Alice Springs am Niederrhein

Wer sich für Fotografie interessiert, findet z.Zt. im Schloss Moyland zwei sehenswerte Ausstellungen. Wir waren zu viert dort und alle waren sehr angetan.

Hier geht es zum „Digital Guide“ der Ausstellung: https://moyland.de/ausstellungen/alice-springs-retrospektive/digitaler-guide-alice-springs/

Den Besuch kann man mit einem Besuch im Schlosspark verbinden und sich dann im Café für die „geistige Arbeit“ belohnen und schwupps verbringt man einen schönen Nachmittag!

Im Land der Wölfe

In Grenzlitz stehen Bürgermeisterwahlen an. Die Sensation: In anderen sächsischen Gemeinden bieten sich bei dieser Wahl die konservative und die rechte Partei ein Kopf-an-Kopf-Rennen, in Grenzlitz erreicht Katja, die Spitzenkandidatin der Grünen, bei den bisherigen Umfragen 30 %. Als Nana, die in Berlin lebt und als Coach für Berufstätige arbeitet, davon hört, ist sie fasziniert und bietet Katja an, sie bis zum Wahltag zu begleiten. Katja stimmt zu und so fährt Nana in das Land der Wölfe.

Dort angekommen, eckt Nana als Außenstehende schnell mehrmals an und muss lernen, dass die Uhren in Grenzlitz völlig anders ticken als in der Hauptstadt. Jeder dritte Einwohner wählt potentiell die rechte Partei, also auch der Bäcker, die Kindergärtnerin, der Kneipenwirt. Man muss mit diesen Menschen den Alltag gemeinsam bewältigen. Erik, der lieber Frauenkleidung und lila Haare trägt und ein Baumhaus-Ferienparadies eröffnen will und auch Knut, ein Mann der seit 25 Jahren für grüne Ideen kämpft, erzählen Nana von ihren Erfahrungen mit der rechten Partei. Man braucht Rückgrat, Visionen und einen langen Atem, um es in Grenzlitz trotz Anfeindungen und Bedrohungen von Anhängern der Blauen auszuhalten. Besonders schwer fällt Nana anfänglich der Umgang mit Falk Schloßer, Justizvollzugsbeamter und im Wahlkampf aktiv für die rechte Partei tätig. Sein Duft und sein Auftreten erinnern Nana an ihren Exfreund Tom, mit dem sie zusammen in der Antifa-Bewegung auf Demonstrationen gegen Nazis gekämpft hat. Wie kann jemand wie Falk rechts wählen? Aber Nana hört ihm und anderen zu, lernt, beginnt zu verstehen und Falk zu mögen. Sie überzeugt Katja, die sich zu der rechten Partei hin zuerst abschottet, auf ihren politischen Gegner zuzugehen.
Kurz vor der Wahl findet das islamische Zuckerfest auf dem Marktplatz statt. Nana und Katja sind mit dabei und viele Bürger feiern friedlich, bis eine rechte Schlägertruppe auftaucht, an deren Spitze Falk Schloßer steht. Es kommt zu Auseinandersetzungen. Nana fährt unter Schock kurz nach Berlin zurück. Hier kann sie wieder in der Anonymität frei atmen und den rechten Mief hinter sich lassen. Sie hofft auch auf ein Gespräch mit ihrem Bruder Noah, mit dem sie sich vor ihrer Abreise zerstritten hat. Es gab zwischen ihnen seitdem nur Emailverkehr und aus diesem erfährt man, dass Nana noch eine ganz andere Baustelle hat, nämlich die traurige Geschichte ihrer eigenen Familie, vor deren Aufarbeitung sie bisher immer geflohen ist. Als sie Noah in Berlin nicht antrifft wird ihr klar, dass sie in Berlin ganz alleine ist und kehrt nach Grenzlitz zurück. Beim ersten Wahldurchgang am Sonntag muss sie Katja zur Seite stehen. Das Ergebnis ist unglaublich knapp.

