester und ein fast 50 menschenstarker Chor schenkten uns mehrmals Gänsehaut. Wunderbar!

Ja und dann wollten wir noch „Elefant, Tiger & Co“ live sehen. Ich gebe zu, dass wir öfter beim Zappen im Fernsehen an dieser Tier-Doku-Soapserie hängen bleiben. In bereits über 100o Beiträgen wird von der Arbeit im Leipziger Zoo berichtet, einem Zoo, der zu den besten in Europa zählt.
Eigentlich sind wir keine Zoogänger, aber hier überwog die Neugierde. Wir wurden nicht enttäuscht. In großzügigen Anlagen werden den Besuchern Tiere aus verschieden Erdteilen näher gebracht. Man lernt viel über einzelne Tierarten und deren Gefährdung, auszusterben. Meine eher kritische Meinung zu Zoos habe ich nach dem fast sechsstündigen Besuch etwas revidiert.

Oben der Haupteingang, unten drei Bilder aus dem Gondwanaland, in dem man Leben im Dschungel bestaunen kann.

Ich fühlte mich manchmal wie im Urlaub, bzw. dachte häufiger, dass man eigentlich gar nicht irgendwo hinfliegen muss, um ein „Exkursionsfeeling“ zu bekommen. Hier ein paar weitere Eindrücke:

Auf der Fahrt nach Finsterwalde

Letzten Montag fuhren wir für ein paar Tage quer durch Deutschland Richtung Osten. Unsere erste Übernachtung war im brandenburgischen Finsterwalde. Hier ein paar Beobachtungen, die ich als Beifahrerin auf dem Weg gemacht habe. Los geht es in Dortmund:

9.30Uhr
„Ich bin voller Ideen“- steht auf dem Dortmunder Ruhrschnellweg am oberen Rand eines Tunnels
Ein geflügeltes schwarz-gelbes Nashorn mit BVB Emblem im Vorgarten eines Hauses
Ein Mann putzt bei strömendem Regen an einem Hochhaus ein Fenster
Am Straßenrand ein Sandhügel, der oben bewachsen ist. Sieht aus wie die Haarpracht eines Elefantenjungen

An einer Halle steht „Stiftung Kinderglück“, gegenüber eine mit Goldstreifen veredelte Lärmschutzwand
Wellige Felderlandschaft mit einer ausgedünnten Allee in der Ferne, einem Hochstand und einem Hasen, der von links nach rechts Richtung abgedeckter Strohballen hoppelt
Vertrocknete und verschrumpelte Sonnenblumen als Vergangenheitsboten
Zwischen sich gemächlich drehenden Windrädern steht eine kleine alte Scheune mit rotem Dach, ein Stück weiter ein verlorener Baum zwischen einem Sonnenkollektorenfeld. Schafe grasen dort und suchen Schutz unter den Solarmodulen.
Auf einer Brücke über die Autobahn zwei walkende Frauen in pink und gelb-zwei willkommene Farbtupfer
Die Autobahn als Windradallee
Abgestorbene Fichten neben einer Aufforstung mit kleinen Tannen
Landschaft mit zwei Vulkankegeln, der graue Regenhimmel dahinter etwas heller
Die Sababurg- wohnt dort noch Dornröschen?
Rot-weiße Windfahne warnt vor: Heftiger Windstoß auf der Talbrücke Breuna
Verlassener Wohnwagen an einem Feldweg

11 Uhr
„Keine Bauern-kein Bier“ Verpackte Heuballen dienen als Schreibunterlage
Hinter Kassel eine Villa mit blauem Satteldach und weißer Aufschrift- Besitzer mit einem Fußballherz hat Gelsenkirchener Wurzeln
Schlapper Glitzerluftballon, der in einem Baum hängt. Ein Smileyauge mit passendem Mundwinkel grüßt verknittert die Autofahrer
Sonnenstrahlen wärmen meine rechte Schulter, Blauerhimmelkleks im Grau
Schild „Friedland- Tor zur Freiheit“, links auf einem Berg die Spitzen einer Skulptur, versteckt hinter Bäumen
„Willkommen in Thüringen“ – wirklich?
Wachturmruinen
Leere Autobahn Richtung Halle- Tummelplatz für freie Fahrer –
BER-TA 429 is the Winner
Das dickmachende M-für uns nur ein WC Zeichen

