Der Schriftsteller Ben sucht eine günstige Wohnung in London. Er nimmt das Angebot an, bei Winnie zu wohnen und bekommt im Gegenzug für eine günstige Miete die Aufgabe, Winnie bei Alltagsarbeiten zu helfen. Winnie ist Anfang 80, lebt in einem Haus mit großem Garten und vor einem Jahr ist ihr Mann Henry gestorben. Da ihr Sohn Stewart dieses Arrangement vereinbart hat, steht Winnie am Anfang Ben sehr distanziert gegenüber und beachtet ihn kaum oder meckert über das Essen, das er gekocht hat. Doch Ben, der schon einmal in einem Seniorenheim gearbeitet hat, lässt sich nicht so schnell von Winnies abweisender Art einschüchtern. Er erkennt, dass Winnies Alltag immer noch von der Trauer und von den Sorgen um ihren anderen Sohn Arthur geprägt ist, der Zerebralparese hat und in einem Pflegeheim lebt. Ganz langsam gewinnt Ben Winnies Herz, findet ein gemeinsames Humorlevel und lenkt die alte Frau von ihrer Trauer ab. Er zeigt an ihrem früheren Leben Interesse und merkt dabei, wie viel er von Winnie lernen kann. Als Winnie stürzt und ins Krankenhaus kommt, erkennt Ben, wie sehr Winnie ihm fehlt.
Obwohl ich dieses Buch schon vor einigen Wochen gelesen habe, wird es mir immer noch warm ums Herz, wenn ich an Winnie und Ben denke, vielleicht, weil Ben sein Buch mit feinem britischen Humor geschrieben hat.
2020 stellte ich Ihnen zwei Bücher von Georges Perec vor, der in seinen Büchern den Alltag sezierte. Diese las ich jetzt noch einmal und angeregt durch die Lektüre, kam es zu dieser Sammlung.
Ist es zuhause langweilig? Nein, wenn man bedenkt, was dort alles passiert. Hier über 100 Mikroereignisse, dei denen in Ihrem Kopf u.U. ein kleiner Film abläuft, egal, ob Sie alleine oder zu mehreren Personen in einem Haushalt leben:
Einen Aufkleber von einem Glas abknibbeln Altpapier sammeln Die Anrichte mit Möbelpolitur einreiben Den Anrufbeantworter abhören Den Backofen vorwärmen Das Badewasser einlassen Eine Banane zermatschen Die Bastelsachen wegräumen Die Betten frisch beziehen Ein Bild aufhängen Eine Birne in einer Lampe auswechseln Einen Bleistift spitzen Den Briefkasten inspizieren Die Brille suchen Die Blumen gießen Eine Brausetablette in Wasser auflösen Das Bügeleisen mit Wasser auffüllen Um die Chipstüte herumschleichen Sich von alten Computergeräten trennen Einen Coupon ausschneiden Die Dachluke schließen Dokumente abheften Eine Kuscheldecke zusammenlegen Unter der Dusche singen Ein Ei aufschlagen Eine Einkaufsliste schreiben Eiskugeln in Schälchen portionieren Einen Faden durch ein Nadelöhr friemeln Ein Fotoalbum ansehen Formulare ausfüllen Die Fensterrahmen streichen Den Fernseher programmieren Die Fernbedienung strapazieren Einen Fleck ausreiben Ein Fitzelchen eines gewaschenen Tempos aus der Hosentasche puhlen Eine Flasche entkorken Die Gardinen aufhängen Ein Geburtstagsgeschenk einpacken Die Geldkassette verstecken Die Geschirrspülmaschine ausräumen Die Gelatine auflösen Das Handy aufladen Die Hände eincremen Die Handtasche aufräumen Löcher in einen nicht leicht zu öffnenden Glasdeckel einstechen Ein Hemd bügeln Die Hände am Heizlüfter wärmen Ein Hustenbonbon lutschen Den Käse reiben Die Kaffeemaschine entkalken Den Kalender umblättern Den Kellerboden schrubben Eine Kerze anzünden und auspusten Kissen aufschütteln Kirschen entkernen Kleiderschrank entmisten Einen Knopf annähen Den angebrannten Kochtopf auskratzen Küchenmesser schärfen Den Kühlschrank abtauen Die Kugelschreibermine erneuern Den Knoblauch pressen Das Laptop aufklappen Auf eine Leiter steigen Das Licht anmachen Linsen einweichen Einen Lottozettel ausfüllen Den Pömpel benutzen Das Milchkochen beaufsichtigen Abgelaufene Medikamente entsorgen Die Mohrrüben raspeln Eine Mücke im Schlafzimmer aufspüren Den Weihnachtsbaum schmücken Den Mülleimer auswaschen Die Nachbarn durch das Fenster beobachten Nippesfigürchen abstauben