Zwischen Bewunderung, Staunen und Ablehnung

Lisa ist Ende vierzig, als sie zu erblinden beginnt. Sie sucht diverse Ärzte auf und erst nach vielen Monaten wird festgestellt, dass sie an Vaskulitis leidet, einer unheilbaren Krankheit, die sie nicht nur blind macht, die auch ihr Herz und ihre Nieren angreift und sie später ihr Gehör verlieren lässt.

Die Autorin bekommt eine tiefe Depression, verkriecht sich. Verschlimmert wird die Situation, als ihr Mann Al erst einen Herzanfall hat und dann zwei Schlaganfälle, durch die er teilweise sein Kurzzeitgedächtnis und die Kontrolle über seine Sprache verliert. Nun ist sie gezwungen, ihrem Mann zu helfen, was aber kaum möglich ist. Glücklicherweise verbessert sich Als Gesundheitszustand, worauf Lisa sich erneut fallen lässt. Die Ehe hängt an einem seidenen Faden, als Al Lisa ihren Schulmalkasten hinstellt. Sie soll endlich etwas tun, sie soll malen! Lisa hat sich nie für Kunst interessiert, doch sie nimmt die Herausforderung an und will genauso gute Bilder malen wie sehende Künstler.

Jahre vergehen. Lisa besucht Kurse, sie verkauft ihre Bilder auf Kunstmärkten, Galerien und im Internet. Ihr Bekanntheitsgrad nimmt kontinuierlich zu, Zeitungsreporter interviewen sie, sie wird zu Vorträgen an Universitäten eingeladen. Im Radio ist sie eine gefragte Gesprächspartnerin. Doch geht auch alles zu lasten Ihrer Gesundheit und plötzlich hört sie zu malen auf. Eine neue Idee reift in ihr heran: Sie beide eröffnen eine Frühstückspension. Wenn auch anfänglich mit großen Schwierigkeiten wird auch das ein Erfolg und Lisa beginnt darüberhinaus  wieder an zu malen. Damit endet im Jahr 2004 das Buch.

Lisa ist, wie sie selber im Laufe des Buches einsieht, am Anfang eine äußerst unsympathische Frau. Der Schock, blind zu sein, trägt dazu bei, was verständlich ist, doch ihr ungeheurer Ehrgeiz, es allen zu zeigen und genauso leistungsfähig zu sein, wie eine sehende Person, macht sie unangenehm. Sie ist empört, wenn man sie nicht wie eine Sehende behandelt und ihr helfen möchte, sie ist aber auch empört, wenn man ihr als Blinde nicht hilft, wenn sie doch Hilfe braucht.

Lisa kämpft, dafür bewundere ich sie. Lisa malt stimmungsvolle Landschaften oder Alltagsszenen. Darüber staune ich. Wofür ich kein Verständnis habe ist die Tatsache, dass sie Raubbau an ihrer Gesundheit betreibt, nur um es sich und anderen zu beweisen. Es liegt vielleicht an ihrer Kindheit, in der sie ihren Eltern, die sie nicht liebten, immer zeigen wollte, wie gut und wie selbständig ist. Aber trotzdem…

Ich habe versucht, im Internet mehr über die Autorin zu erfahren. Es war nicht viel: 2005 verkauften sie und ihr Mann alles und wanderten nach Südamerika aus. Aus gesundheitlichen Gründen und um dem Fokus der Öffentlichkeit zu entfliehen. Sie kehrten seitdem nur wenige Male in die USA zurück. In diesem Jahr feiert Lisa ihren 70sten Geburtstag. Das wars.

Wenn Sie sich ein paar Bilder von Lisa Fittipaldi ansehen möchten:

https://bit.ly/2snyu4I

Ab morgen berichte ich wie schon angekündigt über ein paar Tage an der Ostsee.