In diesen Roman fließen die Erfahrungen der Autorin, die sie während eines mehrtägigen Aufenthalts in Görlitz gemacht hat. Sie beschreibt sehr differenziert die Lebensumstände der jungen und alten Beteiligten und dass es teilweise schwer ist, diese im Westen zu verstehen. Miteinander respektvoll (!) sprechen und versuchen, die Gemeinschaft zu retten, das sollte für alle die oberste Priorität sein.

Weggucken ist leichter

In diesem Jugendbuch wird die Geschichte von Finn und seiner Familie erzählt. Sie leben in einer mittelgroßen Stadt, ihr Leben verläuft am Anfang noch friedlich. Das ändert sich, als Finn, sein Freund Lennard und das Mädchen Sam beschließen, sich mit Likes und Kommentaren in den Sozialen Medien gegenseitig zu unterstützen, um den Bekanntheitsgrad ihrer jeweiligen Videos vergrößern. Finn sieht plötzlich zig Hasskommentare unter seinen Filmen, weil er zu Sam, deren Eltern aus Angola kommen, Kontakt hat. Seinen Eltern erzählt Finn nichts davon und versucht, diese Angriffe zu ignorieren. Parallel dazu fordert Finns Vater, der in Finns Schule Lehrer ist, die Aufklärung eines rassistischen Vorfalls. Der Direktor und einige aus der Kollegschaft tun dies als dummen Jungen Streich ab und machen nichts dagegen. Auch ein weiterer Vorfall wird heruntergespielt, worauf der Vater anonym einen Brief an die Presse schickt, in dem er die rechte Blindheit an der Schule beschreibt. Dieser Brief schlägt hohe Wellen.
Finn ist in der Schule mittlerweile immer wieder verbalen Angriffen einer rechten Clique ausgesetzt, was sich verschlimmert, als herauskommt, dass sein Vater den Brief geschrieben hat. Er wird bedroht und schikaniert, sein Freund und andere Mitschüler ziehen sich zurück, selbst einige Lehrer sind ihm gegenüber nicht neutral.
Der Bekanntheitsgrad des Vaters steigt durch einen Fernsehauftritt und die Situation eskaliert. Es stehen Wahlen an und der Kandidat der rechten „WIR“ Partei wird der neue Bürgermeister. Am Haus der Familie taucht zuerst ein Hakenkreuz aus, dann wird der Garten verwüstet. Die Polizei nimmt die Anzeigen nur widerwillig auf, für sie sind es Lappalien. Nur wenige Nachbarn unterstützen die Familie, für die meisten Bewohner der Stadt werden die Eltern immer mehr zu unerwünschten Personen. Auf dem Sportplatz wird Finn von vier Männern aus dem Lager des Bürgermeisters gezielt mit Baseballschlägern bedroht. Dank einer Gruppe anderer Sportler, die sich vor Finn stellen, kommt es nicht zu einer Auseinandersetzung. Auch hier findet die Polizei Gründe, nicht einzuschreiten.
Das Buch hat kein Happyend, denn die Familie fühlt sich nicht mehr sicher und zieht in eine andere Stadt.

Der Autor schreibt zumeist aus der Sicht von Finn und dies ohne Schnörkel oder Anbiederung an die Jugendsprache. Das Buch ist spannend zu lesen und mit voranschreitender Handlung nimmt das ungute Gefühl zu. Es wird weggeschaut, sei es aus Gleichgültigkeit, Angst oder dem Sympathisieren mit rechtem Gedankengut. Glücklicherweise gibt es aber auch immer wieder Szenen, in denen Menschen Zivilcourage beweisen und sie zeigen den Weg, wie man Rechtspopulisten in die Schranken weisen kann.

Ein Buch, das nicht nur für Jugendliche ( ab 13) geschrieben ist. Man kann es in der Familie oder in der Schule als Grundlage für Gespräche nehmen, in denen es auch um die eigene Einstellung zum Rechtspopulismus geht.

