Spannende Zeitreise in die Fünfziger

Bühlerhöhe

Bundeskanzler Adenauer macht seit Jahren im Schwarzwald im Hotel Bühlerhöhe Urlaub. Auch 1952 soll es wieder so sein, doch besteht in diesem Jahr eine besonders große Gefahr, dass ein Anschlag auf ihn verübt wird. Er setzt sich dafür ein, dass Deutschland Ausgleichszahlungen an Israel zahlen soll, und das ist für deutsche und israelische Extremisten inakzeptabel. So hat Adenauer deutsche Bewacher, aber auch Rosa Silbermann vom Mossad. Allerdings ist Rosa mit der Aufgabe anfänglich überfordert, denn ihr zugeteilter Partner Ari taucht zuerst nicht auf und die Hausdame vom Hotel, Sophie Reisacher, wird zu ihrer Gegenspielerin. Sophie merkt, dass mit Rosa etwas nicht stimmt und sie glaubt darüber hinaus, dass Rosa ihr den Mann ausspannen will, den sie sich für eine bessere Zukunft ausgeguckt hat. Doch Rosa wächst mit ihren Aufgaben, dann taucht Ari auch endlich auf und es scheint, dass der Bundeskanzler nicht in Gefahr gerät. Es scheint….

Der geschichtliche Hintergrund dieses Romans ist sehr interessant, man bekommt mit, wie sehr alte Naziseilschaften damals noch in Deutschland verankert waren und beim Lesen spürt man regelrecht die Miefigkeit der damaligen Zeit. Und dann ist da noch das außergewöhnliche Duell zwischen Rosa und Sophie.

Ein “runder” Gesellschaftsroman, der spannend zu lesen ist.

Brigitte Glaser “Bühlerhöhe” List Verlag 20 Euro.

Meine Buchbesprechung zur Olympiade

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Ilija Trojanow: Meine Olympiade, Fischer Verlag, 22 Euro

Nach der Olympiade in London nimmt sich der Autor Illja Trojanow, der durch seine Reisereportagen bekannt ist, ein außergewöhnliches Experiment vor: Er will bis zur Olympiade in Brasilien alle 80 Einzelsportarten so beherrschen, dass er zumindest halb so gut wie der Olympiasieger ist. Wir begleiten ihn bei seinen Erfolgen aber auch in Momenten des Scheiterns. Das Sperrwerfen ist beispielsweise, wer hätte das gedacht, für ihn die schwierigste Sportart, Pferdewettkämpfe verurteilt er vehement, dem Ringen kann er unerwartet gute Seiten abgewinnen.
Das Buch ist sehr informativ und teilweise auch humorvoll und selbstironisch geschrieben. Der Autor wünscht sich, dass wir nicht immer nur auf die Sieger schauen, sondern allen Sportlern bei der Olympiade Respekt zollen. Bei mir hat er es geschafft, denn Wettkämpfe sehe ich mir jetzt mit anderen Augen an.

Gebrauchsanweisung fürs Schwimmen

Gebrauchsanweisung 15 Euro

Ich war früher eine begeisterte Schwimmerin, doch seit einigen Jahren zieht mich nichts mehr ins Wasser. So las ich das Buch in der Hoffnung, dem Schwimmen wieder mehr abgewinnen zu können. Das schaffte das Buch teilweise. Die fast schon philosophischen Betrachtungen über das Schwimmen und das Wasser, sowie die Auswirkungen des Schwimmens auf den Menschen gefielen mir sehr gut. Der “technische Teil” des Schwimmens war mir zu ausführlich und verschreckte mich wieder, zumal ich jetzt annehmen muss, völlig falsch und gesundheitsschädlich zu schwimmen- mit dem Brustschwimmen wird hart ins Gericht gegangen. Auch die beschriebenen Szenen im Hallenbad waren nicht gerade animierend. Und trotzdem…In der Nähe liegt ein See, heute bin ich schon mal herumgelaufen…

