Unschlagbare Bücher-Kombination

Gehören Sie auch zu den Parallellesern, d.h. lesen Sie mehrere Bücher gleichzeitig? Ich habe meistens zwei bis drei gleichzeitig „laufen“. So kam es dann zu folgender Kombination:

Ich fing mit dem Krimi an dann kam das Baum-Sachbuch kam dazu. Toll!

Zum Krimi:

Anja studiert Forstwirtschaft und muss ein Praktikum absolvieren. Sie wird in Weiden zum Waldkatieren eingesetzt. Ein folgenschwerer Zugall, denn diese Gegend kennt Anja aus ihrer Kindheit. Zusammen mit ihren Eltern verbrachte sie hier zweimal die Ferien auf einem Bauernhof. Der zweite Urlaub endete in einer Katastrophe, denn ihr Vater kehrte von einem Waldspaziergang nicht mehr zurück. Seine Leiche wurde nie gefunden, ob damals ein Mord geschah, konnte nicht ermittelt werden. Jetzt ist Anja wieder da und die Familienmitglieder des Bauernhofes reagieren sehr unterschiedlich. So extrem unterschiedlich, dass ein Familienmitglied nach dem zweiten Zusammentreffen mit Anja im Wald zuerst seine Mutter und sich dann selbst ermordet. Die Dorfbewohner sind schockiert und geben indirekt Anja die Schuld an der Tragödie. Anja versucht derweil zu arbeiten und Ungereimtheiten in dem Waldstück, in dem ihr Vater verschwunden ist, aufzuklären. Eine Reihe alter Männer und der zuständige Polizeibeamte versuchen sie daran zu hindern, denn sie befürchten, dass Anja neben der Leiche noch etwas ganz anderes finden wird. Doch Anja lässt sich nicht stoppen, denn langsam kommen auch Erinnerungen aus ihrer Kindheit wieder.

Ein ausgefallener Krimi, in dem die Beschaffenheit des Waldes Anja auf die richtige Spur bringt.

Kein Wunder also, dass ich parallel dazu das Baumbuch mir zu Gemüte führte. Es stand 2015/2016 monatelang auf der Bestsellerliste, deshalb möchte ich es nicht groß zu besprechen. Sehr interessant zu lesen, sehr viele Informationen, die ich beim ersten Lesen allerdings leider kaum behalten konnte. So lieh ich mir in der Bücherei noch denselben Titel als Bildband aus, weil ich mir durch die Fotos noch ein besserer Verständnis versprach.

Die Fotos sind wunderschön und verbreiten traumhafte Waldatmosphäre. Zum Verständnis tragen sie nicht so sehr bei.

Morgen soll es ja kühler werden, da ist der Kopf bestimmt für drei Rätsel frei, oder?

George Bernard Shaw- der Selfiemann (Ostseetipp Nr. 4)

Wohl kaum bekannt ist die Tatsache, dass der Literatur-Nobelpreisträger Georg Bernhard Shaw auch ein großer Fotograf war. Es gibt ein Archiv mit über 20000 Bildern und in Lübeck wird im Günter-Grass-Haus z. Zt. eine Auswahl gezeigt. Schon beim Betrachten der ersten Fotos dachte ich:“Meine Güte, was hätte Herr Shaw sein Handy geliebt!“ Shaw fotografierte sich sehr gerne selbst, oftmals auch unbekleidet und ab und zu blitzt eine Portion Selbstironie durch. Seine Landschaftsaufnahmen fand ich sehr stimmungsvoll, begeistert war ich auch von den Porträts seiner Freunde, wie z.B. von Rilke oder Rodin. Die Fotoausstellung läuft noch bis zum 9. Oktober 2018.

Von der Ausstellung inspiriert, las ich danach die Texte dieser beiden Theaterstücke.

Magnus, der König von England, soll Kaiser von Amerika werden, denn die Vereinigten Staaten wollen nicht länger unabhängig sein, sondern wieder in die Monarchie heimkehren. Dem König kommt dieses Anliegen gerade  nicht recht, denn ihm ist vom Kabinett ein Ultimatum gestellt worden. Magnus, hochgebildet, Gentleman und politisch sehr interessiert, hat es sich in der Vergangenheit nicht nehmen lassen, in seinen Reden Kritik an der Regierung zu üben, Verbesserungsvorschläge zu machen oder zumindest an den gesunden Menschenverstand zu appellieren. Der Premierminister und seine männlichen Kollegen sind darüber äußerst erbost und wollen dem König einen Maulkorb anlegen. (Ultimatum: Der König soll schweigen, sonst tritt das Kabinett zurück). Allein die zwei Ministerinnen sind dem Monarch gewogen und halten seine Einmischung für positiv überdenkenswert.