Roterdige Abraumhalde mit leichtem Birkenbewuchs
Eine Damwildgruppe unter Bäumen mit Mispelballen
Willkommen in Sachsen-Anhalt #moderndenken
Erneut Abraumhallen, deutsche Pyramiden

Viiiieeeel Platz!
Keine Menschen, weder Bauern, noch Spaziergänger oder Jäger auf den Feldern, dafür eine Gruppe Schwäne
Und weiße Fahrräder am Straßenrand, die sich mit kleinen mit Plastikblumen geschmückten Kreuzen abwechseln-Alex-Sina-Elmo-Petra

13.50Uhr
Willkommen in Sachsen!
Wandbild „Stolz auf meine Heimatstadt“
Tattoostudio „La Tortura“ und ein Friseursalon „Der Haardieb“
Geduldiges Hinterherzöckeln 

Gruppen mit gewittergeschädigten Bäumen auf Feldern, zerfallene Häuser mittendrin.
Pause in Torgau. Stille Stadt mit imposantem Schloss.

Oben links: Teilansicht vom Marktplatz, rechts daneben und unten links Eindrücke vom Schloss Hartenfels aus dem 16. Jahrhundert. Unten rechts das „Denkmal der Begegnung“, ein Friedensmahnmal zu Ehren amerikanischer und russischer Soldaten, die sich am 25.April 1945 hier getroffen haben.
Die freitragende Treppe im großen Wendelstein an der Hoffront im Schloss hat es mir besonders angetan.

Willkommen in Brandenburg!
Lausitzer Landschaftsleere mit Greifvögeln am Himmel
Fahrt durch versprengte Dörfer a) mit Farbanstrich, b) ohne Farbanstrich oder c) ein rotes Haus zwischen grauen Maushäusern. Ich habe im Ohr, wie Dorfbewohner sich die Mäuler über dieses rote Haus zerreißen.


Kleiner Fuchs auf der Straße, überfahren
Vorbei an einem großen Pferdegestüt, Erinnerung an Gräfin von Döhnhoff
Alte Bockwindmühle, Milchkühe herumdrapiert
Von 1-5: Es gilt die Gefahrenstufe 3 eines Waldbrandes, so zeigen es verschiedene Schilder an.
Tag der offenen Tür auf dem Straußenhof am nächsten Sonntag
Endlich in Finsterwalde! Ein betriebsames Städtchen mit schönen Ecken.

Seit letzter Woche gehört die Sängertradition von Finsterwalde zu dem immateriellen Kulturgütern der UNESCO.

Alle zwei Jahre treffen sich Chöre aus vielen verschiedenen Ländern in diesem Ort- ein Festival, das zeigt, wie unterschiedlich Chormusik sein kann.

In Finsterwalde besuchten wir Bekannte, unser zweites Ziel war Halle, wo wir mehrere Tage wohnten. Was wir uns dort und in der Umgebung angesehen haben, darüber erzähle ich Ihnen in weiteren Beiträgen.