Eine Orange schälen Die Quicheform innen mit Butter bestreichen Eine Patience legen Dem Paketdienstfahrer ein Trinkgeld geben Papierrolle in der Küche abreißen Ein Post-it zur Erinnerung an die Haustür innen anpappen Eine Putzpause einlegen Mit einer Pfanne scheppern Die letzte Praline aus der Schachtel stibitzen Ein Stück Pflaster abschneiden Das Radio einschalten Mit dem Zeigefinger die Staubschicht auf Regalbrettern überprüfen Die Reiseunterlagen zusammensuchen Verschüttete Reiskörner auffegen Rätsel in der Zeitung lösen Rechnungen bezahlen Dem Regen zuhören, der auf das Dachfenster fällt Den Rollladen herunterlassen Die Sahne schlagen Angelaufenes Silberbesteck polieren Eine zerbrochene Schale kleben Die Schallplatten neu sortieren Die Schuhe wienern Eine Spieluhr aufziehen Sich auf das Sofa setzen und…Entscheiden Sie selbst! Eine Spinne mit einem Glas an die frische Luft befördern Den Spiegel abreiben Den Staub oben von den Bücherschnitten wegwedeln Den Stromzähler ablesen Auf einen Stuhl klettern Eine Tasse ausspülen Den Tee ziehen lassen Einen Teig kneten Den Tisch abwischen Duftspray in der Toilette verteilen Den Topf mit Kuchenteigresten genussvoll auslecken Unerwartet eine Tafel Schokolade in einer Schublade entdecken Einen Telefonanruf annehmen Den Teppich saugen Eine quietschende Tür ölen Die Uhr umstellen Uhukleber an den Fingern abribbeln Eine empfindliche Vase abtrocknen Der Vergrößerungsspiegel anstarren und seufzen Den Vorratsschrank auswischen Die Wäsche waschen Das Waschbeckenstöpsel eindrücken Den Wecker ausstellen Weihnachtsdekoration anbringen Das Wohnzimmer tapezieren Wollmäuse entfernen Die Zahncremetube ausdrücken Die Zimmer lüften
Diese Bücher habe ich u.a. in den letzten Monaten gelesen:
Mit allen vier Titeln habe ich eine grundlegende Schwierigkeit: Ich kann für sie keine Buchbesprechungen schreiben. Für mich besteht eine gute Besprechung darin, dass sie den Inhalt möglichst kurz zusammenfasst und eine kurze Wertung abgibt. Die Betonung liegt auf „kurz“, denn von Buchbesprechungen, die in die epische Breite gehen, halte ich nicht viel. Ich möchte beim Lesen des Buches noch überrascht werden. Wenn ich plane, eine Buchbesprechung zu schreiben, lege ich Lesezeichen in einzelne Seiten, die mir wichtig erscheinen. Bei allen vier Büchern sahen die Buchschnitte so aus.
Sehen Sie vorne die ersten Seiten des Buches, die keine Lesezeichen haben? Hier hatte ich begonnen, eine Inhaltsangabe zu schreiben. Sie fing so an:
Haben Sie schon einmal vergeblich versucht, sich eine gute Gewohnheit anzueignen oder eine schlechte abzugewöhnen? Falls Sie bejahend nicken, lesen Sie ruhig weiter. Wir setzen uns meistens ein Ziel, um etwas zu erreichen, doch hier erklärt uns der Autor direkt am Anfang des Buches, dass dieses Vorgehen falsch ist. Ein erreichtes Ziel kann u.U. nur temporär etwas verändern ( z.B. 20 Kilo abnehmen und dann wieder zunehmen) und das Ziel grenzt darüber hinaus die Möglichkeit von noch größerem Erfolg ein. Der richtige Weg lautet: Man muss das System ändern. Was bedeutet das? Fragen Sie sich in aller Ruhe , was Sie für ein Mensch sein möchten. Die beste Motivation ist, wenn eine Gewohnheit ein Teil der Identität wird. Je stolzer Sie auf einen Teil Ihrer Identität sind, desto leichter ist es, die dazugehörende Gewohnheit sich anzueignen und dann auch beizubehalten. Indem Sie bestimmte Gewohnheiten pflegen, gestalten Sie Ihr eigenes Ich. Wie entstehen Gewohnheiten? Unser Gehirn ist der Schauplatz und dies läuft in ihm ab: 1. Auslösereiz-2. Verlangen-3. Reaktion-4. Belohnung
Ich merkte beim Schreiben, dass die Besprechung ellenlang würde und das wollte ich nicht und hörte auf. Lesen Sie „ Die 1% Methode“ lieber selbst und entdecken Sie, wie man den Alltag und letztendlich sein ganzes Leben mit guten Gewohnheiten erleichtert und auch bereichert.
