Zwei Männer in ihrer eigenen Welt

Im Mai 2018 berichtete ich Ihnen von einem Besuch im Museum von Kevelaer. Dort lernte ich den Künstler Heinz Henschel kennen. (Siehe unten unter „Erdmännchen sind Katzen“).
Noch bis zum 23.7.2023 gibt es in Kevelaer erneut eine Ausstellung mit Werken von Heinz Henschel, die ich Ihnen sehr ans Herz lege!

Im Jahr 2018 wusste man über den Künstler Heinz Henschel nur sehr wenig. Er war 2016 gestorben und hatte seine 1200 Bilder und Objekte Matthias David vererbt, einem Mann, den er aus der Nachbarschaft kannte. David war anfangs mit dieser Erbschaft überfordert, erkannte aber den Wert von Henschels Schaffen und setzte alles daran, die Werke auszustellen.
Diese Kunstwerke und der Mann, der viele Jahre im Verborgenen tätig gewesen war, faszinierten mich von Anfang an und so war ich sehr erfreut, als 2022 dieses Buch über Heinz Henschel erschien, in dem David beschreibt, wie er seit 2016 Puzzlesteine gesammelt hat, um das Leben Henschels zu rekonstruieren und auch seine teilweise bizarren Bilder zu entschlüsseln. (Henschel benutzte u.a. eine Geheimsprache). Das Buch liest sich streckenweise wie ein Krimi.

In die aktuelle Ausstellung fließt nun dieses Wissen um Heinz Henschel mit ein. Es werden z.T. andere Bilder gezeigt und es wird der Kontext erklärt, wann und warum die Bilder entstanden.

Was diese Ausstellung aber darüber hinaus noch so einzigartig macht ist die Tatsache, dass Objekte eines zweiten Künstlers mit ausgestellt werden, dessen Leben auch das eines Außenseiters war. Erwin Hapke lebte in der Nähe von Unna in dem Haus seiner Eltern und hatte die Vorstellung, dass das Haus nach seinem Tod zu einem Museum wird. Das ist schon etwas ungewöhnlich, aber Hapke, der promovierter Biologe war, verließ ab 1981 bis zu seinem Tod 2016 das Haus nie, wurde nur einmal pro Woche von seiner Schwester mit Lebensmittel versorgt und widmete sich ausschließlich dieser Kunst:

Die Fotos beschreiben nicht annähernd, welche Wirkung diese Wände voller gefalteter Objekte haben, wenn man „live“ davor steht. Man ist sprachlos. Und wenn man sich dann jedes einzelne Objekt vornimmt, möchte man sich vor dieser großen Kunstfertigkeit verneigen. Wie in der Ausstellung u.a. zu lesen ist, hat Erwin Hapke unzählige neue Faltformen erfunden, die in Japan, dem Land des Origami, völlig unbekannt sind.

Erwin Hapke vererbte das Haus mit den über 100000 Objekten seinem Neffen Matthias Burchardt. Das Haus wird kein Museum werden, da es komplett restauriert werden müsste und es kein längerfristiger Ort für solche fragilen Papierarbeiten sein kann. Was mit der Sammlung geschieht, ist derzeit noch unklar, auch deshalb ist die Ausstellung in Kevelaer etwas Besonderes.

Noch ein Törchen

Am Dienstag war ich mal wieder in Kevelaer, um im dortigen Niederrheinischen Museum eine Sonderausstellung anzusehen.

Da diese Ausstellung noch bis zum 16. Januar zu sehen ist, empfehle ich sie Ihnen heute. Leider durfte man im Museum nicht fotografieren, so dass ich mit Hilfe von Fotos von Pixabay ein bisschen Ausstellungsatmosphäre in diesen Beitrag zaubern möchte.

Bekannt ist, dass der erste Adventskalender 1908 in Deutschland angeboten wurde. Noch nicht mit den üblichen Törchen, sondern es gab ein Blatt mit 24 Bildern, dazu wurde ein zweites Blatt gelegt, auf dem zu jedem Tag eine kleine Geschichte stand. 1920 wurde dann der Törchen-Adventskalender erfunden. In der Ausstellung sieht man mehrerer Reproduktionen dieser ersten Kalender. Diese und auch die Kalender der nachfolgenden Jahrzehnte sind künstlerisch sehr schön und unterschiedlich gestaltet. Die meisten stammen aus deutscher Produktion, aber es sind auch ein Kalender aus den Wiener Werkstätten zu sehen oder auch aus England und den USA, wohin diese Idee schon bald exportiert wurde.