Ein Lieblingsbuch zum Wochenanfang

Samstag

Mark Watson: Ich könnte am Samstag, Heyne Verlag, 8,99 €
Der Australier Chris bricht, nachdem ihm ein großes Unglück passiert ist, alle Brücken ab und zieht nach England. Er nennt sich Xavier und wird Moderator einer Radiosendung, in der er Anrufern, die Probleme haben, gute Ratschläge gibt. Privat kämpft er damit, seine schlimmen Erinnerungen zu verdrängen. Er hält sich aus allem heraus und führt ein recht monotones Leben. Das ändert sich, als er die resolute Pippa trifft. Erst als Putzfrau, später als Freundin, zeigt sie Xavier, wie er sich einmischen soll, um anderen Menschen zu helfen. Vorbei ist es mit seiner Ruhe, doch Xavier lebt auf.
Jede noch so „unbedeutende“ Handlung einer Person kann sich auf das Leben anderer Menschen auswirken. In diesem Roman beweist der Autor dies virtuos und bietet damit viel Stoff zum Nachdenken. Eins der wenigen Bücher, das ich schon zum zweiten Mal gelesen habe.

Kriminell, so ein Flughafen

Ribas

Mehrere Reinigungsfrauen, die auf dem Frankfurter Flughafen die Flugzeuge nach der Landung säubern, sollen im großen Stil Drogen schmuggeln. Eine Kommissarin nimmt eine neue Identität an und es gelingt, sie in die Frauengruppe einzuschleusen. Schon bald gewinnt sie das Vertrauen der Kolleginnen und wird ebenfalls Drogenkurierin. Als sie jedoch an die Hintermänner herankommen will, beginnt sie einen schweren Fehler, denn nicht alles ist so, wie es scheint.
Dieser Krimi macht die Zeit, die Sie zukünftig auf Flughäfen verbringen, wertvoller, denn Sie lernen, hinter die Fassaden zu blicken. Für Nichtflieger: Die Figur der Kommissarin, die an dem Identitätswechsel fast zerbricht, ist keine der üblichen Powerpolizistinnen. Damit wird der Krimi noch empfehlenswerter.

Das Buch kostet 9,99 Euro.

Nichtstun leicht gemacht

Muße

Ulrich Schnabel: Muße-Vom Glück des Nichtstuns Pantheon Verlag 14,99€

Dieses Buch steht auf meinem Schreibtisch…als Ermahnung! Erinnern Sie sich noch an den Loriot Dialog „Der Feierabend“ zwischen einem Ehepaar? (Sinngemäß wiedergegeben): „Frau:“Was tust du?“ Mann:“Ich sitze.“, Frau:“Tu doch mal was, was dir Spaß macht!“ Und dabei macht der Mann etwas sehr Vernünftiges, denn er gönnt seinem Geist eine Pause… Viele kämpfen mit der Informationsflut, der Handyabhängigkeit oder dem Warenüberangebot, das uns oft überfordert. Wenn wir dann endlich frei haben, überfrachten wir die Zeit oftmals mit Freizeitaktivitäten- keine Chance für Müßiggang. Das Buch ermutigt, sich auszuklinken und anders zu sein- gegen das übliche Verhalten und der bestehenden Meinung, viel in seiner Lebenszeit erreichen zu müssen. Wem das schwerfällt, der bekommt Tipps, wie man Muße in seinem Leben zulässt. Denken Sie dabei nicht an Zeitmanagement, oder „Simplify your Life“, der Weg ist ein ganz anderer.

Slow Crime

Hunkeler

Es gibt den Begriff “Slow Food”, aber gibt es auch “Slow Crime” in der Literatur? Wenn nicht, melde ich hiermit offiziell das Copyright an! Wie komme ich dazu?

