Die frische Morgenluft ist die erste Dusche an diesem Tag. Gehe los und störe zwei Amseln, die sich schon angeregt über ihre Träume unterhalten. Stille. Ein paar Schritte weiter sitzt ein stattlicher Hase und sieht mich an. Soll er weglaufen? Er bleibt sitzen. Stille, wäre da nicht das Geknirsche unter den Schuhen, wenn man auf einem Feldweg läuft. Eine alte gebrechliche Frau kommt aus einem Bauernhaus und holt die Tageszeitung aus dem Briefkasten, lächelnd wünscht sie einen guten Morgen. Ein paar Gänse fliegen am Himmel- gen Süden? Ein Baby weint hinter einem halbhochgezogenen Rolladen, fast wird es überstimmt von Spatzen, deren Geschilpe im Hinterhof widerhallt. Stille, bis eine Taube auf einem Schornstein zu gurren anfängt, einer Alternative zu einem Wecker, wenn das Schlafzimmer in der Nähe ist. Stille. Betörender Duft von Lindenblüten- ich bleibe stehen und genieße den Sommer. Fast schon wieder Zuhause, lacht mich die erste reife Brombeere an. Sie ist süß.
In nicht mehr allzu ferner Zukunft werden Zeitreisen möglich sein. Also warum sich nicht jetzt schon einmal informieren, welche „Hot Spots“ es gibt, die nicht so überlaufen sind, wie beispielsweise Ziele während des römischen Reichs oder Königskrönungen? Dieses Buch ist der ultimative Reiseführer und gehört in jeden Haushalt:
Von Reisen zu vergangenen Weltausstellungen wird eher abgeraten. Sie sind langweilig, denn man sieht als Zeitreisender dort zumeist nur Erfindungen, die einem schon bekannt sind, abgesehen vielleicht von der Blutegelmaschine zur Wetterbestimmung oder der sprechenden Schokolade. Dagegen ist für das Autorenteam eine Reise in die ehemalige DDR eine gesunde Mischung aus überraschenden gesellschaftlichen Entdeckungen und Nervenkitzel. Als noch kein anderes Land auf der Welt daran dachte, gab es in der DDR beispielsweise schon eine ordentliche Grundrente oder Müllverwertung, Kinder bekamen sogar einen kleinen Obolus für gesammeltes Altpapier. Die Bespitzelung von Bevölkerung und Touristen ist u.U. natürlich schon mit etwas Gefahr verbunden, aber wie sagt man so schön: No risk, no fun! Wer noch mehr Risiko und Adrenalinstöße sucht, wer gerne „Outdoor-Urlaub“ macht, für den eignen sichdie Jahrtausende, in denen Dinosaurier und andere Riesenspezies unsere Erde bevölkerten. Das Handbuch listet alle Vorteile für eine „Dinoreise“ auf, hält aber auch nicht mit den lebensbedrohenden Nachteilen hinter dem Berg. Auch Reisen in Kriegsgebiete sind bei einem gewissen Klientel beliebt, hier nennt der Reiseführer konkret Daten, an denen die Wahrscheinlichkeit, nicht getötet zu werden, am größten ist. Das A und O bei der Reisevorbereitung ist das Überprüfen, ob es in der Zeit, in die man reisen möchte, a) das Land/ den Kontinent überhaupt gibt, b) ob evtl. gerade eine Eiszeit herrscht, c) ein Meteoreinschlag oder Vulkanausbruch nicht bevorsteht d) Menschen, auf die man trifft, nicht Kannibalen sind, e)….Man muss Vieles überdenken, bevor man eine Reise in die Vergangenheit antritt. Ein Sonderkapitel befasst sich mit dem Thema „Auswandern und in der Vergangenheit ein neues Leben beginnen“ (Das sollte man sich wirklich 200% gründlich überlegen, denn früher war nicht alles besser), ein anderes Kapitel widmet sich den ethischen Problemen bei Zeitreisen. ( Mal eben ins ….Jahrhundert jetten und den ein oder anderen Bösewicht diskret aufhalten- keine gute Idee).
