Kriegen wir das hin?

 

Wann haben Sie das letzte Mal ein Gedicht auswendig gelernt? Für das wöchentliche Thema “Gehirnjogging” habe ich mir vorgenommen, mir dieses Gedicht einzuprägen. Es heißt “Guter Rat” und ist von Theodor Fontane. Machen Sie mit? Morgen erzähle ich dann ein bisschen, wie lange es bei mir gedauert hat.

Auf gehts!

Bitte das Buch von hinten anfangen

 Dieses Buch fand ich in einem meiner “Später mal lesen”- Kartons und entdeckte damit einen kleinen Schatz. Sehr konservativ fing ich vorne zu lesen an, in der Erwartung, dass das Buch eine Art “Best of” deutscher Lyrikerinnen war. Falsch gedacht! Nachdem mir nur drei Autorennamen überhaupt etwas sagten und ich die ersten Gedichte z.T. auch recht bieder fand, blätterte ich glücklicherweise bis nach hinten durch, wo man Kurzbiografien der Autorinnen aufgelistet hat und ein Nachwort über diese Gedichtsammlung aufklärt. Die Autorinnen wurden zwischen 1880 und 1920 geboren, also in einer Zeit, wo Traditionelles von Modernem abgelöst wurde. ( Man denke z.B. in der Kunst an Expressionismus). So erklären sich bei den Gedichten die sehr unterschiedlichen Stile und Themen ( z.B. Alltagsbewältigung, Naturbeschreibungen, Erotik, Beziehungen zwischen Mann und Frau) und das macht das Büchlein besonders. Viele der 29 Autorinnen waren zu ihren Lebenszeiten sehr bekannt und ihre Romane und Lyrikbände hatten mehrere Auflagen. Heute kennt man ihre Werke kaum noch, zu Unrecht. Hier ein paar Gedichte als Beispiele:

  

Was der Mond sein kann (Woche des Mondes Nr. 2)

Heute kommen die Lyrikfreunde auf ihre Kosten. Hier ein Mondgedicht, das mir besonders gut gefallen hat:

Von Siegfried Stöbesand · geb. 1954

neue sachlichkeit

habe den mond betrachtet
und dann das:
der mond hat gar kein gesicht
er soll nur aus staub, sand und stein bestehen
krater und geröll
wüstenlandschaften
die winde halten sich in grenzen
und an wasser mangelt es

lass mir meinen mond
in der nacht
wenn über der großstadt oben weit
und prächtig hell scheinend
das märchengesicht
das traumgesicht
in die scheibe geritzt
ein friedliches bild

so kühl und so warm
so ernst und so heiter
so bedenklich und so gelassen
wenn mir nicht wohl ist
wenn mir der kopf zerspringt
wenn mir die lust vergeht
dann mag ich keine sachlichkeit
dann mag ich nur

staunen und mir erträumen
das gesicht das milde gesagt so lieblich ist

?

Duisburger Limericks

Dieses Buch fand ich vor ein paar Tagen in einem Antiquariat. Ich liebe englische Limericks und bin über meinen Kauf ganz beglückt. Die Limericks sind in englischer Sprache und der Inhalt wird jeweils nur kurz in deutscher Sprache erklärt. Der Untertitel des Buches lautet “mit dem nötigen Kommentar für Nicht-Engländer”. Das Buch von Jürgen Dahl gibt also auch eine theoretische Einführung zu diesem Thema (in deutscher Sprache) und weist u.a. darauf hin, dass unsere Sprache nicht so gut geeignet ist, weil wir z.B. zu wenig kurze Wörter haben. 

Nach der Lektüre des Buches rumorte es aber in meinem Kopf, es brauten sich, ob ich wollte oder nicht, Limericks zusammen. Und das machte dann doch viel Spaß. Hier sind sie, ganz vorschriftsmäßig gereimt a-a-b-b-a:

Pia aus Duisburg wünschte sich eine Kanne
zum Geburtstag von ihrer Freundin Marianne.
Sie bekam Geschenke, es waren vier:
einen Ring, einen Schal, ein Glas für Bier
und eine Pfanne anstatt der Kanne – welch eine Panne!

Tom wollte sich endlich mal wieder verlieben,
so ging er in Duisburger Discos, an der Zahl sieben.
Dort tanzte er und sprach auch Mädchen an,
doch keine zog er in seinen Bann.
Waren die gelben Plateauschuhe übertrieben?

Gitty Pih gehörte zu den Duisburger Mücken,
die oben wohnte auf einer der vielen Brücken.
Tagaus tagein beobachtete sie die Leute
nur die wenigsten waren eine satt machende Beute.
Ausnahme: Der Duisburg Marathon mit schweißnasse Rücken.