Mit dem Suchtlappen durch den Fernsehsommer

Nach vielen Jahren habe ich im Sommer wieder mit dem Stricken angefangen. Fußball-EM, Tour de France, Darts Premier League, Olympiade, da kam ziemlich viel Zeit zusammen, die ich mit meinem Mann vor dem Fernseher verbracht habe und ich hatte das Verlangen, nebenbei noch etwas anderes zu tun.
Im Mai und Juni war es ja regnerisch und ich sehnte mich nach ein bisschen Sonne. Das spielte wohl eine Rolle bei der Farbauswahl für meinen ersten Pullunder. Die Wolle ist von „Sunshine Wool Addicts“.

Kann ich so oder so tragen und freue mich, dass ein alter gelber Pullover wieder zu Ehren kommt. Die beiden Broschen rechts sind eigentlich Magnete, die ich jeweils auf einen Pin geklebt habe. Die Figuren wurden von dem Bauhauskünstler Oskar Schlemmer erdacht.

Eigentlich wollte ich danach aufhören (das war nach der Tour de France), doch entdeckte ich auf YouTube die Videos von Anita Plechinger. Stellen Sie sich vor, eine sympathische Frau erklärt Ihnen im „Herbert Knebel Style“, wie Sie einen Suchtlappen stricken- ich konnte nicht widerstehen und kaufte mir erneut Wolle.

Dies ist mein zweites Werk, sehr warm und kuschelig, so dass ich im August und September beim Stricken öfter ins Schwitzen kam.

Diese Wolle (Maila Multicolor von Austermann) habe ich geliebt. Auf dem Foto nicht so gut erkennbar: Die gelben Tupfen schimmern golden und das Blau erinnert an einen wolkenlosen Sommerhimmel.

Meine Freundin Ilse war von den Videos ebenso begeistert und fing auch wieder zu stricken. an. „ Das Ding“ hatte es ihr angetan und es sieht sehr chic aus!

Hier die Anleitung zum Ding:

Stricke ich weiter? Ja, denn demnächst kommen wieder Darts -und Sumowettkämpfe und ein Snooker Match kann auch mal spannend sein. Diese Wolle wird mich in den nächsten Wochen begleiten…

Wenn da bei der Auswahl nicht auch ein Hintergedanke ist- Welcher könnte es sein?

Oktoberabschied

Rose nickt mir zu
und schickt mir liebe Grüße
vom letzten Sommer

Intensiver Duft
im traurigen Haus dank der
Engelstrompete

Herbstspaziergänge- mal so…

Ein Pfützenpilz steht
rechts am Weg. Wer hat wohl schon
aus ihm getrunken?

Zwei Heukumpane-
großzügig verteilen sie
die gute Laune.

Farbkastenblätter-
Inspiration für schöne
Wintermalstunden

Oder mal so….

Und heute, am Ende des Monats, wird gefeiert-Happy Halloween!

Und was bringt der November?

Der Monat der Trauer und Melancholie…

Auf die Gesundheit muss man besonders achten!

Aber man darf sich auch freuen auf kuschelige Tage:

Ja und dann sind da noch der „Suchtlappen“ und das „Ding“, mit denen man sich vergnügen kann. Darüber mehr im nächsten Beitrag.

Was passiert im Pavillon 44?

Der Autor hat für dieses Buch mehrere Jahre in verschiedenen psychischen Kliniken recherchiert.

