Eine eingewebte Geheimsprache

Das Krefelder Textilmuseum widmet sich z.Zt prähistorischen Stoffen aus Peru.

Für einen grauen Wintertag ist das Betrachten der Farbenpracht genau das Richtige, darüber hinaus erfährt man eine Menge über das Alltagsleben in Peru und in seinen Nachbarländern zu den Zeiten, die man bei uns das Mittelalter nennt. Letztendlich lernt man eine außergewöhnliche Frau kennen, die diese Ausstellung ermöglicht hat. Aber der Reihe nach…

Rechts: Bemalter Stoff, links oben bestickter Stoff, darunter zweimal gewebte Bordüren.

Die gezeigten Stoffexponate stammen zumeist aus geräuberten Gräbern. Die Räuber waren zumeist nur an Gold interessiert und nahmen selten Stoffliches mit, sodass Stoffe auch später noch von Forschern in Gräbern gefunden wurden. Man versuchte herauszubekommen, aus welchen Materialien die Stoffe hergestellt waren, wie man sie färbte und was auf den Stoffen dargestellt wurde. Oft erkennt man Tiere (Vögel, Katzen, Fische) oder Figuren, die in den Religionen der Andenvölker eine Rolle spielten. Mein „Lieblingsstück“ war dieses Hemd aus der Wari Kultur (700-1000 n.Chr.), dessen Bilderwelt einer Geheimsprache glich, die nur wenige entschlüsseln konnten.

Eine Ausnahmestellung unter den Stoffen stellten diese Gaze-und Jourgewebe dar.

Die Tücher, hauptsächlich trugen sie Frauen über ihrem Haar, erinnern entfernt an geklöppelte Spitze, ihre Fragilität und Leichtigkeit sind beeindruckend.

Die Stoffe dienten zu verschiedenen Zwecken. Neben Kleidung stellte man auch Dinge für religiöse Handlungen oder für den Alltag her.

Links oben eine Stoffpuppe und daneben Wickelkreuze, beides Grabbeigaben.
Rechts oben eine Kopfbedeckung, links unten ein Lendenschurz.
Rechts unten verschiedene Steinschleudern.

Wer hat diese Ausstellung ermöglicht? Folgenden kurzen Text übernahm ich von der Internetseite des Textilmuseums:

Lange geschah der Ankauf präkolumbischer Textilien für die Sammlung nicht unter kulturhistorischen Gesichtspunkten, sondern war auf technische und motivische Aspekte begrenzt. Frau Dr. Renate Jaques, zwischen 1946 bis 1974 Leiterin der Gewebesammlung, bereicherte mit ihrer Forschungsarbeit und zwei Studienreisen nach Peru die Kenntnisse über die bei archäologischen Grabungen geborgenen Textilien. Sie war eine wichtige Akteurin in der Nachkriegsgeschichte des Museums, die sowohl in der Ausstellung als auch im Katalog vorgestellt wird.

In der Ausstellung wird ausführlich auf das Leben und die Forschungsarbeiten von Frau Dr. Jaques eingegangen. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit, die in den 60er Jahren gegen Widerstände ihrer männlichen Kollegen ihre Forschungen oft alleine durchführte und die Entwicklung der Gewebesammlung vorantrieb.

Zum Schluss ein kurzes Video, dass noch einen kurzen Einblick in die Vorarbeiten zu dieser Ausstellung gibt:


Nach einem Museumsbesuch empfiehlt sich der Besuch des Cafés vom Burgmuseum ganz in der Nähe. Meine Freundin und ich genossen Spekulatiuskäsekuchen! (Das Café hat bis 17 Uhr geöffnet).