Das erste Knie in Wanne 2

Mir fliegen z.Zt. „Müllthemen“ zu. Im Juni berichtete ich Ihnen von der App „Müllweg“, mit der man deutschlandweit wilde Müllkippen melden kann. (Siehe auch unter P.S. ). Vor einigen Wochen erschien dieser Krimi:

Kommissar Brenner hat seinen Dienst bei der Wiener Polizei quittiert und arbeitet als „Mistler“ auf einem Betriebshof. (In Österreich nennt man diesen „Mistplatz“). Sein beschauliches Leben ist vorbei, als ein Mitarbeiter in einer Wanne ein Knie findet, kurz danach ein zweites Knie auftaucht, ein Arm, eine Hand in der Wanne für Altpapier usw. Die Polizei trifft ein, angeführt von Kommissar Kopf, dessen Chef Brenner früher war. Das Verhältnis der beiden war nicht das beste, sie besprachen immer nur das Nötigste miteinander.
Die Fundstücke gehören zu einer männlichen Leiche. Ihre Identität wird recht schnell festgestellt und die flüchtige Ehefrau wird des Mordes verdächtigt. Die Tochter verteidigt die Mutter und macht darauf aufmerksam, dass das Herz der väterlichen Leiche fehlt. Auch wirft sie zum ersten Mal das Wort „Organhandel“ in die Runde. Doch da sind sich Kopf und Brenner ausnahmsweise einmal einig und tun das als Hirngespinst ab. Brenners Einstellung zu diesem Thema ändert sich, als der Praktikant des Betriebshofes, mit dem sich die Tochter angefreundet hat, erst verschwindet und dann bei einem Unfall am Chiemsee umkommt. Brenners Gehirn arbeitet auf Hochtouren: Seitdem die Leichenteile gefunden wurden, tauchte der Chiemsee in Nebensätzen schon mehrmals auf. Doch in welchem Zusammenhang?

Wolf Haas ist und bleibt einer meiner bevorzugten Krimiautoren. Die Geschichte wird von einer unbekannten Person erzählt. Diese sehe ich vor mir, wie sie mit mir in einer Kneipe sitzt und mir in ihrem ganz eigenen Sprachstil, etwas schwadronierend, Brenners Erlebnisse erzählt.

P.S.: Inzwischen habe ich herausbekommen, dass man die Müllweg App nicht nur zum Melden von wilden Müllkippen benutzen kann, sondern auch, um auf andere Missstände hinzuweisen.

Wie man auf diesem Screenshot sieht, klappt ein Fenster auf, geht man auf den kleinen Pfeil links neben „Wilder Müll“. Nun kann man ein anderes Thema anklicken oder unter „Sonstiges“ auf etwas hinweisen. Ich habe beispielsweise auf frisch gepflanzte Bäume am Duisburger Hauptbahnhof aufmerksam gemacht, die schon halb vertrocknet waren und die unbedingt gegossen werden mussten. Einen Tag später bekam ich von den Wirtschaftsbetrieben die Bestätigung, dass man sich darum kümmern würde. (Ich denke positiv und glaube daran…).

Mein kleiner Wahlkampf hat begonnen

Alle Eltern und Großeltern, die seelenruhig oder gleichgültig sind, wenn es um die Frage geht, wie die Zukunft ihrer Kinder/ Enkel auf dieser Erde aussieht, beneide ich sehr. Mein Seelenfrieden ist angeschlagen.
Ich habe weder Enkel noch Kinder, aber ich gehöre zu der Generation, die diese Klimaveränderungen mit verursacht hat und da ist es für mich das Mindeste, die Personen zu unterstützen, die versuchen, noch Schlimmeres zu verhindern.

Dieser Zettel klebt an der Scheibe meines Autos und an ein paar anderen Plätzen. Ob er ein Elternpaar oder Großeltern zum Nachdenken bringt?

Am letzten Samstag (21.8.) erschien in der Rheinischen Post dieser „Sommerartikel“.

Der Sommer wird zur Bedrohung

ESSAY Er war die Jahreszeit, in der man nach draußen ging und das Leben leicht nahm. Das ist vorbei. Durch den Klimawandel hat sich die Natur gegen uns gewendet. Der Sommer ist nun Hochrisikogebiet. Ein Abgesang.VON PHILIPP HOLSTEIN

Dieser Sommer fühlt sich anders an. Vielleicht, weil vielen Menschen bewusst wird, dass diese Jahreszeit sich verändert hat. Dass sie womöglich nicht länger Anlass ist, sich zu freuen. Es könnte sogar sein, dass wir Abschied nehmen müssen vom Sommer, wie wir ihn kannten. Die Sonne hat sich gegen uns gewendet. „Wann kommt die Flut“ statt „Walking On Sunshine“.

