Ihre Texte- ein Wunderkerzenfeuerwerk

“Legen Sie einen Vers von Friederike Mayröcker neben mich und ich schreibe Ihnen Bücher.“
Das ist ein Zitat des Filmemachers und Schriftstellers Alexander Kluge. Es machte mich neugierig und brachte mich dazu, mich endlich an ein Buch von Friederike Mayröcker zu wagen. ( In meinen Jahren als Buchhändlerin hielt mich immer eine gewisse Scheu von ihren Gedankenausflügen ab).

Wie schon im Klappentext zu lesen ist, soll man nicht versuchen, den Inhalt zu verstehen. Es sind Notizen und Gedanken, die die Lyrikerin zwischen ihrem 94sten und 96sten Lebensjahr gesammelt hat. Erinnerungsblitze an ihre Kindheit und ihre Liebe zu Ernst Jandl wechseln sich ab mit kurzen, intensiven Naturmomenten, Bildbetrachtungen und Gesprächsfetzen. Sie ist eine weise Frau, die sich mit fast kindlicher Neugierde ihrem Alltag stellt und immer wieder über Beobachtungen staunt.
Ihre Sprache besteht aus Wörtern, die mich an ein zauberhaftes Wunderkerzenfeuerwerk erinnern. Wenn man sich darauf einlässt, bekommt man außergewöhnliche Lesemomente geschenkt und Mayröcker zeigt, welches Abenteuer die Sprache sein kann. Das Zitat von Alexander Kluge vestehe ich nun gut.

Ich möchte versuchen, Ihnen einen winzigen Eindruck zu vermitteln, auf welches Sprachabenteuer Sie sich bei der Lektüre einlassen. Um rechtliche Probleme mit dem Suhrkamp Verlag zu vermeiden, gebe ich nicht den Originaltext wieder, sondern habe selbst ein paar Zeilen geschrieben. Orthographische Eigenheiten sind gewollt.

Sch,sch,sch macht es im Nebennebelhaus, Einkleistern ist zu meistern. Oh je, Katzenfellchenhaare in der Bürste warten auf die Dinge. Struppi hat Tim mal wieder usw. Meine Hühnergötterchen beob…achten mich.
bz,bz,bz
Baustelle, naked bodies,Dentistenmusik,Schippenduell. Am Glasdach ein Libellchen, huschende Schattenspiele inklusive, il carnevale veneziano.

Mädelchen im weißen Kleidchen an der Kaiufermauer mit schwarzem Pudelchen. Oder war es rot? Nicht „Der Schrei“ von Munch bitte, ach Elstern etc. Ohrgeräusche übertünchen, ÜBERkleistern, ist doch zu, oder? Muttchen erinnerst du dich? Gardasee, ach war das. Hui, das Schiffchen im Wind. Doch dann Stau, stauer, am staunsten, Traudl bestaunt den Reiserückverkehr 1962. Auch der Teddy ist erstaunt.

Springen Sie ins kalte Wörterwasser der Friederike Mayröcker und lassen Sie sich von den Wunderkerzen erwärmen.



Autor: linda

Wohne in Duisburg.

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