Als das Ultimatum abläuft, macht der König den Ministern einen unerwarteten Vorschlag. Er will abdanken und seinem Sohn den Thron überlassen, da dieser politisch völlig desinteressiert ist. Er selbst wird zu einem Bürgerlichen, der sich um einen Platz im Unterhaus bewirbt, vielleicht eine neue Partei gründet und eines Tages dann vielleicht auch Premierminister wird. Können Sie sich die Reaktionen der Minister vorstellen?

Ein wunderbares Theaterstück mit vielen kleinen und großen Seitenhieben auf die Monarchie, die Politik, die Wirtschaft und…dem Zusammenleben von Mann und Frau.

“Helden“ ist eine leichtere Kommödie, aber auch so nett wie „Pygmalion“. Da ich momentan etwas Zeitmangel habe, übernehme ich die Inhaltsangabe von Wikipedia.

Das Theaterstück spielt während des Serbisch-Bulgarischen Krieges im Jahre 1885. Der in serbischen Söldnerdiensten stehende Schweizer Artilleriehauptmann Bluntschli wird mit seinem Geschütz vom bulgarischen Kavallerieoffizier Sergius und dessen Reitern angegriffen. Da Bluntschli den falschen Munitionstyp mitführt, gelingt die eigentlich selbstmörderische Attacke, und der Schweizer flieht vom Schlachtfeld. Er gerät dabei in das Haus von Raina, der Verlobten von Sergius. Raina versteckt den offenbar harmlosen Mann, der aus seiner Kriegsunlust keinen Hehl macht und „wie jeder erfahrene Soldat“ in seiner Patronentasche lieber Schokolade als Munition mit sich trägt. Weil ihm erstere aber gerade ausgegangen ist, versorgt Raina ihn mit Nachschub und borgt ihm für die Flucht eine Jacke. Als der Hauptmann diese nach Ende des Krieges zurückbringt, ist Sergius bereits im Triumph aus der Schlacht zurückgekehrt, und nun fordert er Bluntschli zum Duell. Das weiß dieser jedoch zu verhindern, indem er droht, den wahren Verlauf der Schlacht zu verraten, dass Sergius nämlich nur gewonnen habe, weil Bluntschlis Kanone versagte. Weil die fesche Magd Louka schon seit einiger Zeit Rainas Misstrauen in den alten Haudegen geschürt hat, finden letztlich Bluntschli und Raina zusammen, die Magd bekommt ihren Sergius, und somit endet alles in Wohlgefallen.

Morgen nehme ich Sie mal wieder mit in meinen kleinen  Garten.

Auf Wiedersehen Kohlebergbau- hallo Papier!

Als „Papierfrau“ war das Lesen dieses Buches für mich obligatorisch.

Das Titelbild ist doch wunderschön, oder? Man versinkt in die Welt der japanischen Papierkunst, ist quasi im Papierparadies. Konsequenterweise beginnt das Buch auch mit der Geschichte der Papierherstellung im alten China, wo der Autor Höhlen besucht, in denen man Papier gefunden hat, das aus der Zeit 2000 Jahre v.Chr. stammt und damit wohl der älteste Papierfund der Welt ist. Der Leser reist kurz nach Ägypten und dann nach Japan, wo es noch einige wenige Menschen gibt, die die traditionelle Herstellung von Papier beherrschen und in Japan damit zum „Lebendigen Kulturschatz“ ernannt wurden. (Altes Handwerk als Kulturschatz zu ehren und zu schützen-welch großartige Idee!) Diesen Teil machen aber nur die ersten 50 Seiten aus. Papier im arabischen und europäischen Mittelalter sind die Themen der nächsten Kapitel. Auch dies ist sehr kurzweilig zu lesen. Wir lernen beispielsweise, dass Enzyklopädien keine Erfindungen der Neuzeit sind, sondern es im 12.Jahrhundert im arabischen Raum bereits diverse umfangreiche Lexika gab. Auf der anderen Seite wurde Papier zu der damaligen Zeit auch als Teufelswerk angesehen.