Bisher war der Sommer ein Fluchtpunkt, ein Sehnsuchtsraum. Er war die Zeit der großen Ferien, in denen man frei von Verpflichtungen des Alltags an ferne Orte reiste. Im Sommer begab man sich zumeist in die Natur. Außerhalb der gewohnten Zusammenhänge bot sich die Gelegenheit, man selbst zu sein. Im Sommer fanden Hochzeiten statt, die Menschen kamen bei Sportturnieren und Kulturfestivals zusammen, sie verbrachten ganze Tage im Freibad, dufteten nach Chlor und Wassermelone. So viele Lieder, Bücher und Filme spielen in den Monaten Juli und August. „Stand By Me“ und „Call Me By Your Name“ erzählen vom Erwachsenwerden in der Sonne. „Summertime, when the livin’ is easy“, sang Billie Holiday.

Dieses Jahr zeigt uns, dass das Leben nicht mehr unbeschwert ist. Dabei sah es zunächst so aus, als würde das ein Spitzen-Sommer werden. Einen „Hot Vax Summer“ prognostizierten amerikanische Medien. Das Gros der Menschen würde geimpft sein, man könnte einander ohne Masken begegnen und den Wiedereintritt ins Leben feiern, hieß es. Renaissance in Badelatschen. Es kam anders: Hochrisikogebiet Sommer.

Die Delta-Variante sorgte dafür, dass viele Menschen Urlaubsreisen absagen mussten, weil ihr Ziel zum Virusvariantengebiet erklärt wurde. Zu Hause konnten sie nicht mehr einfach so ins Freibad gehen, sondern mussten Zeitfenster buchen. Und dann schlug das Wetter zu. 

In Deutschland, England, Belgien, China, Jemen, Indonesien und Indien gab es Starkregen und heftige Überschwemmungen. In Tschechien Tornados. In Italien, Sibirien, der Türkei, in Griechenland, Bulgarien und den USA brannte der Wald. Jeden Tag wurde der Wortschatz um einen katastrophalen Begriff erweitert: „Bootleg-Fire“, „Dixie-Brand“, „Hitzedom“. Die Folgen waren indes nicht mehr in Begriffe zu fassen. Viele Menschen starben. Viele verloren ihre Existenz. „Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist“, sagte Angela Merkel im Ahrtal.

Der Jetstream, der Wetterquirl also, ist schwächer geworden. Das bedeutet, dass Hoch- und Tiefdruckgebiete länger an einem Ort bleiben und extreme Wetterlagen begünstigen. Zwischen 1952 und 2011 habe sich die Dauer des Sommers von 78 auf 95 Tage verlängert, las man. Und dass die Atmosphäre in den vergangenen 100 Jahren um ein Grad wärmer geworden sei. Ein Grad Erwärmung bedeutet einerseits eine um 20 Prozent höhere Waldbrandgefahr; anderseits sieben Prozent mehr Wasser in der Atmosphäre. Und dieses Wasser will abregnen. Überall auf der Welt waren die Folgen des Klimawandels geballt und zur gleichen Zeit zu spüren.

Es gab Temperaturen bis 49 Grad. In den USA durften an Orten wie Kennewick keine Schulbusse mehr fahren, weil man es Kindern nicht zumuten konnte, darin zu sitzen. Feriencamps in der Natur wurden wegen der Hitze in Turnhallen verlegt. Im Sommer draußen zu sein, ist gefährlich geworden. Könnte sein, dass Sommer künftig gleichzusetzen ist mit sozialer Isolation, wie wir sie aus den Lockdowns kennen.