Die Schriftstellerin Aliza Berg möchte einen biografischen Roman schreiben über Dr. Dr. Siegfried Lobell, dem Chef der psychiatrischen Anstalten in Wien. Lobell fühlt sich geschmeichelt und bietet ihr an, vor Ort in einem Gästezimmer zu wohnen und ihn bei seiner täglichen Arbeit zu begleiten.
In den nächsten Tagen lernt Aliza auch die Bewohner des Pavillons 44 kennen. Hier wohnen vier Patienten, um die sich Lobell besonders kümmert. Da ist einmal Claudia Hofer mit einer nur schwer therapierbaren Persönlichkeitsstörung, denn sie verweigert jegliche Zusammenarbeit. Sie will kein „normaler Mensch“ werden, der bei all den Gräueltaten auf der Welt nur die Schultern zuckt. Die „Grande Dame“ des Pavillons ist die manisch-depressive Cecilie Weisz, die glaubt, sie sei 6212 Jahre alt.
Der dritte Patient heißt Sebastian Dimsch. Er besitzt einen gesunden Menschenverstand und trägt das Herz auf dem rechten Fleck. Allerdings hat er Wahnvorstellungen und meint, dass er seine klugen Gedanken von seinem verstorbenen Freund Frantisek eingeflüstert bekommt. Und schließlich wohnt im Pavillon 44 noch ein junger Mann, der sich für Jesus hält. Er sieht aus wie Jesus und wenn er etwas sagt oder tut, hören die Menschen ihm zu und sind von seiner Aura eingenommen. Jesus sucht seinen Vater und begab sich dafür schon öfter in Lebensgefahr, so wurde er Patient.
Lobell genießt beim Wiener Bürgermeister Narrenfreiheit und damit kann Lobell seine eigenen kleinen Merkwürdigkeiten ausleben und seinen Heilungsansatz verfolgen, indem er möglichst wenige Medikamente einsetzt. Sein Credo ist es, dass Patienten sich gegenseitig helfen und heilen können. Lobells Widersacher, Dr. Christian Thaler, setzt dagegen als Handlanger der befreundeten Pharmaindustrie auf die neusten Pillen und Spritzen.

Aliza Berg und Siegfried Lobell erzählen abwechselnd. Die ersten Tage in der Klinik verlaufen ruhig, sind nur gespickt mit dem normalen Wahnsinn. Doch dann taucht ein merkwürdiges Graffiti am Pavillon auf und kurze Zeit später flüchten erst Jesus und dann auch Sebastian Dimsch. Wir lesen, was ihnen in der Wiener Innenstadt widerfährt. Dann macht sich Lobell persönlich auf die Suche und in der Klinik läuft mit Thaler als Chef einiges aus dem Ruder.

Sie lieben das Skurile? Dann kommen Sie bei „Pavillon 44“ auf Ihre Kosten. Manchmal kamen mir Zweifel, ob Berg und Lobell nicht vielleicht auch Patienten sind, die sich ihre Leben nur einbilden.
Allerdings bietet der Roman noch mehr. Der österreichische Autor rechnet mit seinen korrupten und manchmal auch verhaltensauffälligen Landsleuten ab. Einige Aussagen des Patienten Sebastian Dimsch möchte man unterstreichen, über die abgeklärte Lebenseinstellung von Jesus ließe sich einmal nachdenken.


Verstecktes Perlchen im Ruhrgebiet

Gestern machten wir einen Ausflug in eine Stadt im Ruhrgebiet. Wissen Sie, wo wir waren? (Es ist nicht Hattingen!)

Wir besuchten die Altstadt, links ein Denkmal für den Nachtwächter Hieronimus.

Auslöser unseres Besuchs war diese Veranstaltungswoche:

Wir hatten bisher nicht gewusst, dass Mülheim eine so schnuckelige Altstadt hat und der Spaziergang durch die Gässchen war bei dem schönen Herbstwetter etwas Feines. Allerdings waren fast alle Geschäfte, die Restaurants und auch die Künstlerhäuser mit ihren Gärten entgegen der Ankündigung in der WAZ an diesem Dienstag geschlossen. Sehr schade und auch unverständlich, wenn man für offene Häuser während einer ganzen Woche wirbt. Wir trösteten uns mit einem Besuch auf dem nachgelegenen alten Friedhof und fuhren dann zum Kloster Saarn, wo es ein am Dienstag geöffnetes Café mit guten Kuchen gibt.