Bitte ein Quäntchen mehr Iris Apfel für mich

Iris Apfel wurde am 29.8.2021 100 Jahre alt. Mit 97 gab sie dieses Buch heraus:

Wer ist Iris Apfel? Sie ist eine waschechte New Yorkerin, die schon in jungen Jahren durch ihre stilvolle Kleidung auffiel. Geld hatte sie nicht viel, aber sie liebte es (und liebt es noch) auf Flohmärkten und Secondhand Läden zu stöbern und Entdeckungen zu machen. Ihr Motto, das sie von ihrer geliebten Mutter übernahm: Einige Basiskleidungsstücke und dazu die perfekten Accessoires machen einen immer chic. Iris Apfel war laut eigener Aussage nie eine Schönheit und musste auf andere Weise auf sich aufmerksam machen. Neben ihrer Kleidung schaffte sie das durch ihren Humor und ihre Begeisterung für Stoffe, die sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Zusammen mit ihrem Ehemann Carl eröffnete sie einen Stoffladen und beide wurden damit sehr erfolgreich. So erfolgreich, dass sie während der Amtszeit von neun amerikanischen Präsidenten den Auftrag bekamen, das Weiße Haus neu auszustaffieren.
Die New Yorker High Society ohne Iris Apfel war nicht vorstellbar und so kam 2005 ein Museum auf die Idee, eine Ausstellung mit Apfels Kleidungsstücken und Accessoires zu organisieren. Iris Apfel war damals 84 und wurde dank diese Ausstellung zur weltbekannten Stilikone mit eigener Kosmetiklinie, eigenem Schmuckdesign und weiteren Produkten.
Warum hätte ich gerne ein bisschen mehr Iris Apfel in meinem Alltag?
Iris Apfel erzählt nicht nur über ihr Leben, sondern auch über ihre Lebensphilosophie. Bis Carl mit knapp 101 Jahren starb, waren Iris und er 66 Jahre glücklich verheiratet, der Humor und die Akzeptanz von Freiräumen für den anderen waren wohl die beiden Hauptgründe dafür. Iris Apfel war und ist immer neugierig, probiert Neues aus, denn es könnte ja spaßig werden. Bis zu diesem Punkt kann ich alles unterschreiben.
Was ihre Kleidung angeht, macht ihr das Ankleiden auch viel Spaß, sie kombiniert mutig und es war ihr schon immer schnurzpiepegal, was andere über sie dachten. Hier wünschte ich mir, dass mir das Auswählen der täglichen Garderobe mehr Vergnügen bereiten würde und ich etwas mutiger und farbenfroher wäre. Aber vielleicht kommt das ja noch und irgendwann bin ich mal die Iris Apfel von Rumeln-Kaldenhausen…

Wer mehr von Iris Apfel sehen möchte: https://www.ecosia.org/images?q=iris%20apfel

Loops

Beim Aufräumen fand ich eine Kiste mit alten Schals, die teilweise schon vierzig Jahre alt waren.

Ein paar hatten kleine Mottenlöcher, bei manchen sahen die Fransen nicht mehr schön aus. Kurz entschlossen habe ich angefangen, mir aus diesen alten Schätzchen und Stoffresten neue Loops zu nähen. Ich brauchte mal einen Näherfolg und das geht schön schnell und man hat einen zukünftigen Vorrat bei Halsschmerzwetter.

Links ist der Loop noch durch eine Papierperlenkette ein bisschen verschönert

Dieser Loop besteht aus sechs Stoffresten.Der graue und rote Stoff haben Motive, die mit dem Nähen zu tun haben, das freute mich besonders.

Eine Bluse zum Wundern

Wie finden Sie meine neue Bluse? War ruckzuck genäht.

Bei dieser Art von Strickjacken ziehe ich meistens darunter ein T-Shirt an, eine passende Kette dazu, fertig. Aber im Winter ist mir das am Hals ein bisschen zu frisch. Schal herumwickeln ist mir dann in Räumen öfter zu warm oder er ist zu dick, Bluse unterziehen ist auch nicht optimal, da der Hals dann nicht richtig bedeckt ist und es unter der Jacke wurschtelig wird. Also nähte ich mir diese „Schein-Bluse“.

Sie besteht aus diesen Teilen und hat sich beim Tragen über dem T-Shirt schon sehr bewährt.

Bei Held-Stoffe in Krefeld-Bockum gibt es drei Stoffreste zum Preis von zwei Resten. (Keine bezahlte Werbung). Demnächst liegen dann noch zwei weitere „Blusen“ in der Schublade.

Stoffmix

Ein Grund, mich auf den Winter zu freuen, ist mein neues Shirt.

