Beton trifft Flohmarkt

2017 erzählte ich Ihnen von meinem Besuch auf der Hombroicher Raketenstation während der Kirschblütenzeit (siehe unten „ Ich kann auch Japan ohne Kyoto“). Nun bekam ich einen Eindruck des Geländes an einem Herbstnachmittag:

Grund des Besuches war die Ausstellung des Künstlers Daniel Spoerri. Dass das Museum der Langen Foundation ausgesucht wurde, um Spoerris Werke zu zeigen, empfand ich als Glücksgriff. Der Museumsarchitekt Tadao Ado ordnet in seinen Gebäuden Beton und Glas minimalistisch an.

So wirken die Assemblagen und Skulpturen von Spoerri perfekt, nichts lenkt ab:

Links: Sammlerstücke aus Afrika, kombiniert mit Objekten, erinnern an Fetische. Rechts Flohmarktfunde werden zu Assemblagen – es gibt so viel zu entdecken….
Spoerri kaufte auch Haushaltssammlungen auf. Hier Skulpturen aus alten Küchengeräten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung ist seine „Eat-Art“ mit seinen Esstisch-Tableaus. Freunde waren bei ihm zuhause, man trank, aß und feierte, als die Freunde gegangen waren, konservierte Spoerri die Tische oder das benutzte Porzellan.

Mit altem Geschirr komponierte er Tische, die wie 3D Bilder aussehen. (Links Mitte und unten). Nimmt man diese Tische genau unter die Lupe, entdeckt man zig Fotomotive. Ich sammelte z.B. diese Ansichten:

Oben eine Fotocollage mit angetrockneten Tassen, darunter ein bearbeitetes Foto

Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. März 2022. Sollten Sie die Ausstellung besuchen, versäumen Sie es nicht, diese kostenlose Kunstzeitung mitzunehmen. Man erfährt nicht nur viel über Daniel Spoerri, sondern bekommt auch Anregungen, selbst Assemblagen zu entwerfen.

Porzellan selbst gemacht

Letzten Montag schrieb ich etwas über Porzellan aus Delft, heute erzähle ich ein bisschen über meinen Versuch, Porzellanmasse selbst herzustellen.

Ich finde Schmuck aus weißem Porzellan sehr edel und wollte mir Kaolin bestellen, um selbst etwas zu entwerfen. Doch gibt es das nur in großer Menge und zu recht hohem Preis. Beim Stöbern im Internet hatte ich aber auch eine Anleitung gefunden, wie man selbst Porzellanmasse herstellen kann. Also dann mal ran-dachte ich mir. Über Zutaten und Mischung gibt Ihnen die Seite Auskunft, zu der ich unten einen Link eingesetzt habe. Auch finden Sie dort einen euphorischen Erfahrungsbericht, den ich aber etwas ergänzen möchte.

Nachdem ich die Zutaten alle vermischt hatte, knetete ich und knetete bis eine halbwegs glatte Kugel entstand. Im o.g. Bericht wird Wasserzugabe verboten, ich tat trotzdem ein paar Tropfen dazu, da sonst die Masse viel zu krümmelig gewesen wäre, um einen glatten Teig zu bekommen.

Man kann den Porzellanteig sehr dünn ausrollen, allerdings zerbricht dann später auch leicht der Kettenanhänger, der Knopf, die Brosche oder was immer man daraus machen möchte. Also lieber etwas dicker auswälzen.

Nach dem Formen muss man die Stücke trocknen lassen, je nach Umfang ein paar Stunden bis ein paar Tage. Nach dem Trocknungsprozess hatte ich eine Phase der Ernüchterung, denn das „Porzellan“ sieht wie weißer Salzteig aus. Also musste Schleifpapier her, um alle kleinen Hügelchen und Vertiefungen auszumerzen. Das dauerte und gelang nicht immer hundertprozentig.

Ich war immer noch ernüchtert, also kaufte ich farblosen Nagellack, um die Stücke zum Glänzen zu bringen und wasserfest zu machen. Das brachte viel. Ich arbeitete dann mit unechtem Blattgold und Perlen weiter et voilà, das sind meine besten Stücke:

Mache ich es noch einmal? Nein. Den Teig, den man übrig hat, soll man, luftdicht verpackt, länger aufbewahren können. Das hat bei mir nicht funktioniert. (Teig war in Tupperdose). Mir gefällt außerdem die Verarbeitung von Ton besser. Fazit: Ein Versuch war es wert.

