Heute beginnt für Meteorologen der Herbst. Ich möchte Sie mit ein paar herbstlichen Haikufotos darauf einstimmen.
Wer Lust auf mehr Haikus hat: Bis Ende Oktober gibt es in den Fenstern des AWO BBZ auf der Friedrich-Ebert-Str. in Rheinhausen eine kleine Fotoausstellung von mir.
“Legen Sie einen Vers von Friederike Mayröcker neben mich und ich schreibe Ihnen Bücher.“ Das ist ein Zitat des Filmemachers und Schriftstellers Alexander Kluge. Es machte mich neugierig und brachte mich dazu, mich endlich an ein Buch von Friederike Mayröcker zu wagen. ( In meinen Jahren als Buchhändlerin hielt mich immer eine gewisse Scheu von ihren Gedankenausflügen ab).
Wie schon im Klappentext zu lesen ist, soll man nicht versuchen, den Inhalt zu verstehen. Es sind Notizen und Gedanken, die die Lyrikerin zwischen ihrem 94sten und 96sten Lebensjahr gesammelt hat. Erinnerungsblitze an ihre Kindheit und ihre Liebe zu Ernst Jandl wechseln sich ab mit kurzen, intensiven Naturmomenten, Bildbetrachtungen und Gesprächsfetzen. Sie ist eine weise Frau, die sich mit fast kindlicher Neugierde ihrem Alltag stellt und immer wieder über Beobachtungen staunt. Ihre Sprache besteht aus Wörtern, die mich an ein zauberhaftes Wunderkerzenfeuerwerk erinnern. Wenn man sich darauf einlässt, bekommt man außergewöhnliche Lesemomente geschenkt und Mayröcker zeigt, welches Abenteuer die Sprache sein kann. Das Zitat von Alexander Kluge vestehe ich nun gut.
Ich möchte versuchen, Ihnen einen winzigen Eindruck zu vermitteln, auf welches Sprachabenteuer Sie sich bei der Lektüre einlassen. Um rechtliche Probleme mit dem Suhrkamp Verlag zu vermeiden, gebe ich nicht den Originaltext wieder, sondern habe selbst ein paar Zeilen geschrieben. Orthographische Eigenheiten sind gewollt.
Sch,sch,sch macht es im Nebennebelhaus, Einkleistern ist zu meistern. Oh je, Katzenfellchenhaare in der Bürste warten auf die Dinge. Struppi hat Tim mal wieder usw. Meine Hühnergötterchen beob…achten mich. bz,bz,bz Baustelle, naked bodies,Dentistenmusik,Schippenduell. Am Glasdach ein Libellchen, huschende Schattenspiele inklusive, il carnevale veneziano.
Mädelchen im weißen Kleidchen an der Kaiufermauer mit schwarzem Pudelchen. Oder war es rot? Nicht „Der Schrei“ von Munch bitte, ach Elstern etc. Ohrgeräusche übertünchen, ÜBERkleistern, ist doch zu, oder? Muttchen erinnerst du dich? Gardasee, ach war das. Hui, das Schiffchen im Wind. Doch dann Stau, stauer, am staunsten, Traudl bestaunt den Reiserückverkehr 1962. Auch der Teddy ist erstaunt.
Springen Sie ins kalte Wörterwasser der Friederike Mayröcker und lassen Sie sich von den Wunderkerzen erwärmen.
Auf der Suche nach einem schönen Spruch zum 70. Geburtstag bin ich im Internet durch Zufall auf eine Seite (Wikiquote) gestoßen, die u.a. afrikanische Sprichwörter veröffentlicht. Manche gefielen mir so gut, dass ich Ihnen eine kleine Auswahl heute vorstellen möchte.
Der Mensch ist die beste Medizin des Menschen.“ – Aus Nigeria
„Die Arbeit, die man sich selbst vorgenommen hat, ist nie unmöglich.“ – Sprichwort der Gikuyu
„Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Die nächstbeste Zeit ist jetzt.“ – Aus Uganda
„Ich zeigte dir den Mond, und du sahst nichts als meinen Finger.“ – Sprichwort der Sukuma
„Jemandem zu helfen, bedeutet nicht, sich selbst zu vernachlässigen.“ – Sprichwort der Mamprussi
„Schöne Dinge wachsen inmitten der Dornen.“ – Aus dem Kongo
„Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht dieser Welt verändern.“ – Sprichwort der Xhosa (Tansania, Südafrika, Botswana und Lesotho)
Eine junge Dame ohne Fehl und Tadel rezitierte lebhaft ein Gedicht über den britischen Adel und stand dabei auf dem Kopf einer roten Stecknadel. Von diesem fiel sie bald herunter und war danach leider nicht mehr ganz so munter. Ihr Zeh tat weh, ihr Genick war ziemlich dick und ihre Hand brauchte einen Verband. Auch blutete ihr Kinn. “Ach Vivien, warum macht das Leben so wenig Sinn?“ Das fragte sie sich von da ab immer wieder und sang nur noch sitzend traurige Lieder. Die Moral von dem Gedicht: Trittst du auf einer Stecknadel auf, nimm gleichmütig das folgende Unglück in Kauf.