Der blaue Jersey-Stoff ist dank seiner Fleece-Rückseite sehr kuschelig. Um dem einfachen Shirt aber noch ein bisschen mehr Pfiff zu verleihen, nähte ich die Ärmel aus groben schwarzen Leinen und nahm für die Bündchen oben am Kragen und unten glatten Bündchenstoff. Das Bündchen unten ist recht eng, so daß ich den Pullover kurz oder auch lang tragen kann. Das Shirt ist schnell genäht und ich glaube, dass ich auf einem „Shirtbein“ nicht stehen kann. Mal sehen, ob ich auf den kommenden Stoffmärkten noch einen anderen schönen Winterstoff finde.

Stoffliches

Jetzt beginnt wieder die Zeit der Stoffmärkte. Vorletzten Freitag war ich erneut in Bochum. Von diesem Markt berichtete ich schon einmal vor zwei Jahren (siehe unten) und wusste deshalb, dass es dort auch einen Stand mit japanischen Stoffen gab. In diese hatte ich mich damals sofort verliebt aber keine gekauft, da ich noch keine konkreten Pläne hatte, was ich überhaupt nähen wollte. Das war jetzt anders, denn seit ich den Nähkurs besuche, begleitet mich auch dieses Buch.

Hier schreibe ich alles zum Thema Nähen auf, sei es das im Kurs Gelernte, Tipps von anderen Teilnehmerinnen oder aus Büchern oder eben auch Ideen, was ich alles nähen möchte. Neben den Bezeichnungen Hose, Kleid, Bluse usw. stehen dann direkt auch immer die benötigten Stoffmengen und auch die Stoffarten, die sich für das einzelne Projekt eignen.

Was die japanischen Stoffe angeht, so war am Freitag der Stand nicht da und ich war ein bisschen frustriert, was sich dann in sogenannten Frustkäufen äußerte.

Passen zu keinem meiner geplanten Nähprojekte, aber ganz ohne etwas Stoffliches wollte ich aus Bochum nicht weg.

Wieder zuhause, nahm ich mir ein paar Nähbücher vor, die ich mir irgendwann einmal zugelegt oder jetzt aus der Bücherei ausgeliehen hatte, um für die gekauften Stoffe passende Schnittmuster zu finden.

Ich wurde nicht fündig, aber die investierte Zeit war trotzdem nicht umsonst. Hier vier Kurzbesprechungen der Nähbücher:

Ich habe noch kein Nähbuch gefunden, das alle Themen beinhaltet und diese so erklärt, dass man es als Anfänger auch versteht. Aber der Titel oben links kommt dem schon recht nahe. Von der Grundausstatung über Stoffarten und deren möglichen Anwendungsgebiete, der Auflistung aller Saumvarianten, Abnähermöglichkeiten oder Nähstichmustern findet man sehr viele Fragen zum Thema Nähen beantwortet und dank vieler Bilder versteht man auch die Anleitungen recht gut.

Oben rechts sehen Sie ein Buch, das Ihnen aus der Klemme hilft und das nicht nur, wenn der Knopf ab ist, sondern z.B. auch bei Löchen im Stoff, zu eng gewordenen Hosen, offenen Säumen oder eingeklemmten Reißverschlüssen.

Links unten wird das Nähen von Basics gelehrt, aber nicht mit Schnittmustern, sondern anhand von jeweils ca. 20 Bildern. Dazu werden zu jedem Basic noch zig verschiedene Variationsmöglichkeiten vorgestellt. Diese gehören z.T. schon etwas einem älteren Modegeschmack an, aber da kann man ja auch selber noch kreativ werden.( Was ich momentan allerdings nicht bin, aber da kann das Buch ja nichts für)

Im letzten Buch fand ich die besten Erklärungen für alle Grundbegriffe beim Nähen und gute Tipps für das Kopieren von Lieblingsstücken. Es werden aber auch konkrete Nähprojekte vorgestellt, deren Anleitungen fand ich allerdings eher mäßig.

Morgen und übermorgen wird mal wieder die Kategorie „Fotostunden“ gefüttert.

