Von JJ über Klaus Nomi nach Manchester

Bereit für ein paar Gedankensprünge?

Am Wochenende gewann JJ für Österreich den European Song Contest mit seinem Lied „Wasted Love“. Der junge Mann stellte sein Können als Countertenor unter Beweis und alle waren und sind noch aus dem Häuschen.

Als ich das Lied hörte, dachte ich sofort an Klaus Nomi, der ebenfalls mit seiner Countertenorstimme eine gewisse Berühmtheit erlangte. Allerdings bereits Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Für die damalige Zeit war er wie ein Wesen vom anderen Stern, wie aus seiner Biografie hervorgeht.

Geboren im Allgäu, lebte er während seiner Kindheit und Jugend zusammen mit seiner Mutter im Ruhrgebiet. Er zeichnete und sang gerne und wollte Opernsänger werden. Allerdings unterstützen seine Lehrer ihn nicht bei seinem Wunsch, sich als Countertenor zu spezialisieren und er brach deshalb die Ausbildung ab. Mit Aushilfsjobs und ersten kurzen Auftritten verdiente er sich seinen Lebensunterhalt, dann ging er nach Berlin. Dort entdeckte ihn David Bowie, der ihn für die Einspielung eines Songs als Backroundsänger engagierte. Nomis Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit zerschlugen sich und er beschloss, nach New York weiterzuziehen. Auch hier kämpfte er sich durch, sang Operntitel und Rocklieder und wurde schließlich in den New Yorker Clubs Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre mit seiner außergewöhnlichen Stimme berühmt. Er bewegte sich im Dunstkreis von Keith Haring oder Andy Warhol und war unterwegs in der Schwulenszene New Yorks. In Japan wurde er eine Berühmtheit und auch in Europa hatte er mehrere Auftritte, so in Deutschland bei Thomas Gottschalk. Bei ihm sang er dieses Lied.

Kurze Zeit später starb Klaus Nomi an Aids und war damit einer der ersten prominenten Aidsopfer Anfang der 80er Jahre.

Die Möglichkeit, in der Öffentlichkeit schwul zu sein, war damals in New York nur an wenigen Plätzen möglich. Dies beschreibt Olivia Laing in ihrem Buch „Die Stadt der Einsamkeit“ ausführlich. (Siehe unten Link zur Besprechung). Es waren u.a Plätze am Hafen, alte Piers und Häuser, in deren Winkel sich Männer trafen. Diese Beschreibungen hatte ich noch im Kopf, als ich jetzt in Manchester war und das Northern Quarter durchstreifte.
In Manchester gibt es weiter südlicher ein spezielles Gay Village, aber im Norden ist die LSBTQ Szene präsent.
Sieht man es mit dem Architekturblick, entdeckt man viele Backsteinschönheiten:


Diese Backsteingebäude verschwinden aber immer mehr und werden von Wolkenkratzern verdrängt, wie man oben auf zwei Fotos gut erkennen kann.

Denn es sieht im Northern Quarter auch so aus:

Wie gut, endlich keine Schmuddelecken mehr? Vor 40 Jahren wurden in New York mit dem Abriss der alten Vierten die Menschen vertrieben und in Manchester passiert Ähnliches. Was geht außer dem Lebensort noch verloren, wenn solche Straßenzüge verschwinden? Das zeige ich in meinem nächsten Beitrag.



Autor: linda

Wohne in Duisburg.

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