Die passende Antwort finden

Vorletzte Woche besuchte ich in der Duisburger Volkshochschule einen Vortrag zum Thema Schlagfertigkeit. Herr Jürgen Strauß, beruflich u.a. als Mitarbeitercoach tätig, leitete den Kurs.
Der erste Teil des Vortrags widmete sich äußeren Faktoren, die wichtig sind, um einem unangenehmen Gegenüber Paroli zu bieten. Brust raus, gerade Haltung, feste Stimme und Augenkontakt sind schon die halbe Miete, um sich Respekt zu verschaffen. Beim Augenkontakt verriet er uns den Trick, seinem Gegenüber nicht direkt in die Augen zu sehen, sondern die eigenen Augen auf die Nasenwurzel zwischen den anderen Augen zu richten. So kann man länger jemanden intensiv ansehen, was für die zweite Person unangenehm ist. Sie wird höchstwahrscheinlich wegsehen und das ist der erste „Sieg“.


Die meisten von uns denken beim Thema Schlagfertigkeit meistens an verpasste Möglichkeiten, eine geistreiche Antwort auf eine Provokation zu geben, oft fällt einem eine gute Antwort erst fünf Minuten später ein. Dass die Antwort geistreich sein muss, ist ein allgemeiner Denkfehler und diesen Fehler versuchte Herr Strauß uns im zweiten Teil seines Vortrags abzugewöhnen.

Er verteilte an die Kursteilnehmer ein Blatt mit ca. 50 gängigen unverschämten Sätzen und ein Blatt mit 15 Antwortmöglichkeiten. In Zweiergruppen trainierten wir, auf einen provozierenden Satz schnell eine passende Antwort zu finden. Schnell deswegen, da man nach einer Beleidigung selbst erst einmal eine Schrecksekunde erlebt, die einen lähmt. Dann muss man, ohne groß überlegen zu müssen, eine passende Erwiderung parat haben.
Es funktionierte! Ein paar Beispiele, wie man seinem Gegenüber den Wind aus den Segeln nimmt:

„Sie sehen immer so schmuddelig aus!“ – „Ich passe mich nur der Umgebung an!“

„ Ihr Kollege ist viel gebildeter!“ – „ Bitte definieren Sie, was Sie unter Bildung verstehen!“

„Na, wieder die Nacht durchgemacht? Du hast ganz schöne Augenringe!“ – „Leidest du darunter?“

„Man weiß ja, dass Frauen ab 30 abbauen.“ – „Ich mag Ihre Witze!“ oder „Ist Ihr Denkapparat ausgeschaltet?“

Dieses Training machte Spaß und wir lachten viel. Am Ende der 1 1/2 Stunden hatten die meisten von uns fünf individuelle Abwehrtechniken gefunden, die sie sich gut merken konnten und die der eigenen Mentalität entsprachen. Mehr braucht man nicht, um ca. 80 % aller dummen Sprüche zu begegnen.

Aus der Bücherei hatte ich mir nach dem Kurs noch zwei Bücher ausgeliehen, um den Vortrag lesend noch einmal Revue passieren zu lassen.

Der Inhalt des linken Buches kommt dem Vortrag recht nahe, allerdings beschreibt es fast nur Szenen aus dem Berufsleben. Das rechte Buch beginnt mit einem Übungsteil, in dem schnelles und kreatives Denken trainiert wird. Anschließend werden 100 Situationen im Privat-und Berufsleben geschildert. Bei jeder Szene bietet die Autorin mehrere Reaktionsmöglichkeiten. Die verschiedenen Varianten fand ich lesenswert, jedoch waren es mir zu viele Möglichkeiten.

Einen Kurs zu besuchen, halte ich für die bessere Methode, denn das verbale Üben mit anderen Personen hat einen deutlichen Vorteil gegenüber dem Lesen im stillen Kämmerlein.

Von der Kunst, gute Gespräche zu führen

Der Untertitel dieses Buches sprach mich an und ich griff in der Stadtbücherei zu.

Am Anfang macht die niederländische Autorin eine Bestandsaufnahme, wie Gespräche in der heutigen Zeit zumeist ablaufen. Bei dieser Auflistung fühlte ich mich ertappt und fand es gut, dies einmal so deutlich vor Augen geführt zu bekommen:

  • Wir hören nicht richtig oder gar nicht zu. Stattdessen gucken wir auf das Handy oder überlegen, während der andere spricht, was wir gleich sagen wollen.
  • Wir lassen unser Gegenüber nicht ausreden und fallen ihm ins Wort, um selbst etwas anderes zu erzählen.
  • Wird von einem Problem berichtet, sind wir schnell mit Rat und Tat zur Stelle, anstatt mit weiteren Fragen auf den Kern des Problems zu kommen.
  • Gerne „kapern“ wir auch ein Gesprächsthema. Jemand erzählt beispielsweise von seinem Urlaubsort, dann legen wir direkt los und berichten, was wir dort erlebt haben. Die andere Person kann nicht zu Ende erzählen.
  • Jemand spricht von einer unschönen Erfahrung, das können wir dann oft noch toppen!