Vor ein paar Tagen trank ich ein Glas Grüner Veltiner und hatte einen “Krimi-Flash”. Ich erinnerte mich plötzlich an die drei Hunkeler Krimis, die ich vor ein paar Jahren gelesen habe und ich habe nur gute Erinnerungen…

Die Hunkeler-Krimis von Hansjörg Schneider sind wie ein flauschiger Lieblingspullover, den man anzieht. Man macht es sich dann auf der Couch gemütlich und der Puls wird ruhig, denn die Krimis sind wunderbar unaufgeregt. Peter Hunkeler ist Hauptkommissar in Basel kurz vor der Pensionierung. Ihn kann kaum noch etwas aus der Ruhe bringen und er denkt quer, oftmals zum Ärger seiner Vorgesetzten, die Fälle lieber bequem abschließen möchten. Der Polizist ist bodenständig und hat gute Kontakte zum “niederen Volk”, er isst gerne und weiß einen guten Wein zu schätzen. Eine Freundin hat er auch, die hat aber auch ihren eigenen Kopf und mit ihr ist es nicht immer leicht.

1993 ist der erste Hunkeler Krimi erschienen, dann waren die acht Krimis lange vergriffen. Zum Erscheinen des neunten Krimis wurden alle noch einmal als Taschenbücher im Diogenes Verlag neu aufgelegt. Dafür danke ich dem Verlag sehr, denn intelligente Krimis ohne Blutströme und Gemetzel sind heute eher selten geworden. Man muss die Krimis nicht in der Reihenfolge lesen, habe ich auch nicht und das war nicht störend. Sechs habe ich noch in petto…Winter-Couch-Wein… Sehr schöne Aussichten!

 

 

 

 

 

 

Rückblick auf 30 Jahre

Charakterbilder

55 berühmte Persönlichkeiten werden in diesem Buch im Zeitraum von 1983 bis 2007 porträtiert. Faszinierend ist, wie die Fotografin von Kruse es schafft, die Berühmtheiten ungestellt abzulichten und wie sie beschreibt, welche Hürden sie nehmen musste, um diese Porträts überhaupt machen zu dürfen und gleichzeitig auch Interviews zu bekommen. Das Buch gleicht einer Zeitreise, denn es tauchen Namen auf wie z.B. , Marion Gräfin Dönhoff, Richard von Weizsäcker, Ida Ehre oder auch Loriot. Sehr lesens- und sehens(!)wert, denn man entdeckt u.a. auch manche Facetten bei den einzelnen Personen, die man nicht vermutet hätte.

Das Buch ist im zu Klampen Verlag erschienen und kostet 19,80 Euro.

Polivka hat einen Traum-Lust auf einen Krimi?

Wiener Krimi

Der Wiener Bezirksinspektor Polivka muss sich um einen ermordeten Fahrgast in einem Zug kümmern, doch wird ihm sehr schnell von seinem Chef befohlen, den Mord als Unfall zu behandeln. Polivka beschließt daraufhin, übers Wochenende privat nach Paris zu fahren, denn dort kommt der tote Geigenbauer Jacques Guillemain her. In der Wohnung trifft er auf Guillemains Exfrau Sophie. Beide werden dort kurz danach wegen einer Speicherkarte überfallen, die Guillemain in einer Geige versteckt hat. Es stellt sich bei weiteren Ermittlungen von Polivka und Sophie heraus, dass einer der einflussreichsten Männer Österreichs, nämlich der “Fürst” in ungeheure Machenschaften verstrickt ist und dieser über Leichen geht, um nicht in Verdacht zu geraten. Kommen Polivka und Sophie da lebend wieder raus?

Ein genialer Krimi! Die Mischung aus Wiener Schmäh, französischen Charme und indischen Weisheiten(vom indischen Kollegen Polivkas) ist schon etwas Besonderes. Dazu kommen aber noch Witz und Spannung und dann ist am Ende noch eine ordentliche Portion Zynismus, die ihres gleichen sucht.