Link zum Rezept und weiteren Erfahrungsbericht

https://www.filizity.com/diy/kaltporzellan-herstellen-rezept-ohne-kochen

Morgen wird es krass, wie mehrere Personen meinten…

Delfter Blau

Diese Kette ist aus Porzellanperlen gemacht oder doch nicht? Nein, sie ist aus Papier und dieses schöne Papier-Dekor habe ich in Delft gefunden.

Vor Weihnachten waren wir einen Tag dort. Zuerst besuchten wir die Porzellanfabrik „Royal Delft“. Dort staunten wir über Porzellankreationen aus verschiedenen Jahrhunderten, lernten viel über die Geschichte des Porzellans und dessen besonderes Blau und sahen zu, wie Rohlinge gegossen werden. Danach färbt man diese entweder mit Schablonen ein oder bemalt sie mit der Hand.

Die rechts zu sehende Tulpenvase war handbemalt und kostete 16000 Euro- nur, um mal eine Hausnummer zu nennen. Das Papier für meine Kette bekam ich im dortigen Geschenkeshop. (Eintritt ins Museum 13 Euro, Museumscafé vorhanden).

Es war sehr kalt und so suchten wir zwei weitere Gebäude auf, nämlich die alte und die neue Kirche. Beide werden noch als Kirchen genutzt, sind aber gleichzeitig auch Museen. In der alten Kirche, dessen Kirchtum auch in Pisa stehen könnte, findet man Gräber berühmter Menschen, wie z.B. das Grab von Johannes Vermeer und Gedenktafeln, die von Berühmtheiten berichten. Besonders sind auch die Fenster dieser Kirche.

Unter der neuen Kirche liegt das Mausoleum der königlichen Familie der Niederlande und mitten in der Kirche geht eine Treppe in das Mausoleum hinunter. In der Kirche selbst wird die Geschichte der Familie mit vielen Schautafeln und Animationen erzählt. Sehr interessant, da es ja auch immer wieder Bezüge zu deutschen Adelsfamilien gibt.- Für beide Kirchen zusammen bezahlten wir einen Eintritt von 5 Euro.

Man kann sich noch weitere Museen ansehen, wie z.B. das Vermeer Haus. Doch wir wärmten uns nach den Kirchenbesuchen lieber noch einmal ordentlich auf und bummelten dann durch die Gassen mit schönen Grachten. Delft hat keinen Weihnachtsmarkt, nur an einem Wochenende im Dezember wird die Stadt besonders beleuchtet. (Nicht hinfahren, in der übersichtlichen Delfter Altstadt knubbeln sich dann bis zu 40000 Besucher!)

Es gibt auch sehr nette Geschäfte, wie z.B. den LP-Laden, siehe oben links.

Das Angebot an Cafés und Restaurants ist vielfältig. Besonders erwähnen möchte ich, dass Bewohner aus Delft sehr freundlich und aufgeschlossen sind. Wir hatten an nur einem Tag mehrmals die Gelegenheit zu netten Gesprächen.

Von Delft aus machten wir noch einen kurzen Abstecher nach Leiden, wo es an diesem Sonntag aber sehr nebelig und noch usseliger war.

Unten links: Eine von vielen Hauswänden, an denen Gedichte verewigt sind. Kann man sich auch besser im Sommer ansehen.

Ich wollte unbedingt den auf der Welt einzigartigen schwimmenden Weihnachtsmarkt sehen. Enttäuschend. In einer Gracht sind auf einem sehr großen Ponton Häuschen installiert. Soweit nett, aber das Warenangebot überzeugte ganz und gar nicht. Massagesessel, Gartenzwerge, Räucherstäbchen…Wenn Sie Leiden besuchen möchten, dann lieber im Sommer.

Ich bleibe morgen noch bei dem Thema Ketten und übermorgen ein bisschen bei der Farbe Blau.

Hilfe- wir sind im Louvre gelandet! Italien Nr. 4

Unser Reiseführer (Marco Polo Emilia-Romagna) führte als eines der Top Ten Ausflugsziele das Keramikmuseum von Faenza auf. Da das Thema Töpfern ja „meins“ ist, fuhren wir nach dem Frühstück in den Ort. (Fahrtdauer ca. 1 Stunde). Um es direkt zu sagen: Der Reiseführer hatte nicht verraten, dass es sich um das größte Keramikmuseum der Welt handelt-wir müssen mit unseren offenen Mündern ziemlich doof ausgesehen haben, als nach einem Saal noch einer folgte und noch einer und noch einer… Nach knapp 3 Stunden konnten wir nicht mehr, also kann ich Ihnen nur ein paar Fotos von einigen Säalen bieten. 

