Bei kleiner Dosierung empfehlenswert

Wenn Ihr Lesestoff quietschfidel, herzrasenauslösend, schweineigelig, sprachfantasievoll, subkulturig, drohbriefauslösend, bizarr, grantelig, bitterböse, überkandidelt, pointiert, erlebnisreich, knickebeinig und geschichtsträchtig sein darf, dann ist diese Sammlung von Kurzgeschichten, Comics und Liedtexten genau richtig für Sie!

Das Buch hat mich den Sommer über begleitet, zwischen zwei Schwimmrunden im Freibad wärmte ich mich auf und las immer ein, zwei Geschichten. Diese Beschränkung ist bei den Geschichten wichtig, einmal habe ich mich nicht daran gehalten und mehrere hintereinander gelesen, da fand ich den Schreibstil, die Gedankensprünge und die Themen plötzlich nur noch fade. Aber in kleiner Dosierung machten mir die Geschichten viel Spaß!

Morgen habe ich zu diesem Buch einen passenden Musiktipp, da wird auch ein Finger in die Wunde gelegt.

Die Kleiderdiebin (Paris im August Nr. 2)

Heute eine Besprechung über einen Roman, der in den 30er Jahren in Paris spielt. Eigentlich wollte ich vorher über das Pariser Modemuseum schreiben, doch wird dieses momentan noch renoviert und erst 2019/2020 wieder eröffnet. Auch kamen wir nicht in die Ecke des Place Vendôme, wo sich Chanel, Dior & Co tummeln und ich zum Buch passende Fotos hätte machen können. So müssen Sie mit diesem Foto vorlieb nehmen, immerhin  mit Modepuppe und Schnittmustern!

Aber jetzt zum Buch:

Alix, Angang 20, lebt zusammen mit ihrer Großmutter in Paris in sehr ärmlichen Verhältnissen. Sie lässt sich von einem Freund, der ebenfalls Geldsorgen hat, überreden, in dem berühmten Modehaus, in dem sie als Näherin arbeitet, die Kleidermodelle der anstehenden Kollektion heimlich abzuzeichnen. Diese Zeichnungen bringen Geld ein, denn in den USA werden die Modelle kopiert und viel billiger in den Läden angeboten. Alix hat permanent Angst, entdeckt zu werden, zumal der ahnungslose Besitzer des Modehauses, Monsieur Janvier, sie fördert und sie zusätzlich als Mannequin einsetzt. Um sich abzulenken, lässt Alix sich auf eine Äffäre mit dem Nachtclubbesitzer Serge ein. Dieser hat keinen guten Einfluss auf die junge Frau, doch sie will auch ihre eigentliche Liebe zu dem Journalisten Verrain vergessen. Dieser ist vor Monaten spurlos verschwunden und es gibt kein Lebenszeichen. Und dann sind da auch noch die zwei Überfälle auf sie und ihre Großmutter. Sie müssen irgendetwas mit dem Großvater von Alix zu tun haben. Er war Maler im Elsass und soll angeblich von Zigeunern ermordet worden sein. Weder ihre Großmutter noch zwei Bekannte, die zur selben Zeit im Elsass gelebt haben, verraten Alix die Wahrheit. 

Dieser leichte Schmöker (540 Seiten) bescherte mir Vorfreude auf unseren Parisaufenthalt. 

Morgen geht es dann endlich los mit neuen Besichtigungstipps.

Zwei grummelige Buchkurzbesprechungen

Ich hatte mir vorgenommen, einen feinen Krimileseabend zu verbringen. Bisher dachte ich, dass Heimatkrimis immer etwas Nettes, manchmal auch etwas Kuscheliges an sich haben, also nahm ich diesen Duisburg-Krimi aus meinem Regal:

Ich wurde eines Besseren belehrt…Ein Trio rächt sich an alten reichen Männern. Erst foltern sie sie, dann werden sie ermordet. Die alten Männer hatten sich in den Jahren zuvor als einmal pro Monat getroffen, um ihrer Lust zu frönen und  Kinder bis zur Tötung zu vergewaltigen  und zu misshandeln.

Die Duisburger Polizei ermittelt zusammen mit den Düsseldorfer Kollegen. Sie findet die Identitäten des Trios heraus, ein Mitglied kommt aus den eigenen Reihen.

Mehr will ich nicht schreiben. Vonwegen netter Krimiabend. 