Bei den anderen drei Büchern ging es mir auch so. Sie sind toll und bieten viel Stoff zum Nachdenken. Das Hormonbuch (2. Buch von links) habe ich zuerst gehört. Teilweise sehr kurzweilig, da sich die Hormone miteinander unterhalten, was der Mensch, in dem sie sich befinden, mal wieder alles falsch macht. Auch haben die Hormone menschliche Züge, sind traurig, euphorisch, zickig. Den ernsten Inhalt konnte ich beim Hören nicht so schnell behalten und so las ich danach das Buch in Ruhe. Die wichtigste Kernaussage für mich: Die Hormone meinen es gut mit mir, der kritische Satz: „ Ach das sind bestimmt mal wieder die Hormone!“ kommt mir nicht mehr über die Lippen, denn das ist ungerecht gegenüber unseren Helfern, den Körper am Laufen zu halten. Kein Eingreifen in den Hormonhaushalt, um bei Leistungen noch ein Schüppchen drauflegen zu können= Kernaussage Nr. 2. Darüber hinaus lernt man auch viel darüber, wie Hormone unsere Gesellschaft prägen können und weiß man das, wird man selbst ein ganzes Stück abgeklärter.
Buch 3 und 4: Beide beschäftigen sich mit Dingen, die unseren Alltag prägen. In „Das verschachtelte Ich -Individualräume des Eigentums“ wird gezeigt, wie Dinge uns als Mensch bestimmen. Sie waren z.Zt. der Römer und im Mittelalter oft die einzige Möglichkeit, seine Individualität und individuelle Freiheit auszudrücken. Oftmals waren es Fundstücke, heute würden wir Souvenirs sagen oder selbstgefertigte Dinge durch die ein Mensch sich von anderen absetzte. Ab Beginn der Industrialisierung änderte sich das zunehmend und heute kaufen wir bewusst Gegenstände und häufen sie an, um unsere Individualität zu demonstrieren. Aber in Zeiten der Massenproduktion ist das mit der Individualität nur noch Wunschdenken. Unser Konsumverhalten wird in dem Buch kritisch unter die Lupe genommen und man hinterfragt beim Lesen seine eigene Einstellung dazu. Das Buch hat nur 159 Seiten, ist leicht zu lesen und bringt es auf den Punkt.
Buch Nr. 4: Für „Lebhafte Materie“ brauchte ich acht Monate. Immer wieder musste ich Pausen einlegen, um den Inhalt zu „verdauen“ und weiter zu recherchieren. Die Autorin bezieht sich bei ihren Ausführungen auf diverse Philosophen (u.a. Latour, Deleuze, Bergson und Driesch) und macht die Aussage, dass in jedem nichtmenschlichen Objekt eine Kraft steckt, etwas Neues zu erschaffen. Sie spricht von der „Handlungsmacht der Gefüge“, wenn mehrere Dinge miteinander agieren. Humbug? Mitnichten. Sie gibt viele Beispiele und Sommer 2020 erschien zu diesem Thema auch ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. (Das Buch erschien 2010).
– Was bedeutet das für uns Menschen? Die Handlungsmacht liegt nicht bei uns allein und wir können absolut nicht absehen, wie und wann die Vitalität der Materie sicht-und fühlbar wird und welche Konsequenzen dies für Menschen hat. Wünschenswert wäre es, wenn sich unser zukünftiges Handeln an dieser Erkenntnis orientiert und wir etwas demütiger würden.
Ich finde es sehr schade, dass die Autorin nicht für interessierte Laien geschrieben hat. Ihre Texte baden in Fremdwörtern und dies grenzt den Lesekreis damit doch erheblich ein. Auch die Tatsache, dass sie einmal in der Ich-Form schreibt, dann wiederum von sich in der dritten Person, irritiert. Nichtsdestotrotz lege ich Ihnen das Buch ans Herz, denn es kann Ihr Weltbild verändern. Eine Rezension im Deutschlandfunk (übrigens die einzige nicht kommerzielle Besprechung, die ich gefunden habe), machte mich auf das Buch neugierig. Falls Sie gerne eine zweite Meinung lesen möchten:
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