Angekommen in der Neuzeit, wird das Buch dann noch abwechslungsreicher und teilweise richtig spannend. Wie wurde z.B. Zigarettenpapier erfunden? Ein wunderbares Beispiel zum Thema Bürokratie im 18. Jahrhundert gibt der Autor, indem er die französische Verordnung zu den verschiedenen Papiersorten abdruckt. Und dann sind da noch die Ausblicke in die Zukunft des Papiers. „Die Zechen der Zukunft werden die Zonen gr0ßer Konsumentenansammlungen sein“ ist ein Zitat aus dem Buch. Welche Möglichkeiten der Papierherstellung und Papierverwendung heute erforscht werden, das ist mutmachende Science Fiction im besten Sinne.

***** für dieser Buch!

Zwischen Bewunderung, Staunen und Ablehnung

Lisa ist Ende vierzig, als sie zu erblinden beginnt. Sie sucht diverse Ärzte auf und erst nach vielen Monaten wird festgestellt, dass sie an Vaskulitis leidet, einer unheilbaren Krankheit, die sie nicht nur blind macht, die auch ihr Herz und ihre Nieren angreift und sie später ihr Gehör verlieren lässt.

Die Autorin bekommt eine tiefe Depression, verkriecht sich. Verschlimmert wird die Situation, als ihr Mann Al erst einen Herzanfall hat und dann zwei Schlaganfälle, durch die er teilweise sein Kurzzeitgedächtnis und die Kontrolle über seine Sprache verliert. Nun ist sie gezwungen, ihrem Mann zu helfen, was aber kaum möglich ist. Glücklicherweise verbessert sich Als Gesundheitszustand, worauf Lisa sich erneut fallen lässt. Die Ehe hängt an einem seidenen Faden, als Al Lisa ihren Schulmalkasten hinstellt. Sie soll endlich etwas tun, sie soll malen! Lisa hat sich nie für Kunst interessiert, doch sie nimmt die Herausforderung an und will genauso gute Bilder malen wie sehende Künstler.

Jahre vergehen. Lisa besucht Kurse, sie verkauft ihre Bilder auf Kunstmärkten, Galerien und im Internet. Ihr Bekanntheitsgrad nimmt kontinuierlich zu, Zeitungsreporter interviewen sie, sie wird zu Vorträgen an Universitäten eingeladen. Im Radio ist sie eine gefragte Gesprächspartnerin. Doch geht auch alles zu lasten Ihrer Gesundheit und plötzlich hört sie zu malen auf. Eine neue Idee reift in ihr heran: Sie beide eröffnen eine Frühstückspension. Wenn auch anfänglich mit großen Schwierigkeiten wird auch das ein Erfolg und Lisa beginnt darüberhinaus  wieder an zu malen. Damit endet im Jahr 2004 das Buch.

Lisa ist, wie sie selber im Laufe des Buches einsieht, am Anfang eine äußerst unsympathische Frau. Der Schock, blind zu sein, trägt dazu bei, was verständlich ist, doch ihr ungeheurer Ehrgeiz, es allen zu zeigen und genauso leistungsfähig zu sein, wie eine sehende Person, macht sie unangenehm. Sie ist empört, wenn man sie nicht wie eine Sehende behandelt und ihr helfen möchte, sie ist aber auch empört, wenn man ihr als Blinde nicht hilft, wenn sie doch Hilfe braucht.

Lisa kämpft, dafür bewundere ich sie. Lisa malt stimmungsvolle Landschaften oder Alltagsszenen. Darüber staune ich. Wofür ich kein Verständnis habe ist die Tatsache, dass sie Raubbau an ihrer Gesundheit betreibt, nur um es sich und anderen zu beweisen. Es liegt vielleicht an ihrer Kindheit, in der sie ihren Eltern, die sie nicht liebten, immer zeigen wollte, wie gut und wie selbständig ist. Aber trotzdem…

Ich habe versucht, im Internet mehr über die Autorin zu erfahren. Es war nicht viel: 2005 verkauften sie und ihr Mann alles und wanderten nach Südamerika aus. Aus gesundheitlichen Gründen und um dem Fokus der Öffentlichkeit zu entfliehen. Sie kehrten seitdem nur wenige Male in die USA zurück. In diesem Jahr feiert Lisa ihren 70sten Geburtstag. Das wars.

Wenn Sie sich ein paar Bilder von Lisa Fittipaldi ansehen möchten:

https://bit.ly/2snyu4I

Ab morgen berichte ich wie schon angekündigt über ein paar Tage an der Ostsee.

