Am Samstag fand die Premiere von Verdis Oper „Nabucco“ im Duisburger Stadttheater statt. Ich durfte als „Opernscout“ wieder mit dabei sein und war wie immer völlig unvorbereitet, um als Scout nicht von anderen Meinungen beeinflusst zu sein.

Der Abend begann mit einer Rede der Duisburger Dezernentin Linda Wagner. U.a. lobte sie die Schnelligkeit und Professionalität des Bauherrn, der während der Sommerpause das Duisburger Theater so schnell wieder auf Vordermann gebracht hat, dass ab sofort wieder Aufführungen stattfinden können. Frage: Könnte man diesen Bauherrn nicht einmal für den U-Bahn-Zugang „Steinsche Gasse“ ausleihen?

zweijährigen Sperrung sehr zurück hält.
Sorry, ich weiche ab…
Kurz zum Inhalt von Nabucco: Es ist die Geschichte der Gefangennahme des hebräischen Volkes durch den babylonischen König Nabucco. Da gibt es die Kämpfe zwischen dem König und dem Hohepriester der Hebräer und zwischen den Töchtern des Königs, Abigaille und Fenena, nachdem Nabucco den Verstand verliert.
Der Vorhang geht auf und die Zuschauer sehen einen Film von einem Tagungstisch mit Namenskärtchen der Hauptdarsteller. Danach wird auf ein hohes modernes Haus umgeschwenkt und wir sehen friedliche Alltagsszenen in Wohnungen. Plötzlich eine Bombe, der Tagungsraum löst sich in Netflixvorspannmanier auf und plötzlich taucht die Bühne mit dem zerstörten Haus und vielen der Bewohner vor unseren Augen auf. Das lässt niemanden kalt und ist sehr beeindruckend.
Aber:
Schnell merkte ich, dass ich ein grundsätzliches Problem mit Verdis Oper „Nabucco“ habe. Im 1. Akt erklingen fast alle Lieder in C-Dur, für mich gleichbedeutend mit heiter und hell. In der deutsche Textanzeige, (die Oper wird in italienischer Sprache gesungen), war von „Blutmeer“, „Todesqual“ oder „Mord“ zu lesen. Im 2. Akt bricht eine Frau über einem Grab zusammen, auch hier erklingt ein beschwingter 3/4 Takt. Dieser eklatante Widerspruch empörte mich. Befeuert wurde dieses Gefühl vom Bühnenbild, dem zerbombten Haus, das auf die Aktualität dieser Oper hinweisen soll. Hätte es nicht etwas subtiler sein können? Die technischen Raffinessen des Bühnenbildes konnten dies nicht wettmachen.
Viele Chormitglieder erzählten eine eigene Geschichte. Da irrt eine Frau mit einem leeren Katzenkorb herum, ein verwirrter Mann trägt einen zerbeulten Radhelm, ein kleiner Junge hat eine Flöte gerettet. Wohin sollte ich meine Aufmerksamkeit zuerst lenken?
Nach der Pause nehmen diese zwiespältigen Gefühle ab, denn immer mehr zog mich die starke Figur der Abigaille in ihren Bann. Die uneheliche Tochter von Nabucco konnte nie die Liebe ihres Vaters gewinnen. Darüber singt sie in einer herzergreifenden Arie. Ihr Gefühlsleben als Kind wird dabei von einem ca. 12 jährigen Mädchen überzeugend dargestellt. Aus dem Kind ist eine zornige und machthungrige Frau geworden, die nicht davor zurückschreckt, ihre eigene Mutter zu ermorden. Die gesanglichen Leistungen des Ensembles waren großartig, doch möchte ich russische Sängerin Svetlana Kasyan als Abigaille besonders hervorheben. Alle wurden von einem hervorragenden Orchester, den Duisburger Philharmonikern, begleitet.
Nach 2 1/2 Stunden kam ich aufgewühlt zuhause an und wollte wissen, ob ich bei anderen Aufführungen von Nabucco ähnliche Bedenken hätte. Auf YouTube fand ich Aufführungen aus vier verschiedenen Ländern. Bei allen sah ich mir drei meiner Schlüsselszenen an und kam zu einem Ergebnis.
Nabucco spielt 586 v. Chr. und in Rotterdam wurde dies im Bühnenbild und im Auftritt des Chores berücksichtigt. Die Szenen waren ruhiger, der Focus meiner Aufmerksamkeit war beim Gesang. Auch hier wurde der italienische Text ins Deutsche übersetzt, aber die Zusammenfassung des Librettos war teilweise eine ganz andere, viel weniger gewalttätig. Das gab mir, was die Duisburger Aufführung angeht, zu denken. Mit der Darstellung der Abigaille hat Duisburg großes Glück, die Sängerinnen der anderen Aufführungen hatten nicht diese Ausstrahlung. Und noch einen Pluspunkt für Duisburg gab es zu entdecken: Die Oper wurde in einem kompakten Raum dargestellt! Bei den anderen Aufführungen, (drei davon unter freiem Himmel), war viel mehr Platz und die über 100 Mitwirkenden liefen über die Bühne, das erinnerte mich manchmal an aufgescheuchte Hühner und das Geschehen zerfaserte. Das ist in Duisburg nicht möglich. Und ich muss noch etwas loswerden: Meine Befürchtungen, dass die gute Akustik der Duisburger Stadttheaters sich bei diesem monumentalen Werk verabschieden würde, traten nicht ein- voller Hörgenuss!
Mein letzter Satz zur Oper: Nabucco weckt Emotionen und das ist ihr Hauptverdienst.