Dieses Buch gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Matthias Matschke. Wunderbar! Stellen Sie sich vor, ein jüngerer Theo Lingen erklärt Ihnen in gewohnter Oberlehrermanier, wie Sie sich zu verhalten haben. Ich hatte 2 1/2 Stunden viel Spaß.
Ich habe liebe Freunde, die regelmäßig die Süddeutsche Zeitung lesen und für mich das wöchentlich erscheinende SZ-Magazin aufheben. Letztlich bekam ich wieder eine volle Tasche mit gesammelten SZ-Magazinen und gestern widmete ich mich den ersten Ausgaben des großen Stapels. Die Titelblätter der Magazine sind oft schon ein Hingucker:
Was ich gestern besonders schätzte, waren die Hotelempfehlungen jeweils am Ende eines Heftes. Ein kleines Hotel in Syrakus auf Sizilien, ein altehrwürdiges in Locarno, ein weit abgelegenes auf Kreta- seit langer Zeit spürte ich wieder ein bisschen Fernweh. Mein bisheriger Lieblingsartikel war dieser:
Kurz bevor sie gehen, legen manche Japaner in Restaurants als Dankeschön für den Kellner auf den leeren Teller eine kleine Origamifigur, die sie aus Servietten oder anderem Papier gefaltet haben. Yuki Tatsumi hat inzwischen 12000 dieser kleinen Kunstwerke gesammelt und es gab inzwischen in Japan eine Ausstellung und ein Buch („Japanese Tip – Soul Of Japan On The Table„) erschien. Ich finde diese Geste sehr schön und versuchte mich direkt an einem Origami-Herz. Klappte ganz gut, jetzt fehlt nur noch ein Restaurantbesuch.
Nach dieser Vorlage faltete ich das Herz – gefunden auf „Pinterest“
Auch viele Fotostrecken in den Magazinen sind für mich inspirierend. Mir fiel dieses Mal auf, dass es z.Zt. wohl angesagt ist, verschwommene Bilder zu präsentieren. Also machte ich selbst ein paar Versuche.
In RotterdamBesucher im Bottroper QuadratNatürlich….in Paris!
Ich liebe die SZ-Magazine, aber gleichzeitig frustrieren sie mich auch ab und zu. Es gibt so viele Hinweise auf interessante Internetseiten. Ich zerfleddere die Zeitungen, hebe einzelne Seiten auf und nehme mir fest vor, zeitnah im Internet nachzulesen. Ich will ja nichts verpassen!
Meine Erfahrungen machen mich einfach nicht klüger. Im April arbeitete ich Seiten ab, die aus Magazinen von 2015/2016 stammten, einige Internetadressen waren inzwischen schon nicht mehr aktuell. Vielleicht hätte ich die Zeit besser so verbringen sollen?
Nein, ich freue mich schon wieder auf den nächsten Stapel, er ist ein gutes Rezept, wenn die Langeweile zu übermütig wird.
César Baldaccini war ein französischer Bildhauer, der u.a. Skulpturen erschuf, in dem er Rostautos zerdrückte- er wandte seine „Kompressionstechnik“ an. Als ich einen Beitrag darüber im Fernsehen sah, bekam ich Lust, das Komprimieren auszuprobieren. Als Material dafür kamen mir recht schnell Getränkedosen in den Sinn und ich machte mich mit dem Fahrrad auf, weggeworfene Dosen zu suchen. Das war schwerer als gedacht, denn die „Müllhoheit am Wegesrand“ hatten leere Getränkebecher oder „Müllermilchflaschen“. Aber auf einem Platz wurde ich fündig. Dieses Foto gibt die Stimmung des Platzes wieder:
Weihnachtsstimmung im Juli…
Wieder zuhause, lieh ich mir von meinem Mann einen Vorschlaghammer aus und bearbeitete damit die Dosen. (Sehr zu empfehlen für Momente, in denen man sich abreagieren möchte.) Hier eine kleine Auswahl meiner Kunstwerke (?):
Der ParfümflakonDer GoldfischDie Empörung Der schnarchende Buddha
In Duisburg soll es übrigens von César Baldaccini eine Skulptur geben mit dem Titel „L’Homme de Figanieres “. Ob ich sie im Kantpark finde?