 

Wenn ein indischer Fakir sich bei Ikea in Paris ein Bett kaufen möchte…

….dann kann er danach einen Roman schreiben. Heute mal eine etwas andere Bewertung des Buches:

Ich habe das Buch während einer langen Autofahrt gelesen, die Zeit verging im Fluge und ein paar Passagen habe ich meinen Mitfahrern vorgelesen, weil sie so witzig waren. Vielleicht noch ein Tipp für den Ferienkoffer?

Morgen mache ich mir kurz Gedanken zur Fußball-WM Dekoration.

Nichts Neues unter der Sonne

Welche Ziele hatten Larry Page und Sergey Brin, als sie Google erfanden? Könnte man es so formulieren?

Ich denke schon, nur stammt dieser Text nicht von den beiden, sondern von den Gebrüdern Fielding und er erschien 1751…

Sie nannten sich Adressbüro, Universal Register-Office, Fragamt oder Berichthäuser und etablierten sich ab 1586 in den Hauptstädten Paris, London, Berlin oder Wien. (In der Habsburger Monarchie und bei den Preußen wurden auch kleinere Städte interessant, so wurde auch Duisburg 1727  zum Knotenpunkt eines Adressbüro-Netzes).

Die Idee dazu hatte ein Herr aus der Familie de Montaigne. Nein, es war nicht „mein VIP“ Michel, sondern sein Vater Pierre Eyquem. Aber Michel de Montaigne berichtet 1580 in einem Essay über die Idee seines Vaters und so kam es 1586 zur ersten Gründung eines Adressbüros  durch einen Franzosen.

Die Aufgaben der Büros waren sehr vielfältig wie z.B. die Registrierung von zu verkaufenden Immobilien und freien Arbeitskräften- am Anfang  zwei Schwerpunkte dieser Einrichtungen. Die Büros wurden zusätzlich zu Detektivbüros, Meldeämter für Touristen oder Mitfahrzentralen. Man bot dort Waren an und unter Leibnitz übernahm das Büro kulturelle Aufgaben,  ein Lesesaal wurde eingerichtet oder man traf sich zum Diskutieren. Besonders pfiffige Ideen, um die Kundenfrequenz im Büro zu erhöhen, hatte das Fragamt in Bratislava. Hier konnte man Sachen zum Einfärben abgeben, erste Versuche der Geldvermittlung wurden gestartet und oder wer Flaschenleergut unbeschädigt zurückbrachte, bekam „auch den 5ten Groschen wieder zurück“. (Das war 1782!)

Der Erfolg dieser Büros hielt allerdings oft nicht lange an. Schon damals gab es „Probleme mit dem Datenschutz“ beim Registrieren der Leute, die die Dienstleistungen eines Büros in Anspruch nehmen wollten. Die Einzelhändler beschwerten sich über das große Warenangebot, das in den Räumen der Büros gezeigt wurde und dass man sort direkt einkaufen konnte. Schließlich kamen die Büros auch immer wieder in Verdacht, politisch konträr zur Monarchie oder zur bestehenden Regierung zu agieren. Hatten die Büros am Anfang durch Plakate auf ihr Angebot aufmerksam gemacht, gab es schon bald Informationsblätter mit Anzeigen, daraus wurden schließlich Zeitungen, in denen zu den Anzeigen auch Artikel veröffentlicht wurden. Und dann war da noch das Problem der Bezahlung: Die Bevölkerung fanden die Büros sehr nützlich, doch für die Dienste zahlen wollten die Leute nicht. So mussten Büroeigentümer auch oft wegen mangelndem Geldes wieder schließen.

Kommt Ihnen das alles bekannt vor? Deshalb entschied ich mich auch für diesen Blogtitel. Das Buch bietet noch eine Reihe weiterer erstaunlicher Tatsachen rund um die Themen Medien und Kommunikation. Allerdings gab es auf den 175 Seiten auch viele Wiederholungen, welche Dienstleistungsangebote es in welcher Stadt gab. Das hätte man etwas straffer schreiben können, so blätterte ich manchmal etwas genervt ein paar Seiten weiter.

Nächster Blogeintrag kommt übermorgen am 14.6., passend zur Eröffnung der Fußball WM. 