Ab 30 Grad im Schatten oder wenn man erkältet ist und einen dösigen Kopf hat, ist dieser Thriller lesbar. Dann sind noch genau die Gehirnwindungen aktiv, die für dieses Buch ausreichen.

Ende der 90er Jahre arbeitet Simon für die Investmentfirma Revere. Er betreut eine junge Computerfirma, die ein Switchgerät entwickeln will, um Viren vom Computer abzuhalten. Die ersten 2 Millionen bekam das Startup-Unternehmen von Revere anstandslos, doch es benötigt noch drei weitere. Frank, der für die Vergabe von Geldern mit verantwortlich ist, hat allerdings   inzwischen Bedenken, was die Erfolgsaussichten der neuen Firma angeht und verweigert für die Geldzuteilung seine Zustimmung. Simon ist sehr enttäuscht, zumal Frank auch seine Schwiegervater ist. Sie streiten sich heftig.

Kurze Zeit später wird Frank ermordet aufgefunden, und die Polizei hält Simon für den Täter. Allerdings fehlt noch ein stichhaltiger Beweis, um ihn zu verhaften. Seine Frau Lisa vertraut ihm noch anfangs, doch als sie zuhause die vermeintliche Tatwaffe findet, lässt sie diese zwar verschwinden, doch zieht sie auch zu ihrer Freundin, weil sie zu zweifeln beginnt. Simon ist gezwungen, selbst den Mörder schnell zu finden, um nicht verhaftet zu werden.  

Die Spur führt zu einem anderen Unternehmen, an dem Revere und somit auch Frank viele Anteile besitzt. Diese Firma will ein Mittel gegen Alzheimer auf den Markt bringen, doch scheint es etwas zu geben, was die Markteinführung verhindern könnte.

Wie oben angedeutet, sehr leichte Krimikost mit Holterdiepolterende.

Morgen kommt mein musikalischer Beitrag für die Woche.

 

Auf Wiedersehen Kohlebergbau- hallo Papier!

Als „Papierfrau“ war das Lesen dieses Buches für mich obligatorisch.

Das Titelbild ist doch wunderschön, oder? Man versinkt in die Welt der japanischen Papierkunst, ist quasi im Papierparadies. Konsequenterweise beginnt das Buch auch mit der Geschichte der Papierherstellung im alten China, wo der Autor Höhlen besucht, in denen man Papier gefunden hat, das aus der Zeit 2000 Jahre v.Chr. stammt und damit wohl der älteste Papierfund der Welt ist. Der Leser reist kurz nach Ägypten und dann nach Japan, wo es noch einige wenige Menschen gibt, die die traditionelle Herstellung von Papier beherrschen und in Japan damit zum „Lebendigen Kulturschatz“ ernannt wurden. (Altes Handwerk als Kulturschatz zu ehren und zu schützen-welch großartige Idee!) Diesen Teil machen aber nur die ersten 50 Seiten aus. Papier im arabischen und europäischen Mittelalter sind die Themen der nächsten Kapitel. Auch dies ist sehr kurzweilig zu lesen. Wir lernen beispielsweise, dass Enzyklopädien keine Erfindungen der Neuzeit sind, sondern es im 12.Jahrhundert im arabischen Raum bereits diverse umfangreiche Lexika gab. Auf der anderen Seite wurde Papier zu der damaligen Zeit auch als Teufelswerk angesehen.

Angekommen in der Neuzeit, wird das Buch dann noch abwechslungsreicher und teilweise richtig spannend. Wie wurde z.B. Zigarettenpapier erfunden? Ein wunderbares Beispiel zum Thema Bürokratie im 18. Jahrhundert gibt der Autor, indem er die französische Verordnung zu den verschiedenen Papiersorten abdruckt. Und dann sind da noch die Ausblicke in die Zukunft des Papiers. „Die Zechen der Zukunft werden die Zonen gr0ßer Konsumentenansammlungen sein“ ist ein Zitat aus dem Buch. Welche Möglichkeiten der Papierherstellung und Papierverwendung heute erforscht werden, das ist mutmachende Science Fiction im besten Sinne.

