Die große Verführung

Seit 1887 gibt es die Bezeichnung „Made in Germany“. Allerdings sollte sie damals nicht auf die Qualität von deutschen Waren hinweisen, sondern sie warnte vor deutschen Produkten. Diese hatten den Ruf von „Billigzeug“ und das brachte dem deutschen Handel große Probleme. Zusammen mit anderen einflussreichen Menschen, wie Walter Gropius, Peter Behrens oder Henry van der Velde, beschloss der Hagener Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus, dem entgegenzuwirken und er gründete das Deutsche Museum für Kunst und Handel und Gewerbe. Dort sammelte er zwischen 1909 und 1919 mehrere tausende Alltagsprodukte, die durch ihr Design, Modernität und Alltagstauglichkeit hervorstachen. Neben der Präsentation im Museum stellte er Wanderausstellungen zusammen, um in ganz Deutschland das Gespür für Produktqualität zu verbessern.
Nach dem Tod von Osthaus wurde seine Sammlung 1923 dem Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum übergeben. Noch bis April 2024 hat man nunmehr die Möglichkeit, sich eine Auswahl der ersten Designprodukte anzusehen.

Oben links die Gegenüberstellung von alter und neuer Werbung einer Bierbrauerei. Rechts Beispiele für Tapeten und Stoffe, unten Verpackungen. Die Dosen gefielen mir besonders gut.

Dazu kommen Plakate und Fotos von Geschäften aus der damaligen Zeit, denn erstmals machte man sich auch Gedanken über gute Werbung und ansprechende Schaufensterpräsentation.

Die Ausstellung wird mit Hilfe von Wandtafeln gut erklärt. Dazu kommen diverse Zitate, die sich mit den Themen beschäftigen. Drei Beispiele:

Wer Interesse an Design hat: Waren Sie schon im Red Dot Design Museum in Essen? https://www.red-dot-design-museum.de/essen/besuch

LKWs gelesen

Auf der A 1 zwischen Bremen und Münster staute es sich letzte Woche an mehreren Stellen. Als Beifahrerin war ich etwas gelangweilt und begann, die Aufschriften auf den LKWs zu studieren. Vier Slogans und Statements hintereinander gelesen:

Steine fürs Leben
It‘s transportible
Technik ändert sich, Sicherheit bleibt
Systemlösungen!

Das hatte für mich etwas Lyrisches und ich sammelte weitere LKW Beschriftungen.

Aus ihnen bastelte ich folgende Texte (Nur die Überschriften sind von mir ausgedacht):

Drei weitere LKW Beschriftungen möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Eine Firma richtete sich ausschließlich an Menschen, die der lateinischen Sprache mächtig sind: Qua paret orbis. Ich ahnte nur, was die Worte bedeuten könnten und schlug nach: Soweit die Erde (der Erdkreis) reicht. Schönes Motto für ein Logistikunternehmen, aber vielleicht ein bisschen zu exklusiv?
Ein anderer LKW betrieb Aufklärung: „Zwischen Hamburg und Verona liegen nur 40 km Autobahn – dank der Kombination aus Bahn-und Straßentransport. Gelber Schriftzug mit Wildblumenwiese im Hintergrund. Für einen Moment stellte sich bei mir ein warmes Ponyhofgefühl ein.
Zum Abschluss noch etwas pfiffiges Freches: „Werden Sie Spießer!“ wurde man aufgefordert. Warum? Das Unternehmen hatte den Familiennamen Spießer…



Spiegel, Spiegel an der Wand, was gibt es Neues in unserem Land?

Im letzten Monat bekam ich diese Spiegelausgabe von 1959 geschenkt.

Ich habe ihn mit großem Vergnügen gelesen, zeigte er mir doch mehrfach, dass früher nicht alles besser war. Aber der Reihe nach.

Direkt am Anfang hatte ich bei den Leserbriefen zwei Déjà-vu Erlebnisse. Auch damals gab es schon unflätige Schreiberlinge:

Medizinische Notstände führten zu solchen Beiträgen:

Auch durch Anzeigen bekommt man einen Eindruck vom Alltag Ende der 50er Jahre:

Themen der Zeitungsartikel waren z.B. der Kalte Krieg (Überschrift: Wenn die rote Uhr tickt, wird Moskau vernichtet), Verstrickungen im Ufa Konzern, Korruption oder Wertverlust des Geldes. Nichts, was das Leben fröhlicher macht. Schon damals gab es aber auch schon die Rubrik „Personalien“ und den „Hohlspiegel“. Unter diesen Überbegriffen wurden wie heute Launiges über Menschen berichtet, bzw. witzige Textstellen aus Anzeigen, Zeitungsartikeln und anderem Geschriebenen wiedergegeben.
Den „Heimatknüller“ fand ich in einem Artikel unter der Überschrift „Dackel aus Gergweis“. Bei einem Preisausschreiben hatte die Zeitschrift „Revue“ 1000 Dackel als Preise verlost. Die Gewinner bekamen einen Gutschein über einen Dackel und konnten den Gutschein bei einer Züchterin in Gergweis einlösen. Der Skandal: Laut des Deutschen Teckelklubs e.V. in Duisburg lieferte die Frau die Dackel ohne anerkannten Stammbaum aus. Nur die „stolzen Stammbäume“ vom Teckelklub wären im In-und Ausland bei Ausstellungen und Prüfungen anerkannt. Die Duisburger leiteten deshalb rechtliche Schritte gegen die bayerische Züchterin ein. Welch ein Glück, dass es die Duisburger damals gab, denn so konnte eine internationaler Zwischenfall vermieden werden. Prinz Charles und Prinzessin Anne sollten jeweils mit Dackeln beschenkt werden, die ursprünglich aus Gergweis kamen. In letzter Sekunde konnte der Duisburger Teckelklub dies verhindern- man stelle sich die Peinlichkeit vor, wenn die Engländer herausbekommen hätten, dass die Dackel nur einen Pseudostammbaum besaßen! (Den Inhalt dieses Artikels habe ich nur sehr verkürzt wiedergegeben, es gab noch andere dramatische Details).

Wie ich auf der Homepage des Duisburger Teckelklubs lesen konnte
https://www.duisburgerteckelklub.de/index.php/historie ,erreichte die Mitgliederzahl 1960 den absoluten Höchststand von 148 Teckelfreunden und Dackelfreundinnen- 2020 waren es 65.

1960 wurde in Gergweis der „Internationale Dackelclub Gergweis e.V.gegründet. Sehen Sie sich spaßeshalber auch einmal diese Homepage an, zwischen beide Internetseiten „liegen Welten“. https://www.irjgv-baden.de/Hauptverband/IDG/idg.html

Bin ich zu dumm für Werbung?

Jetzt Werbung schalten und dabei nicht die Fußball-WM mit ins Boot zu holen scheint momentan fast unmöglich. Wenn man einmal darauf achtet, ist man schnell infiziert mit einer Sammelleidenschaft für Schwachsinnwerbung

Noch harmlos- morgens beim Tanken gesehen:

Aber beim Bäcker wurden dann „ Deutschlandbrötchen“ angeboten. Was stellen Sie sich darunter vor? Mohnbrötchen (schwarz) mit Schinken (rot) und Scheiblettenkäse (gold)? Für 2,95 Euro kann man ein Flaggenbrötchen erstehen.

„Auch unsere Elf kombiniert geschmeidig“ ist der Werbespruch einer Getränkefirma, die elf verschiedene Wassersorten im Angebot hat. Besitzt diese Firma eine Glaskugel? Das Wort „Auch“ impliziert, dass unserer Nationalmannchaft während der WM geschmeidig kombinieren, bzw. spielen wird. Da habe ich noch leise meine Zweifel.

Meinem Sofa soll es wegen der WM an den Kragen gehen. Ich soll ihr die rote Karte geben. Bekommt man diese nicht bei fiesen Fouls oder unangemessenem Verhalten? Das wäre gegenüber meiner Couch äußerst unfair. Unvergessen sind die Kuschel-Lese-Abende im Winter, die Feiern, bei denen liebe Freunde auf ihr gesessen haben oder ich wohlig schlafend langweilige Fernsehsendungen verpasste. Da locken auch nicht die 22% Ablösesumme!

Haben Sie schon einmal ein „Abwehr-Bollwerk“ gegen Schweiß unter Ihrem Arm gehabt? Wie muss ich mir dieses Bollwerk in der Achselhöhle vorstellen? Ich werde wohl mal einen Brief an Rexona schreiben.

Ja und dann ist da noch die Firma Samsung. Sie zeigt in einem Werbespot Mario Götze, der depressiv in die Kamera schaut, weil er nicht mit zu WM darf und alleine so vor sich hinkickt. Dazu läuft im Hintergrund von Jonny Cash das Lied „Hurt“. Hören Sie rein, dann wissen Sie, wie die Stimmung des Clips ist.

Was hat Samsung mit dem Schicksal von Mario Götze zu tun? Weiß Samsung evtl. jetzt schon, dass sie zu den Verlierern gehören, wenn es darum geht, welche Firma zur WM die meisten Flachbildschirmen im XXL Format verkauft hat?

Ich sag ja, ich bin zu dumm für Werbung.

Morgen kommt von mir ein Konzerttipp für Ende Juli in Dinslaken.