Früher habe man von „historischen Wetterphänomenen“ gesprochen oder von „Hitze ungekannten Ausmaßes,“ schreibt die „L. A. Times“. Heute sei es „das neue Normal“. Die BBC prognostiziert, der Sommer werde zu heiß für die Menschen. Und die „New York Times“ betrauert den Abschied vom bisherigen Verständnis des Sommers. Die geochronologische Epoche, in der wir leben, wird Anthropozän genannt. Der Begriff bezeichnet das Zeitalter, in dem der Mensch zum wichtigsten Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Nun wirkt es so, als könne der Mensch die Eingriffe in die Erde weder rückgängig machen noch mit ihren Folgen leben.

Die 24 Jahre alte Popsängerin Lorde hat soeben ein Album über den Sommer veröffentlicht. Es trägt den Namen „Solar Power“ und klingt wehmütig und trotzig zugleich. Im Interview mit dem „Spiegel“ beschreibt Lorde die Sonne als lebenspendende Kraft, die uns alle umbringen werde. Sie habe sich nostalgische Vorbilder für ihre Musik gesucht, die Eagles sowie Crosby, Stills & Nash etwa. Angesichts von Klimawandel, gesellschaftlichen Kluften und politischen Krisen falle es ihr sehr schwer, hoffnungsvoll in die Zukunft ihrer Generation zu blicken.

Aber vielleicht gibt es ja doch noch Anlass zur Hoffnung. Dann nämlich, wenn dieser Sommer auch von denen, die bisher skeptisch waren, als handfester Beweis gewertet wird, dass Klimawandel nichts Abstraktes ist. Wenn jetzt sofort und nicht vielleicht irgendwann mit größter Kraft und nicht bloß mit guter Absicht der Lebensstil verändert wird, der zu den Phänomenen führte, die nun mit Macht auftreten. Und wenn zudem schon praktisch für den Alltag der Zukunft vorgesorgt wird und etwa Städte mehr Parks bekommen, Bäche und Schatten und so weiter.

Die Verse aus dem Sommerhit von Mungo Jerry haben jedenfalls eine andere Bedeutung bekommen: „You can stretch right up and touch the sky / When the weather’s right.“

INFO49,6 Grad Celsius in British Columbia 

Prognose Bei einem sofortigen Stopp aller klimarelevanten Emissionen würde sich die Erde allein in diesem Jahrhundert um etwa 1,1 Grad erwärmen. Das zeigt eine Studie von Thorsten Mauritsen vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie und seinem Kollegen Robert Pincus, Wissenschaftler der University of Colorado, aus dem Jahr 2017.

Hitze 49,6 Grad Celsius zeigte das Thermometer Ende Juni in Lytton (Provinz British Columbia). Die örtliche Wetterbehörde teilte mit, der Wert sei der „Allzeit-Temperaturrekord“ für Kanada.

Hochwasser Bei der Flutkatastrophe dieses Sommers in Deutschland starben mehr als 180 Menschen. Betroffen sind Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Das Hochwasser gilt gemessen an der Opferzahl als schwerste Naturkatastrophe in Deutschland seit der Sturmflut 1962.

Mein französischer Weihnachtstisch

Ich habe in unserer Wohnung zwei weihnachtliche Tische, mit denen ich meine Vorfreude auf die Feiertage nach und nach erhöhe. Dieser ist der kleine Tisch:

Jeden Tag esse ich eine Madeleine (ist quasi ein französischer Adventskalender) und blättere dabei ein bisschen in den Parisbüchern. Der Tintin Comic und das Reclambändchen werden u.a. meine Feiertagslektüre sein. Den Paris-Armreif schenkte mir eine liebe Freundin, das SW-Foto erinnert mich an einen weiteren schönen Parisaufenthalt. Die Dame mit dem Hündchen-Karte ist eine Wackelkarte, wenn man sie bewegt, wird Madame auch mal sehr schlank. (Vor und nach Madeleinegenuss).
Der Tisch ist meine Art, das Fernweh etwas einzudämmen.