***** für dieser Buch!

Neue Momente zum Thema Urlaub

Man ca. drei Wochen vorher anfängt, einen Bücherstapel für den Urlaub „einzurichten“ und sich dann schon vorstellt, wie man mit Buch im Strandkorb sitzen wird

Man kommt in Urlaubsstimmung, wenn man nach vielen Jahren ein Lied hört, das in einem Urlaub das Lied war

Wenn die Sonne in der Nase kitzelt

Man im Urlaub einen früheren Arbeitskollegen trifft, den man mehrere Jahre nicht gesehen hat

Man verliert seine Urlaubsstimmung, wenn nachts im Nachbarzimmer ein Wasserhahn tropft und die Bewohner dieses Zimmers anscheinend schwerhörig sind

Die Urlaubserholung vermindert sich, wenn man sich im Ausland in einer Kleinstadt  morgens um 7 Uhr auf dem Balkon der Ferienwohnung selbst aussperrt, weil der Wind die Tür zugeschlagen hat und niemand kommt vorbei, der Deutsch oder Englisch versteht

Man verlängert seine Urlaubsstimmung, wenn man in grauen Wochen unter seine Gesichtscreme oder Körpermilch den Rest der Sonnencreme untermischt

Man übt zuhause schon einmal „Urlaubmachen“

In den Wind geflüstert

Kata fährt auf ihrem Rad  in der isländischen Kleinstadt Valeyri zur Kirche. Sie ist dort Chorleiterin und gleich beginnt die letzte Probe vor einem Konzert. Wie Kata in ihrem weißen Kleid mit blauen Punkten durch die Straßen radelt, das sehen verschiedene Bewohner, weil sie ihr entweder begegnen oder in ihrem Haus hinter den Fenstern stehen. Um diese Bewohner geht es dem Roman. Da sind z.B. ein Mann, der alles repariert und ein Messie ist, ein Dichter, der nachts ans Meer geht in der Hoffnung, dass er den Anfang eines Gedichtes findet, eine Frau, die ihr Haus nicht mehr verlässt, ein Vorzeigeehepaar, das sich schon lange nichts mehr zu sagen hat oder ein reicher Mann, der in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist, um zu vergessen.

Das Leben in der Kleinstadt scheint monoton zu sein, doch die Innenleben seiner Bewohner sind es nicht. Alte Erinnerungen, Geheimnisse, versteckte Trauer, Hoffnungen, kleine Freuden- jeder Bewohner hat seine eigene Geschichte und die erzählt der Autor in einer ruhigen, manchmal fast etwas märchenhaften Sprache. Ein Lesegenuss.

Glück ist nicht gleich Glück (Demenz im Alltag Nr. 3)

Bei dem monatlichen Treffen von pflegenden Angehörigen bekamen wir die Aufgabe, jeden Tag in ein kleines Buch zumindest einen Moment aufzuschreiben, in dem wir trotz aller Belastung durch die Pflege so etwas wie ein Glücksgefühl hatten oder zumindest Zufriedenheit oder Freude verspürten. Das habe ich gemacht und dabei wurde mir erstmals sehr deutlich bewusst, wieviele Möglichkeiten es gibt, sich täglich selbst ein bisschen Freude zu bereiten. Hier meine elf gefundenen „Glückskategorien“:

Glück durch

eigene Dankbarkeit für „Selbstverständliches“
liebe Mitmenschen
schöne Erinnerungen
draußen in der Natur sein
den inneren Schweinehund überwinden
etwas lernen und dann können
überraschende Geschenke
Musik hören oder ein Buch lesen
Hilfe leisten für andere Menschen oder Tiere
etwas Leckeres essen oder trinken
sich ein bisschen Zeit für ein Hobby nehmen

 

Haben Sie noch andere Kategorien?

Ein Archiv, das das Internet archiviert

Dies ist mein wöchentliche Musikbeitrag. Mein Mann entdeckte o.g. Archiv durch Zufall. Dort gibt es u.a. ca. 70000 Musikstücke, die von alten Schallplatten mit „originalem Knistern“ aufgenommen wurden. Hier ein Beispiel:

https://archive.org/details/78_you-are-my-sunshine_paul-ric…sticker-rice-brothers-gang_gbia0000125a

Was für eine Fundgrube für Musikliebhaber! Aber es gibt noch viel mehr…Hier eine kurze Beschreibung:

The Internet Archive, a 501(c)(3) non-profit, is building a digital library of Internet sites and other cultural artifacts in digital form. Like a paper library, we provide free access to researchers, historians, scholars, the print disabled, and the general public. Our mission is to provide Universal Access to All Knowledge.

