Wenn eine Frau zum Morgengebet ruft…

In einem nicht konkret benannten muslimischen Land: Bilqiss soll gesteinigt werden. Sie wird angeklagt, anstatt des Muezzin, der zuhause betrunken unter dem Tisch lag, zum Morgengebet aufgerufen zu haben. Dabei tat sie dann auch gleichzeitig einige Ihrer Meinungen kunt, z.B. dass Allah diejenigen nicht bestraft, die nicht zum Gebet kommen, wenn sie arbeiten und dem Allgemeinwohl dienen. Dieser Anklagepunkt ist aber nur einer von vielen, Bilqiss schminkt sich, besitzt Spitzen-BHs und Stofftiere.
Bei der Gerichtsverhandlung brodelt die Seele der Gläubigen, sie hassen Bilqiss, die dem Richter mit besten Korankenntnissen dessen Auslegungen widerlegt und keine Angst zeigt. Merkwürdigerweise zieht der Richter die Verurteilung in die Länge, lässt Bilqiss “nur” zwischendurch auspeitschen und besucht sie im Gefängnis mit Heilsalbe und gutem Essen. Zwischen den beiden besteht eine außergewöhnloiche Beziehung, die dann auch zu einem unerwarteten Ende der Geschichte führt.

Der Roman besteht aus Erzählungen von Bilqiss, dem Richter und einer amerikanischen Journalistin, die anfänglich mit dem Berichten über Bilqiss für sich eine Möglichkeit sieht, in New York in Zeitungskreisen zu glänzen, dann aber emotional immer mehr in die Geschichte hineingezogen wird.

Die marokkanische Autorin bedankt sich im Nachwort bei ihrem Vater für seine aufgeklärte, weitgefächerte Erziehung. Dies merkt man dem Buch an, es ist für mich mal wieder ein Buch, das sich in meinen Bucherinnerungen einen festen Platz erobert hat. Ich werde die beiden anderen Romane von Saphia Azzeddine ebenfalls noch lesen.

 

Autor: linda

Wohne in Duisburg.

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