 

 

Fangen Sie bei diesem Buch von hinten an

Dieses Buch hatte ich mir letztes Jahr zum Geburtstag gewünscht und freute mich sehr darauf, es zu lesen. Nach den ersten drei Kapitel ermattete die Freude, nach sechs Kapiteln begann ich ein neues Buch. Ich ärgerte mich darüber, denn es ging eher beiläufig um die Häuser, sondern vielmehr um ihre Bewohner mit ihren Klatsch- und Tratschgeschichten oder außergewöhnlichen Lebensentwürfen. Können auch interessant sein, aber ich wollte doch mehr über außergewöhnliche Häuser erfahren. Ich schmollte. 

Jetzt bekam das Buch mit anderen eine zweite Chance, denn ich nahm im Urlaub nur Bücher mit, die ich aus verschiedenen Gründen nicht zusende gelesen habe.

Warum auch immer, ich fing dieses Mal das Buch von hinten an. Vielleicht, weil das letzte Kapitel sich dem Thema Ferienhaus annahm. Und ich war begeistert! Vorletztes Kapitel dito ( wegen Bergbau vor Jahren aufgegebenes Dorf, in dem nun Flüchtlinge lebten) vorvorletztes Kapitel auch sehr interessant. Wie unterscheiden sich die Firmenbauten von Facebook, Google und Apple und was sagt dies über die Firmen aus.

Ich las dieses Mal das Buch ganz aus. Es gibt schwächere Kapitel, aber aus Ablehnung wurde Anerkennung. Merkwürdige Leseerfahrung.

Niederrhein-Paris-Karibik

“Sei mir ein Vater“, das sagte die Französin Lilie zu ihrem Gastvater Hermann in Xanten. Ihr eigener Vater Yves hatte sich kaum um sie gekümmert, doch Hermann wusste Lilie zu nehmen und auch in eine gute Richtung zu lenken, als sie als pubertierende Schülerin zu Hermanns Familien an den Niederrhein kommt, um die deutsche Sprache zu lernen. Seitdem sind 20 Jahre vergangen. Jetzt ist Lilie wieder auf dem Weg nach Xanten, da Hermann schwer erkrankt ist und nicht mehr lange leben wird. Mit den Gedanken ist sie allerdings noch bei sich zuhause in Paris, wo sie einen Einbrecher in ihrer Wohnung überraschte, als dieser ein altes Bild stehlen wollte. Der Einbrecher kann fliehen und lässt Lilie ratlos zurück. Warum wollte er diesen alten Schinken klauen, den ihr Vater ihr vor langer Zeit mal zur Aufbewahrung gegeben hat? Lilie sieht sich das Bild genauer an und entdeckt im Bilderrahmen einen Brief einer Georgette Agutte. Kurz entschlossen nimmt sie Bild und Brief mit nach Deutschland.

Als Lilie Hermann und dessen Tochter Hanna beides zeigt, ist Hermann Feuer und Flamme, dieses Rätsel zu lösen und sich damit abzulenken. So reisen die Drei nach Frankreich, um Näheres herauszufinden. Georgette Agutte erlangte in Paris ein gewisse Berühmtheit. Sie war Malerin, heiratete dann in zweiter Ehe einen Juristen, der nebenbei Kunstsammler ist und später in die Politik geht. Sie gehören zur Hautevolee von Paris zur Zeit der Belle Epoque, Pissaro ist ein väterlicher Freund, Matisse geht im Haus ein und aus. Es stellt sich heraus, dass Georgette eine Vorfahrin Lilies ist, doch das Geheimnis des Bildes ist damit noch nicht gelöst. Um weiterzukommen müssen die Drei in die Karibik fliegen, denn dort lebt Lilies Vater und er sollte mehr über das Bild wissen…

Es gibt zwei sich abwechselnde Handlungsstränge in diesem Roman, nämlich die Geschichte der drei „Detektive“ und das erzählte Leben von Georgette. Anfänglich war ich von dem Unterhaltungswert des Buches sehr angetan, ab Mitte der Geschichte wurde es nach meinem Geschmack dann allerdings etwas zäh. Georgette ringt über Jahre hinweg, eine ähnliche Genialität wie Matisse zu erlangen und sehr berühmt zu werden. Doch dazu fehlt ihr letztendlich der Mut, unangepasst zu malen. Dieses Ringen wird zu ausführlich geschrieben. Was mich für das Buch trotzdem eingenommen hat ist die Tatsache, dass die Autorin uns eine Geschichte erzählt mit Personen, die tatsächlich alle gelebt haben. So war es nach dem Beenden des Buches  interessant, im Internet über Georgette, ihrem Ehemann und dessen politischen Zeitgenossen weiterzulesen.