Warum ist das so? „Fragen zu stellen, ist nicht angenehm- über sich selbst zu reden schon“ ist die Antwort der Autorin.

Was aber ist ein wirklich gutes Gespräch?

Elke Wiss, die sich als praktische Philosophin bezeichnet, gibt zuerst eine Anleitung, wie man mit einer Person ein Gespräch à là Sophokles führt. Sophokles war stets ein neugieriger Mensch, der bis zum Lebensende sein Wissen vergrößern wollte. So stellte er seinem Gegenüber Fragen und führte sich selbst und im besten Fall auch die andere Person am Ende des Gesprächs zu einer neuen Erkenntnis. Die Autorin beschreibt zur Veranschaulichung dieses Vorgangs einige Fälle aus ihrer eigenen Praxis als Therapeutin und Leiterin von diversen Workshops. Eine Lehrerin kommt zu ihr und will wissen, ob sie selbst zu Rassismus neigt oder ein Mann plagt sich mit der Frage, ob er seinen Freund belügen darf. Die Autorin befragt die Ratsuchenden ohne Empathie und ohne Scheu vor etwaigen Verletzungen von Gefühlen. Sie akzeptiert, dass sie durch ihre Fragen unsympathisch wirkt und eventuell das Ziel, ihrem Gegenüber zu helfen, nicht erreichen wird. Das ist in ihren Augen ein gutes Gespräch und so sollte man auch Gespräche im Freundes-und Bekanntenkreis führen.
Im zweiten Teil des Buches werden verschiedene Möglichkeiten behandelt, wie man u.a. allein durch die richtige Wortwahl gute Fragen stellen kann und wie aus einer reinen Fragestellung ein gutes Gespräch wird.

Elke Wiss hat das Credo, dass man mit sophoklischen Gesprächen die Welt ein bisschen verbessern kann und um diese Botschaft zu verbreiten, veröffentlichte sie ihr Buch.
Mir sind die Regeln für eine sophoklische Fragehaltung zu radikal. Aber das ist sicherlich eine Mentalitätsfrage. Neben der o.g. Auflistung habe ich im zweiten Buchteil einige Anregungen gefunden, um den Versuch zu starten, Gespräche zukünftig weniger oberflächlich verlaufen zu lassen.

Spaziergang-Lern-Methode-Französischstunde Nr. 18

Schon lange habe ich keinen Beitrag mehr zu meinen Französischstunden geschrieben. Das liegt u.a. auch an den „Französischen Spaziergängen“. Einmal pro Woche treffe ich mich mit einer Bekannten und wir gehen eine Stunde spazieren und radebrechen auf Französisch. Das macht sehr viel Spaß, weil man a) merkt, dass das Sprechen langsam immer leichter fällt, b) wir viel lachen, wenn wir Wortkreationen benutzen, die es höchstwahrscheinlich gar nicht im Französischen gibt, c) wir über unseren Alltag quasseln, also gebräuchliche Wörter üben und d) wir uns auch mal einem Thema annehmen (z.B. Welche Unterschiede gibt es zwischen Frankreich und Deutschland- ein sehr ausgiebiges Thema…).

Die Nebeneffekte dieser Spaziergänge sind das Vor- aber insbesondere auch das Nachbereiten. Vor einem Spaziergang überlege ich ein bisschen, was ich erzählen möchte und da fallen mir die ersten Vokabellücken auf. Also vorher schnell noch leo.org befragen. Während der Spaziergänge tun sich dann geradezu Canyons des Unwissens oder Vergessens auf bei den Deklinationen einzelner Verben, dem Gestalten einzelner Zeitformen- ich liebe z.B. das Subjonctif- oder eben des Unwissens um einzelne Vokabeln. Ich habe angefangen, in ein kleines Buch das Nachgeschlagene zu schreiben. Schöner Nebeneffekt: Bein erneuten Lesen fallen einem die ganzen lustigen Gespräche wieder ein.

Diese Spaziergang-Lern-Methode ist natürlich auf jede Spache anwendbar. Wenn Sie auch eine Sprache lernen, Ihnen diese Idee gefällt, aber niemanden kennen, der mitmacht, versuchen Sie es mal auf der Nachbarschaftsseite www.nebenan.de. . Ich habe über diese Seite schon in einem anderen Zusammenhang geschrieben und werde immer mehr ein Fan von ihr.

Am Montag stelle ich Ihnen ein Gartenbuch vor, das ich seit gestern mit großem Vergnügen in der Sonne lese.

Schönes Wochenende!