Ja, ich kann und habe beim Zuschauen alles um mich herum vergessen:
Der Anlass, das Video mir anzusehen, war die Lektüre dieses Buches:
Ein feines Büchlein mit 127 Seiten, in dem der berühmte Pantomime Carlos Martínez mit einem Augenzwinkern kurze Geschichten erzählt, die er während seiner 30jährigen Laufbahn erlebt hat. Aber er wird auch ernst, wenn es um sein Verhältnis zu den vielen Garderoben geht, in denen er sich geschminkt hat, auf seinen Auftritt wartete oder fremde Menschen traf. Die Garderobe ist für ihn Mentorin, Geliebte, Gefährtin, immer für ihn da, immer bereit, seinen Gedanken zuzuhören oder ihn zu schützen. Die zweite wichtige Verbündete ist die Stille. Wenn er die weiße Farbe auf das Gesicht aufträgt, verliert er seine Worte und wird stumm. Die Stille bemächtigt sich seiner und erst nach dem Auftritt wird sie ihn wieder verlassen, wenn er sich bei den Zuschauern für den Besuch seiner Vorstellung bedanken wird.
Das Buch hat mich verzaubert. Nicht nur wegen seiner Geschichten, die das Feingefühl und die Menschenfreundlichkeit von Martínez widerspiegeln, sondern auch wegen der Zitate über die Stille in Kombination mit ausdrucksvollen Fotos von Martinez beim Schminken. Ich durfte für eine kurze Zeit teilhaben an einer mir fremden Welt.
„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Erinnern Sie sich noch, wer seine Sendung mit diesem Zitat immer beendete? Es war Marcel Reich-Ranicki, der in seinem „Literarischen Quartett“ mit dem Brechtzitat seine Zuhörer verabschiedete.
Ich habe dieses Buch als Hörbuch in den letzten Tagen genossen, allerdings passt o.g. Zitat hervorragend zu meinem Gefühl am Ende des Buches.
Der Untertitel auf dem Buch gibt an, wovon das Buch handelt. Es ist die Geschichte einer Hass-Liebe zwischen einem Autor und einem Literaturkritiker, die über Jahrzehnte andauert. Mir war dieses besondere Verhältnis zwischen den beiden bekannt, doch wusste ich nicht viel über die Hintergründe und wollte jetzt mehr erfahren.
Das Buch beginnt mit Kapiteln, in denen beider Kindheit erzählt wird, danach widmet es sich den so unterschiedlichen Schicksalen während des zweiten Weltkriegs. Diese Jahre sind für die zukünftigen Leben der Männer prägend. Grass war als junger Soldat Angehöriger der SS und suchte seinen großen Einsatz, Reich-Ranicki und seine Frau lebten erst im Warschauer Ghetto und nach ihrer Flucht viele Monate in Todesangst in einem Versteck. Mitte der 50er Jahre lernen sich beide kennen, sind sich nicht sympathisch und ihre Wege trennen sich wieder. Ihre gemeinsame Geschichte beginnt erst 1960, als Reich-Ranicki, inzwischen freiberuflicher Literaturkritiker in Deutschland, als einziger das so gefeierte Buch „Die Blechtrommel“ zerreißt und das große schriftstellerische Talent von Grass teilweise in Frage stellt. Wer interessiert ist an deutscher Geschichte ( z.B. das Engagement von Grass für Willy Brandt) und am deutschen Literaturbetrieb ( Einblicke in die „Gruppe 47“, auch ein bisschen Klatsch, schließlich Verleihung des Nobelpreises an Grass) wird bestens bedient. Die Inhalte mehrerer Bücher von Grass werden skizziert und ich bekam Lust, in der Danziger Trilogie mal wieder zu blättern und Passagen zu lesen.
Fassungslos am Ende des Buches war ich von der Art, wie Grass und Reich-Ranicki miteinander umgegangen sind. Wie können sich zwei hochintelligente Menschen über viele Jahre immer wieder so verletzen? Am Ende ihres Lebens wissen oder ahnen beide zumindest, wie sehr sie sich Schaden zugefügt haben. Immerhin.