We began in 1996 by archiving the Internet itself, a medium that was just beginning to grow in use. Like newspapers, the content published on the web was ephemeral – but unlike newspapers, no one was saving it. Today we have 20+ years of web history accessible through the Wayback Machine and we work with 450+ library and other partners through our Archive-It program to identify important web pages.

As our web archive grew, so did our commitment to providing digital versions of other published works. Today our archive contains:

Anyone with a free account can upload media to the Internet Archive. We work with thousands of partners globally to save copies of their work into special collections.

Was für Datenmengen- mich gruselt es ein wenig…

 

Das Päckchen

Ernst, Bibliothekar in der Schweiz, mittleres Alter, verheiratet, will in einer öffentichen Telefonzelle telefonieren, als dort plötzlich das Telefon klingelt. Ernst nimmt ab, am anderen Ende ist eine alte Frau, die einen Ernst auffordert, zu ihr zu kommen, um ein Päckchen abzuholen. Später weiß Ernst nicht mehr, warum er zu der alten Frau geht, doch er tut es. Sie ist fast erblindet und erkennt nicht, dass es der falsche Ernst ist, dem sie das Päckchen zur Aufbewahrung gibt. Sie hat Angst, denn mehrere bedrohliche Männer waren schon bei ihr, fragten nach dem Päckchen, doch sie verriet nichts, hatte sie dies doch ihrem verstorbenen Mann versprochen.

Als Ernst wieder zuhause ist, öffnet er das Päckchen, der Inhalt ist ein sehr altes Buch, der „Abrogans“, das älteste Buch in deutscher Sprache aus dem 8. Jahrhundert, wie Ernst bald herausfindet. Wie kommt die alte Frau in den Besitz dieses Buches? Was ist mit ihrem Mann, der vor 40 Jahren von einem Skiausflug nicht zurück gekommen ist? Was soll Ernst mit diesem Buch machen? Er verstrickt sich immer mehr in Spekulationen, belügt seine Frau, muss sogar vor der Polizei fliehen.

Dies ist ein Teil des Romans.

In dem anderen Teil begleiten wir den Mönch Heimo über mehrere Jahre. Er hat den Abrogans geschrieben und wurde dann von seinem Abt beauftragt, mehrere andere Klöster aufzusuchen, um dort andere Bücher zu kopieren, während die dortigen Klosterbrüder den Abrogans abschreiben sollten. Die Verbreitung des Abrogans liegt dem Abt am Herzen, denn er ist das erste deutsch-lateinische Wörterbuch und ist für die Verbreitung der Bibeltexte unter dem einfachen Volk, das kein Lateinisch spricht, enorm wichtig.

Beide Teile sind im Roman miteinander verwoben und machen das Buch zu einem interessanten und unterhaltsamen Lesestoff. Einmal mehr enttäuschte mich ein Werk des schweizerischen Autors Franz Hohler nicht, er ist fast so eine „Bank“ wie mein schweizer Krimiautor Hansjörg Schneider.

Auch als Hörbuch empfehlenswert, gesprochen von Gert Heidenreich.

Lucien und Sophie sind mir ans Herz gewachsen ( Französischstunde Nr. 15 )

Heute möchte ich Ihnen diese französischen Lernkrimis empfehlen.

Lucien ist Angestellter einer Versicherung und muss detektivische Arbeit leisten, bevor die Versicherung bei einem Schadensfall zahlt. Seine Freundin Sophie, die Kriminologin ist, hilft ihm dabei. Ein Traumpaar: Lucien ist smart, sieht gut aus und mutiert bei Bedarf auch schon mal zum Einbrecher. Sophie, ebenfalls eine Augenweide, verfügt über gesunden Humor, der dann ab und zu auch mal Luciens Machoallüren in die Schranken weist.

Die Kriminalfälle sind dabei sehr pfiffig und die Lösungen überraschend. Es gibt allerdings einen Wermutstropfen: Die Bücher wurden irgendwann einmal von einem Tandem-Verlag für die Ramschtische von Aldi & Co produziert. Wieviele Bände es aus der Reihe gibt, weiß ich nicht,  die Homepage vom Verlag ist nicht aufrufbar, es stehen keine Erscheinungsdaten in den Büchern, ist alles ein bisschen befremdlich.  Man kann die Titel nicht in einer Buchhandlung bestellen, sondern muss im Internet gucken, ob man sie da antiquarisch ergattert. Aber es lohnt sich. Das Sprachniveau der Lektüren schätze ich auf B2.