Es war grandios! Sehr ausführlich wurde die Geschichte der Töpferei, des Porzellanproduzierens auf der ganzen Welt dargestellt. Vor einigen Monaten hatte ich zu diesem Thema ein Buch gelesen (siehe unten) und ich schwelgte nun in Anschauungsmaterial.

Neuzeitliche Exponate waren reichlich vertreten, angefangen von Keramiken von Picasso, Chagall oder Matisse bis zu Gewinnern der Premio Faenza, einem internationalen Keramikwettbewerb, der 2018 zum 60. Mal stattfindet.

Auch den Bogen zur Renaissance konnte ich wieder schlagen, denn ein Spezialgebiet des Museums ist Töpferware aus Faenza und Umgebung aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Aus solchen Gefäßen hatten also „meine Humanistenfreunde“ (siehe auch Beitrag Italien Nr. 0) getrunken, bzw. gegessen…

Ich fand es sehr tröstlich, dass man auf Instagram unter dem Suchbegriff „micfaenza“ sich alte und zukünftige Exponate ansehen kann. Darüberhinaus gibt es im Museum auch noch einen großen Saal, in dem Künstlerausstellungen stattfinden. Bei uns wurden Werke von Achille Calzi gezeigt, einem sehr vielseitigen italienischen Künstler aus der Zeit des Jugendstils. Auch diese Bilder sieht man auf Instagram.

Am Wochenende ist wieder Rätselzeit ( hat auch etwas mit der reise zu tun), am Montag geht es dann weiter mit einem Besuch in Ravenna.

Sehen Sie Ihren Kaffeebecher mit anderen Augen

Der Autor wird Ihnen evtl. bekannt sein, denn vor einigen Jahren schrieb er den Bestseller “Der Hase mit den Bernsteinaugen”. (Wer es nicht kennt: Ein faszinierendes Buch über eine Sammlung von Netsuken, die de Waal vererbt bekommen hat und deren Geschichte und damit auch die Geschichte seiner jüdischen Vorfahren er aufspürt).

In dem Buch “Die weiße Straße” widmet er sich nun seinem Lebensinhalt, dem Porzellan. De Waal ist Töpfermeister und war eine Zeitlang Professor für Keramik an der University of Westminster. Er wollte immer schon der Geschichte des Porzellans nachgehen und dies ist das Thems des Buches. De Waal reist deshalb nach China, Frankreich, Deutschland, England und in die USA. In China will er die Anfänge des Porzellans erkunden und diese liegen in der Stadt Jingdezhen. Kenntnis darüber hat man durch das Tagebuch des Jesuitenpaters Père dˋ Entrecolles, der mehrere Jahrzehnte dort lebte. 

In Deutschland kommt de Waal nach Dresden und nach Meißen und erzählt von dem alles sammelnden König August, der, egal was es kostet, eigenes Porzellan haben will. Zwei Männer, Tschirnhaus und Böttger, sind für ihn die Alchemisten. Das “Trial and Error” der beiden wird von de Waal eindrucksvoll beschrieben.

In England ist es ein Apotheker, der die erste Versuche unternimmt, Porzellan herzustellen. Hier fällt dann auch zum ersten Mal der Name Wedgewood, der aber noch eine ganz andere Aufgabe bei der Verbreitung des Porzellans hat. Bei der Suche nach Rohmaterial für die Herstellung von Porzellan reiste man auch nach Amerika und kommt in ein Gebiet, in dem Indianer schon lange zuvor porzellanähnliche Schalen hergestellt haben…

Kennen Sie das Gefühl, dass Sie glücklich sind, ein Buch immer griffbereit zu haben, weil die Lektüre Ihnen so viel bietet und zukünftig noch bieten wird? “Die weiße Straße” ist so ein Buch für mich. Meine kurze Beschreibung kann nicht den Gedankenreichtum wiederspiegeln, den man in diesem Buch findet. Der Autor ist ein viel belesener Mann, der manchmal auch abschweift und auch immer wieder Einblicke in sein schwieriges Leben als Künstler gibt. Und dann sind da auch noch die Schilderungen über die unglaubliche Besessenheit der Menschen, die an der Herstellung von Porzellan beteiligt waren. Zu was ist der Mensch im positiven Sinne fähig?