Vor ein paar Tagen las ich in einer Zeitung ein Zitat von David Bowie über das Altern. Der Satz gefiel mir sehr gut und ich wollte ihn ausschneiden. Doch das vergaß ich (altersgerecht) und warf die Zeitung weg. Dass die Zeitung nicht mehr da war, merkte ich gestern. Kurz geärgert, dann bin ich im Internet auf die Suche nach dem Satz gegangen und rief diverse Seiten mit Zitaten auf. Das Thema Alter kommt in den Sammlungen nicht zu kurz und ich fand noch ein paar andere Sätze, die mir gefielen. Hier sind sie:
Das Alter, das man haben möchte, verdirbt das Alter, das man hat. (Paul von Heyse 1830-1914), deutscher Romanist, Novellist)
Das Alter ist kein Kerker, sondern ein Balkon, von dem man zugleich weiter und genauer sieht. Marie Luise Kaschnitz 1901-1974, deutsche Schriftstellerin)
Alter ist eine herrliche Sache, wenn man nicht verlernt hat, was anfangen heisst. (Martin Buber 1878-1965, österreichisch-jüdischer Religionsphilosoph)
Und zum Schluss der Satz von David Bowie:
Altern ist ein besonderer Prozess, bei dem du der Mensch wirst, der du immer schon hättest sein sollen. (Das Wort „wollen“ hätte ich auch gut gefunden).
Plötzlich sah ich drei Haifischflossen, sie kamen von rechts nach links angeschossen! Mein Herz fing heftig an zu pochen, nein, kein Zweifel, es waren Haie und keine Rochen. Ganz langsam trat ich den Rückzug an, mit den Augen immer an den Haien dran. Ich wollte nicht ihr Abendessen werden sie sollten mir mein Leben nicht verderben! Bitte nicht als Gehacktes enden- wo war die Chance, mein Schicksal zu wenden? „Hallo Linda, träumst du gerade vor dich hin?“ Ich verstand zuerst nicht der Worte Sinn. “Sollen wir dort drüben in das Museumscafé gehn, nach dem Spaziergang wäre das doch ganz schön.“ Mein Mann lächelte mich an und da wurde mir klar, dass ich nicht, oh es war so wunderbar, in einem Meer um mein Leben schwamm, sondern auf einer Wiese stand und unter meinen Füßen war ganz viel Land…
Noch Stille bei den Vögeln, ein paar Sterne blinken mich an. In einer Siedlung legen die Bewegungsmelder eine Extraschicht für mich ein. Hinter einem hellen Fenster sitzt ein Mann an einem Küchentisch und starrt auf den Bildschirm seines Laptops. Ihm scheint warm zu sein, in meiner Augenhöhe hat er nichts an. Eine Amsel meldet sich, aber sie erhält noch keine Antwort. Auf der Hauptstraße knattert eine Vespa vorbei und hinterlässt ihren typischen Benzingeruch. Ciao Napoli! Auf dem Rückweg kommt mir eine Frau entgegen. Meinen Morgengruß erwidert sie nicht, aber ihr dreibeiniger Hund schaut mich herzig an. Leere Busse haben es eilig und verzichten auf Geschwindigkeitsbegrenzungen. Fast wieder zuhause, kreuzt ein Jogger meinen Weg. Er telefoniert. Um 10 Uhr wird er sich mit Uwe im Konferenzraum treffen. Der Tag hat begonnen.
Vertieft in ein Gespräch mit einer anderen Frau- meine Mutter. Ich will nicht so sein wie meine Mutter.
Keine Zigaretten in die Hand nehmen, sie stinkt, meine Mutter. Keine langen Fingernägel haben, sie kratzt, meine Mutter. Keine Piercings tragen, beim Kuscheln tut sie mir weh, meine Mutter.
„Beschissen“, „Geil“, „Verkackt“, gerade lerne ich drei neue Wörter, die ich nicht zu meiner Tochter sagen werde.
Ja, ich werde eine Tochter haben, kein rosa Püppchen so wie meine Mutter.
Noch liege ich hier im Wagen, noch kann ich meiner Mutter nichts sagen…
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