Arbeitend leben und kämpfend sterben (Lyonwoche Nr. 5)

Die Überschrift dieses Beitrags war die Devise der ca. 30000 Männer und Frauen, die im 19. Jahrhundert in den Seidenwebereien des Lyonner Stadtteils La Croix–Rousseau gearbeitet haben. Erst wurde der mechanische Webstuhl von Joseph–Maria Jacquard erfunden, dann kam um ca. 1950 der elektrische Webstuhl und 1990 schloss die letzte Seidenweberei in Lyon. Heute werden nur noch zwei Webereien privat unterhalten, um das Kulturerbe nicht völlig aussterben zu lassen. (Die Stadt Lyon fühlt sich diesem Erbe anscheinend wenig verpflichtet, denn eins der größten Stoffmuseen der Welt wird man demnächst schließen, ein Trauerspiel, denn die verbliebenenen Ausstellungsstücke waren atemberaubend).

Nun aber zu den beiden Werkstätten, die wir besuchten. In der ersten Werkstatt wurden und werden auch noch auf besondere Anfrage in alter Manier Litzen aus Goldfäden gewebt. Für Uniformen, Abendkleider, Lampenschirme u.a.. Als der alte Webstuhl von der Führerin angeschaltet wurde, gab es großes Getöse und man konnte sich ein bisschen vorstellen, wie laut es in diesem Arbeiterviertel früher war.

Die zweite kleine Werkstatt hatte zwei Webstühle und oberhalb der Werkstatt war, wie früher üblich, gleich auch der Wohnraum. 

Nach den Besichtigungen erkundeten wir noch ein bisschen den Stadtteil.

Er erinnert ein bisschen an Notting Hill nur (noch nicht) so schickimicki, fast noch ein bisschen dörflich. Die Traboules spielen da bestimmt eine Rolle. Es sind zig überdachte Durchgänge, durch die früher die Seidenballen transportiert und dadurch nicht nass wurden. Ja und die Lage des Stadtteils ist auch besonders: Wer dort wohnt, thront über der restlichen Stadt Lyon, hat Abstand und lebt vielleicht etwas gelassener.

Dieses Buch steht schon lange in meinem Buchregal. Ich habe es mir vor ein paar Jahren gekauft, als ich mir in Augsburg ( auch so eine Stadt, die viel öfter besucht werden sollte!) auch eine alte Stofffabrik angesehen habe. Damals hatte ich keine Zeit, das Buch zu lesen, jetzt aber kam seine Stunde. Prächtige Bilder, hauptsächlich von Stoffen, aber auch von anderen Gebrauchsgegenständen aus vielen Ländern der Erde. Welche Rolle spielen geschichtliche Ereignisse beim Entwerfen von Mustern? Wie und warum ändert sich der Geschmack? Welche „modernen“ Muster haben schon eine grpße Vergangenheit? Welche Entdeckungen von Materialien beeinflussten die Entwicklung von Mustern?

Man hat ein Geschichtsbuch in der Hand und eine Schatzkiste für kreative Ideen. Kostet knapp 40 Euro, das ist aber eine gute Investition.

 

Auf ins Stoff-Getümmel!

Am letzten Samstag war ich auf dem holländischen Stoffmarkt in Bochum. Wie ich ja vor einiger Zeit mal erwähnt habe, möchte ich auch meinen Spaß am Nähen erneuern und da kam dieser Markt gerade richtig. 140 Stände, verteilt auf zwei Straßen, überforderten mich, denn es war sehr voll. Ich sah mir das Angebot von ca. 50 Ständen an und war dann schon glücklich mit meinen Einkäufen. Es war gut, dass ich konkret für bestimmte Nähideen Stoffe suchte, so konnte ich einige Stände links liegen lassen.

Es gibt diverse Spezialstände, z.B. für japanische Stoffe (traumhaft!), Knöpfe oder nur diverse Jeans- oder Patchworkstoffen. Natürlich gab es auch Schnäppchenstände, doch hier war hauen und stechen angesagt und da war mir nicht nach. Ansonsten war die Stimmung an den Ständen sehr nett, man konnte auch mal eine Fachfrage stellen und bekam gute Tipps.

Der nächste Stoffmarkt im Ruhrgebiet findet in Oberhausen am 29.4. statt. Hier noch einige Informationen:https://www.rund-ums-naehen.de/stoffmarkt-holland-termine-2017