Das Buch gibt es übrigens im Internet gebraucht noch für kleines Geld.

Wenn Sie auch in Limerickreinlaune kommen, würde ich mich sehr über Ihre Zuschriften freuen!

 

 

 

 

Ich war perplex…

….  als ich las, wer dieses aktuelle Gedicht geschrieben hat:

Der Verfasser dieser Zeilen ist der Engländer Thomas Bastard, ein nahezu unbekannter Dichter der zur Zeit……Shakespeares !!! lebte. (1565-1618).  Er schrieb das Gedicht, um gegen die Abholzung der Wälder für den Bau der Kriegsflotte zu protestieren.

Dieses Gedicht fand ich ebenfalls in dem Buch “Was ist ein gutes Gedicht?” von Hans-Dieter Gelfert.

 

Was ist ein gutes Gedicht?

 Leider hat während meiner Schulzeit kein Deutschlehrer dieses Thema behandelt oder zumindest versucht, uns Schülern Gedichte etwas schmackhaft zu machen. Dies empfand ich als Erwachsene immer als Mangel, denn Gedichte sind für mich ein Stück Kultur. Ich unternahm immer wieder Versuche, mich mit Gedichten anzufreunden, aber außer bei Haikus funkte es nur selten. So war ich sehr beglückt, als ich letztes Jahr dieses Buch entdeckte. Sehr hoffnungsvoll fing ich es letzte Woche zu lesen an.

Mein Resumee: Das Buch ist für Personen wie mich z.T. keine leichte Kost, denn der Autor wirft in einigen Kapiteln, in denen er die verschiedenen Möglichkeiten beim Aufbau eines Gedichtes erklärt, mit diversen literaturwissenschaftlichen Begriffen um sich und erklärt sie nur teilweise. So muss man googeln, um alles zu verstehen.

In den meisten Kapiteln geht er aber auf bestimmte Lyriker ein oder erklärt die unterschiedlich Motivationen, warum Gedichte geschrieben wurden (und werden). Auch hier waren drei Kapitel keine einfache Bettlektüre.

Trotz dieser “Ja, aber” möchte ich das Buch empfehlen, denn es hat meine Lust auf die Werke einiger Lyriker geweckt und dafür bin ich sehr dankbar. Außerdem erfährt man vom Autor, wie die Auswahlen in verschiedenen Gedichtsammlungen, die es z.Zt. auf dem deutschen Buchmarkt gibt, zustande kamen. (Kritisch beschreibt er, ich staunte, den Lyrik-Kanon von Marcel Reich-Ranicki). Jede Auswahl bietet “die besten” Gedichte, merkwürdig, dass es nicht so viele Überschneidungen bei den Büchern gibt…

Was ist ein gutes Gedicht? Wenn es mir gefällt, weil es ein Thema behandelt, zu dem ich einen Draht habe, wenn es mich überrascht, wenn es mich zum Nachdenken bringt, ich am Ende lächeln muss oder es einfach nach dem Lesen ein schönes Gefühl hinterlässt.

 

80% Liebe, 20% Verdruss

So ist mein Verhältnis zu Fischreihern. Vor ein paar Tagen entdeckte ich zufällig diesen Besucher in unserem Garten:

Reiher

Ich finde, dass Reiher tolle Vögel sind, aber nicht in der Nähe unseres Gartenteiches, in dem ein paar Goldfische schwimmen(=die 20%)! Also verjagte ich ihn. Das interessierte ihn aber gar nicht, eine halbe Stunde später war er wieder da, jetzt noch dreister, direkt am Teichrand stehend.

Reiher2

Ich konnte unsere Fische noch einmal retten und fühlte mich danach bemüßigt, im Internet nachzulesen, welche Möglichkeiten der Reiherabschreckung es gibt. Dabei entdeckte ich dann dieses sehr passende Gedicht:

Der Reiher

Wenn spazieren geht der Reiher,
Denkt er über Manches nach:
Ob sich’s besser fischt am Weiher
Oder besser noch am Bach.

Endlich hat er sich entschlossen,
Geht zum Weiher hin und fischt,
Und da weilt er unverdrossen,
Bis er einen Fisch erwischt.

Warten, das versteht er prächtig,
Langeweile kennt er nicht;
Was er thut, er thut’s bedächtig,
Und Geduld ist seine Pflicht. –

Willst du irgendwas erringen,
Lern vom Reiher mancherlei,
Und Geduld vor allen Dingen
Bestens dir empfohlen sei.

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich, Kinderlieder, hg. von Lionel von Donop, HildesheimNew York: Georg Olms Verlag 1976
Quelle