„Irrweg der Moderne“ als Urlaubsziel

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Bauhaus-Bewegung als „entartet“ verfolgt, doch der Stil setzte sich durch und seit 1996 gehören mehrere Bauhausgebäude in Dessau, Weimar und Bernau zum UNESCO Welt Kulturerbe. 2025 feiert das Bauhaus 100jähriges Jubiläum ud nun greift die AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt das Erbe der Bauhaus-Bewegung an. In einem Antrag, der am Freitag im Magdeburger Landtag diskutiert werden soll, heißt es, Bauhaus dürfe nicht übermäßig glorifiziert werden. Unter der Überschrift »Irrweg der Moderne« fordert die AfD eine »kritische Auseinandersetzung« mit Bauhaus um ein angeblich »seriöses und kulturgeschichtliches Gesamtbild« zu erstellen. U.a. wird kritisiert, dass die kulturelle Vielfalt durch diesen Baustil verloren gegangen sei. Kulturelle Vielfalt ? Im AfD-Grundsatzprogramm vom Mai 2017 heißt es: „Die Ideologie des Multikulturalismus, die importierte kulturelle Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen Kultur gleichstellt und deren Werte damit zutiefst relativiert, betrachtet die AfD als ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit. Ihr gegenüber müssen der Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle Identität als Leitkultur selbstbewusst verteidigen.“

Im April besuchten mein Mann und ich die Bauhaus Stadt Dessau. (Siehe unten). Haben wir unseren Urlaub in einer Wüste von „Bausünden“ verbracht?

Das Musical Anatevka- ist es noch zeitgemäß?

In dieser und der nächsten Spielzeit der Deutschen Oper am Rhein habe ich das Vergnügen, als „Scout“ Premieren zu besuchen und im Anschluss daran mich mit anderen Scouts (wir sind dieses Jahr 11 Personen) auszutauschen, bzw. eine kleine Rezension zu schreiben. Dabei wird besonders darauf wert gelegt, dass die Scouts nicht nur das Stück selbst, sondern auch die Örtlichkeiten und das Davor und Danach bewerten.
(Wer mehr über dieses Projekt wissen möchte, letzte Woche erschien dazu ein Zeitungsbericht in der Rheinischen Post: https://rp-online.de/nrw/staedte/duisburg/duisburg-die-neuen-opernscouts-der-rheinischen-post_aid-120108911

„ Anatevka“ war am Freitag unser erster Premierenbesuch. Das Musical nahm mich direkt gefangen, als am Anfang das Lied „Tradition“ mit Stimmgewalt gesungen wurde. Sangen 50 Künstler (die ganze Dorfgemeinschaft von Anatevka auf der Bühne? Im weiteren Verlauf des Stücks war ich immer wieder beeindruckt von der Musik, Anatevka sollte nicht nur wegen „Wenn ich einmal reich wär“ bekannt sein, es bietet noch andere schöne „Ohrwürmer“. Was mich ebenfalls begeisterte, war das Bühnenbild mit den wandelbaren Tüchern.  In der Szene des Schabbatgebetes kam die Idee besonders zum Tragen. Durch die Transparenz der Tücher, durch die man andere Familien sehen konnte, die eine Kerze anzünden, ging  dieser Moment zu Herzen.

Und dann die Hochzeit von Zeitel und Mottel. Welche Achterbahn der Gefühle! Zuerst pure Lebensfreude mit dem Flaschentanz, dann menschelte es, als Tevje und Lazar Wolf sich wieder streiten und dann die Gewalt der russischen Männer, die randalieren und am Ende die Fiedel zerschlagen. Totenstille. Diese Szene werde ich sicherlich nicht vergessen.

Immer noch aufgewühlt und beeindruckt, war ich nach der Pause gespannt auf den zweiten Teil. Doch für mich fiel dieser musikalisch und szenisch etwas ab bis zu dem Moment, als Tevje still alleine auf der Bühne steht und der Vorhang fällt. Ein Ende, das wohl niemanden unberührt ließ.

Ich konnte mich am Anfang mit Andreas Bittl als Tevje nicht anfreunden. Zu sehr hatte ich noch Ivan Rebroff im Kopf. Aber im Laufe des Abends änderte es sich und seine Dialoge mit Gott oder sich selbst ließen mich schmunzeln. Die anderen Schauspieler und Schauspielerinnen spielten auch gut, die Gesangsstimmen waren alle angenehm

Mir hat das Musical gefallen, auch dank des mit Hingabe spielenden Orchesters und ich reihte mich gerne am Ende mit ein in die Standing Orvations des Publikums. Das Thema „Traditionen“ hat meiner Meinung nach etwas an Aktualität verloren, doch „Vertreibung“ ist umso aktueller und diese Mischung macht es nach wie vor zu einem außergewöhnlichen Musical, dem ich viele Zuschauer wünsche.