Der Himmel über London

Leonard wird in Kürze sterben. Aber vorher möchte er noch seinen 70sten Geburtstag in einem teuren Londoner Restaurant feiern, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Maud und deren beiden Kinder. Und zwei weiteren Gästen, von denen er den anderen aber nichts erzählt. Um die Feier perfekt vorbereiten zu können, reisen Leonard und Maud schon ein paar Tage früher in die Hauptstadt. Leonard schickt Maud auf Sightseeing Touren, er selbst kämpft mit seinen Schmerzen, trifft sich mit seinem Anwalt, der auf der Feier das Testament vorlesen soll und liest in einem alten gelben Notizbuch. Dieses beinhaltet die Geschichte seiner einzigen Liebe. Carla hieß sie, eine Spionin aus dem Osten, die ihn in den 70er Jahren aus Liebe dazu brachte, für sie zu arbeiten.

Der Tag der Geburtstagsfeier rückt näher, Leonard geht es immer schlechter. Maud vermutet, das er durch Medikamente unzurechnungsfähig wird, behauptet er doch plötzlich, ein anderer zu sein, nämlich der Schwede Lars Gustav Selén. Auch dessen Geschichte wird im Roman erzählt. Er lebt sehr zurückgezogen und schreibt an einem Roman. Dieser spielt in London und Hauptpersonen sind Leonard, Maud, deren Kinder, ein Rechtsanwalt und Leonards unbekannter Sohn Milos…

Der Roman erinnerte mich manchmal an eine Denksportaufgabe, denn er spielt abwechselnd auf verschiedenen Ebenden und in verschiedenen Zeiten. Da muss man dann schon Lust auf Fantastisches haben. Mal wird es ein bisschen philosophisch, sozialkritisch, geschichtlich, auch mal ein bisschen unappetitlich. Aber es ist immer, mal mehr, mal weniger eine gewisse Spannung da, schließlich läuft alles auf das große Geburtstagsfinale hinaus. So schaffte ich die 571 Seiten.

Mein Urteil: Ich würde das Buch nicht verschenken, denn es ist schon recht speziell. Aber vielleicht haben Sie ja Lust, im Urlaub mal so einen Roman zu lesen?

 

Meine Lieblingswörter: Fast, nie, geschafft, immer,nur

Eigentlich gibt es ja immer nur eine Buchbesprechung pro Woche, doch muss ich diese Regel heute brechen. Vorgestern bekam ich vom Diogenes Verlag ein Leseexemplar dieses Titels zugeschickt:

Das war eine große Freude, denn ich hatte letztes Jahr auf ARTE eine Dokumentation über den deutschen Illustrator Christoph Niemann gesehen und war von seiner Arbeit hingerissen. Er arbeitet u.a für den berühmten “New  Yorker“ und andere bekannte Magazine. Sein Markenzeichen sind Bilder, in denen mit ganz wenigen Strichen punktgenau eine Aussage gemacht wird. 

So auch in diesem Buch. Die Bedeutungen „normaler“ Substantive, Verben, Adjektive werde durch eine Illustration erklärt, aber auch die von „Holterdipolter“, „Brimborium“ oder „Karacho“. Gegensätzliche Wörter sind gegenübergestellt und einige Teekesselchen, also Wörter mit doppelter Bedeutung, nimmt sich Niemann auch vor.

Ich habe mir noch nicht alle der 300 Bilder angeguckt, weil ich mir noch ein bisschen Spaß aufheben wollte. Aber das kann ich auf jeden Fall jetzt schon sagen: Ihre Kinder und /oder Enkel oder Ihre Gäste auf einer Party werden genausoviel Vergnügen an dem Buch haben wie Sie selbst. Viele der Bilder sind fast kleine Bildergeschichten und wenn man kleinere Kinder auffordert, das Bild zu beschreiben, fördert das den Wortschatz sehr.

Man kann aber auch z.B. aus jeder Seite ein Bilderrätsel machen, in dem man das Wort erst einmal abdeckt und versucht herauszubekommen, was mit der Illustration gemeint ist. Oder man gibt das Wort vor und jeder muss versuchen, es mit einer Zeichnung darzustellen. Oder man sucht weitere Teekesselchen oder man denkt sich, angeregt durch das Buch, andere Wörter zum Illustrieren aus oder man blättert immer wieder durch und versucht herauszufinden, welches die eigenen Lieblingswörter sind-siehe oben, Stand 25.5.18.