Der Autor Stefa Slupetzky ist bereits 2005 mit dem Glauser Krimipreis ausgezeichnet worden. Er ist für mich eine Neuentdeckung und ich freue mich auf weitere Krimis von ihm.

Tosende Stille-tosendes Unbehagen

Vor ein paar Tagen stand erneut in der Zeitung, dass Pottwale gestrandet seien und man in ihrem Mägen sehr viel Plastikmüll gefunden hätte. Der Artikel erinnerte mich an das Buch, das ich letzten Monat gelesen und über dessen Inhalt ich mich ziemlich aufgeregt habe. Eigentlich wollte ich es nicht besprechen, die Tatsache, dass es mir jetzt wieder in Erinnerung kam, zeigte mir aber, dass das Buch wenigstens eine gute Seite hat. Deshalb nun doch ein paar Worte zu diesem Buch:

Tosende Stille Atlantiküberquerung

Worum geht es?

Janice Jakait hat 2011 in 90 Tagen als erste deutsche Frau alleine in einem Ruderboot 6500 km zurückgelegt. Sie ruderte für OceanCare, einer Umweltorganisation, die unermüdlich versucht, die Welt auf den Plastikmüll in den Meeren aufmerksam zu machen. Die Medien berichteten damals ausführlich über die Autorin und somit auch über OceanCare. Bis hierhin finde ich alles gut, aber der Rest…

Janice Jakait erzählt, wie sie 10 Jahre vergeblich nach dem Sinn des Lebens geforscht hat und nun eine Herausforderung suchte, die ihr Klarheit bringen sollte. Die Idee des Ruderns kam da eher zufällig. Sie hatte bis dahin nicht soo viel mit dem Rudern zu tun gehabt und ging dann als Kettenraucherin und jemand, der immer wieder Migräneanfälle bekommt, an den Start. Das war alles nicht so einfach und ihre Klagen sind vielfältig. Bereits nach wenigen 100 Seemeilen gab es dann auch noch technische Probleme, die darin ausuferten, dass das Boot beim Rudern extrem laut war und sie bald verrückt geworden wäre. Extreme Verbrennungen dank Sonneneinstrahlung kamen noch dazu, ebenso Stürme auf See und gefährliche Stunden, als sie in ihrem kleinen Ruderboot von Riesenfrachtern oder Schleppschiffen fast mal übersehen wurde ( z.B. in der Straße von Gibraltar, oh Wunder).

Der Schreibstil des Buches ist einfach, es wird ordentlich geflucht, aber das passt natürlich auch zu den extremen Situationen. Auch wird natürlich von schönen Momenten berichtet, wie sie z.B. sehr lange von einem Seevogel, einem Wal oder Delfinen begleitet wird. Meiner Meinung zu kurz sind die Passagen, in denen sie über OceanCare schreibt, deren Arbeit sie unterstützen will, aber das ist sicher noch Geschmackssache.

Was mich beim Lesen aber sehr gestört hat ist der Egoismus dieser Autorin.

Die Leistung, dass trotz allen Widrigkeiten, Janice Jakait durchgehalten hat, verdient sehr großen Respekt, aber ich finde das ganze Projekt höchst unverantwortlich gegenüber anderen und gegenüber ihrer eigenen Person. Und wenn sie dann noch in ihrem Buch beschreibt, wie hunderte von fliegenden Fischen auf ihrem Boot landeten und verendeten, dann wird das eine Ziel, etwas für die Umwelt zu tun, ad absurdum geführt.

Und hat sie den Sinn des Lebens gefunden? Sie gibt jetzt zwar Seminare für ein sinnerfülltes Leben (den Augenblick genießen, nicht so hohe Ansprüche an sich und andere stellen, alles wird sich finden), ich bin mir da nicht so sicher, denn sie plant weitere Extremexpeditionen…

Ich glaube, das ist bisher meine längste Buchbesprechung, höchstwahrscheinlich, weil ich mich immer noch aufrege…