Als kleinen Appetitanreger hier ein Trailer einer Aufführung vom Saarländischen Staatstheater:

Bier und Käse rate ich dir

Anfang der Woche nahmen wir an einer Bier/Käseverkostung in der König Brauerei in Duisburg teil.

Nach einer halbstündigen Führung durch die Brauerei (bei der wir nur einen Mitarbeiter sahen, der mehrere Bildschirme überwachte, alles andere lief maschinell ab),

Während der Führung durfte man nicht fotografieren, dieses Foto habe ich bei Pixabay gefunden, es passt gut zu dem, was wir gesehen haben.

nahmen wir in dem gemütlichen Bierkeller Platz. Fünf verschiedene Biere wurden uns mit sieben Käsesorten präsentiert. Die Bier-Sommelière Madeline Huke führte uns sehr sachkundig durch den Abend und ihre Begeisterung für Bier in Kombination mit Käse steckte uns alle an.

Wir „untersuchten“ jedes Bier wie ein Glas Wein und steckten erst eimal unsere Nasen in das besondere Glas für Bierverkostungen. Welche Aromen riechen wir? Wie ist die Farbe des Bieres, wie ist der Schaum? Ist das Bier durchsichtig oder trüb? Dann der erste Schluck. Ist der Antrunk prickelnd oder etwas ölig? Schmeckt das Bier bitter? Lieblich? Harmonisch oder vielleicht „auf Krawall gebürstet“? Die Meinungen innerhalb der elfköpfigen Gruppe gingen manchmal weit auseinander.

Diese Gläserformen eignen sich besonders für eine Bierverkostung. Links unten: Diese beiden Käsesorten wurden zu einem Benediktiner Weissbier gereicht: Ein „Bettine Ziegenfrischkäse Natur“- sehr harmonisch. Rechts ein „Bergader Bavaria Blu würzig“. Hier prallten zwei Geschmackswelten aufeinander und wurden zusammen zu etwas sehr Köstlichem.

Das erste Bier war ein Königs Pilsener. Hier gab es 98% Übereinstimmung, dass das Bier einfach nur lecker ist. Leckerer wurde es dann noch durch einen „Heublumen Rebell“ Schnittkäse- Perfekte Harmonie! Gibt es eine Steigerung? Ja, mit dem „ Haidy Bayernmaid Honig Senf“!

Eine völlig andere Erfahrung machten wir mit dem „Crew Republic Dunken Sailor IPA“, einem Exportbier, das aus der weltweiten Craft-Bier-Bewegung hervorgegangen ist.

Der Duft: blumig, etwas süßlich, schließt man die Augen, befindet man sich in einem Sommergarten in Italien. Der erste Schluck: Uaaah, was ist das denn? Der Geschmack wird zunehmend bitterer und verabschiedet sich mit einem intensiven Hopfengeschmack.

Foto von Pixabay

Wir waren irritiert. Doch dann kam der Käse: Ein scharfer „Jalapeno“ Schnittkäse. Der Käse allein gegessen trieb mir die Tränen in die Augen, mit einem Stückchen Brot ging es besser. Das IPA und der Käse wurden zu einer Geschmackssymphonie, denn plötzlich schmeckte das Bier süßlich und beschwichtigte den Gaumen.

Nach 2 1/2 Stunden waren wir um einige Geschmackserfahrungen und viel Bierwissen reicher. Mal ein kaltes Bier „wegzischen“ ist weiterhin erlaubt, aber ich werde zukünftig auf Reisen lokalen Bieren mehr Trinkbewusstsein zukommen lassen und hoffe, weitere schöne Biermomente zu erleben.

Die besonderen Käsesorten hatte Frau Huke übrigens in der Käsetheke von REWE gefunden.

Keine bezahlte Werbung!