Das Hörbuch wird von Gerd Heidenreich gesprochen. Lob von mir, ohne wenn und aber.
Vertieft in ein Gespräch mit einer anderen Frau- meine Mutter. Ich will nicht so sein wie meine Mutter.
Keine Zigaretten in die Hand nehmen, sie stinkt, meine Mutter. Keine langen Fingernägel haben, sie kratzt, meine Mutter. Keine Piercings tragen, beim Kuscheln tut sie mir weh, meine Mutter.
„Beschissen“, „Geil“, „Verkackt“, gerade lerne ich drei neue Wörter, die ich nicht zu meiner Tochter sagen werde.
Ja, ich werde eine Tochter haben, kein rosa Püppchen so wie meine Mutter.
Noch liege ich hier im Wagen, noch kann ich meiner Mutter nichts sagen…
Dieses Buch von Robert Walser kaufte ich mir vor Jahren. Ich weiß nicht mehr, ob es mir jemand persönlich empfohlen hat oder ob ich eine Besprechung gelesen habe. Damals verschwand es erst einmal im Buchregal, jetzt war seine Zeit gekommen.
Im Klappentext steht, das Jakob von Gunten Diener werden möchte, weil er „in der Erniedrigung die Freiheit sucht“. Diesen Gedanken fand ich ungewöhnlich und meine Neugierde auf das Buch stieg.
Jakob von Gunten kommt aus wohlhabendem Haus. Während sein älterer Bruder Johann ganz den Erwartungen der Eltern entspricht und in der Gesellschaft etwas darstellt (das Buch erschien 1908 und Berlin ist Ort der Geschichte), läuft Jakob von Zuhause weg. Er ist ein Freigeist, dessen hohe Intelligenz schnell erkennt, dass in der besseren Gesellschaft alles nur Fassade ist und die Menschen reglementiert leben. Jakob beschließt, eine Schule zu besuchen, die junge Männer zu Dienern ausbildet. Auf den ersten Blick scheint dieser Beruf eher eine Bestrafung für einen Mann zu sein, der seine Freiheit über alles liebt. Aber gerade durch das konsequente Untergeben wird nach Ansicht Jakobs eine unbegrenzte geistige Freiheit ermöglicht.
Die Schule ist ein merkwürdiger Ort. Das Geschwisterpaar Benjamenta leitet sie, andere Lehrer sind nicht da oder schlafen permanent. Die Ausbildung besteht hauptsächlich aus dem Auswendiglernen einer Broschüre und das Pauken von Benimmregeln. Jakob ist allen anderen Schülern weit überlegen und wickelt den strengen Direktor um den kleinen Finger. Dann stirbt dessen Schwester und die Schule wird kurz danach aufgelöst. Alle Schüler werden durch den Direktor als Diener weitervermittelt, nur Jakob lässt er nicht gehen. Er hat inzwischen erkannt, dass er auf die Gesellschaft von Jakob nicht mehr verzichten will und beide planen, gemeinsam Abenteuer zu bestehen.
Nachdem ich das Buch beendet hatte, beschäftigte mich dieser Gedanke,“Unterwerfung, um Freiheit zu erlangen“ noch länger. Man könnte ja noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass ich mich untergebe, macht mich nicht nur frei, sondern ich tue dazu noch etwas Gutes. Mein Herr benutzt mich als Fußabtreter, weil er sich schlecht fühlt oder ein psychisches Defizit hat. Nach der Erniedrigung meiner Person geht es ihm besser, wozu ich beigetragen habe. Also ist das Fußabtretersein ein gute Tat…
Nach diesen abschweifenden Überlegungen interessierten mich Besprechungen von anderen Lesern. Da bereits 1908 erschienen, äußerten sich beispielsweise schon Hermann Hesse zu dem Roman, in dem er lobend die Sprache erwähnte, bekannte Literaturkritiker vergleichen das Werk beispielsweise mit Romanen von Franz Kafka, deuten das Buch als Parodie auf den deutschen Bildungsroman oder es ist für sie eine „Märchenfabel“.
Wer nimmt die Herausforderung an und findet seine eigene Interpretation?
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.