Ab den 70er Jahren, spätestens in den 80er Jahren, wurde der Adventskalender zu einem Massenprodukt. Die Gestaltung richtete sich häufiger nach den Verbrauchern und deren Sehnen nach heiler Welt und Glitzer.

Ich war mit einer Bekannten in der Ausstellung und ganz schnell erzählten wir uns Kindheitserinnerungen an die Vorweihnachtszeit und an die Weihnachtstage. Das war schön, denn an Vieles hatte ich jahrelang nicht mehr gedacht.

Die Sammlung der Adventskalender stammt zum größten Teil von der Spielzeugsammlerin Juliane Metzger. Da Frau Metzger sich 1977 entschloss, ihre Schätze abzugeben, bekam das Museum in Kevelaer auch eine erstaunliche Sammlung von alten Spielzeugen. Diese Sammlerstücke sieht man in der Dauerausstellung und auch sie lohnt ein Besuch. (Beitrag siehe unten).

Vorsorglich verabschiede ich mich für dieses Jahr von Ihnen, da ich noch nicht weiß, ob ich zwischen den Feiertagen etwas im Blog veröffentliche. Ich wünsche Ihnen ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr. Auch 2022 freue ich mich darauf, wieder Beiträge für Sie zu schreiben und hoffe, Sie weiterhin ein bisschen vom grauen Alltag ablenken zu können.

Bleiben Sie gesund- bis bald!

1960-1979

Vorletzten Donnerstag besuchten meine Freundin und ich eine Ausstellung über die 60er und 70er Jahre in Kevelaer, genauer gesagt im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte. Wir machten dort eine 45 minütige Führung mit, anschließend gab es als besonderes Zückerchen Kuchen, gebacken nach Rezepten aus einem Schulkochbuch von 1964 und eine Tasse Kaffee.

Es war ein großer Spaß, diese Zeitreise anzutreten, denn Erinnerungen sprudelten nur so hoch und man kam schnell mit anderen Museumsbesuchern ins Gespräch. Besonders nett fand ich die mehrmals gehörte Bemerkung von jüngeren Frauen: „Ist das krass!“

Frau Peters, die Museumspädagogin, erzählte uns von ihrem persönlichen Blick auf die 70er Jahre, den sie als in den 80ern Geborene bei der Vorbereitung zu der Ausstellung bekommen hat. Ihr wurde dabei klar, dass in den 70er Jahren vieles begonnen hat, was heute noch unseren Alltag prägt oder uns selbst beschäftigt. Das hatte ich bisher noch nie so gesehen. Ein Beispiel:

Die Ausstellung läuft noch bis zum 22. April. Ob man nun diese Zeit schon miterlebt hat oder seinen Kindern mal etwas erzählen möchte, diese Ausstellung empfehle ich Ihnen wärmstens.

Und das Beste noch zum Schluss: Dank der Ausstellung habe ich direkt ein neues Ausflugsziel gefunden. Die Ausstellungsstücke stammen aus der Sammlung von Frau Dr. Corinna Wodarz. Sie ist die Kuratorin der Ausstellung in Kevelaer, besitzt aber auch ein eigenes Museum in Höxter. Bevor ich darüber viele Worte verliere, hier der Link zu diesem Museum:

http://www.höxter-museum.de

Wenn man sich dieses Museum ansieht, etwas an der Weser radelt und das Weltkulturerbe Schloss Corvey besucht, hat man schöne Pläne für ein langes Wochenende.

Morgen gibt es zu diesem Thema noch einen passenden musikalischen Blogbeitrag-Thema: Ja, damals in der Disko…

Erdmännchen sind Katzen?

Dass Erdmännchen zur Familie der Katzen gehören ist eine erstaunliche Tatsache, die man in dieser Ausstellung lernt:

Bereits in einem früheren Beitrag hatte ich Ihnen den Besuch des Niederrheinischen Museums für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer empfohlen, bietet dieses Museum doch eine tolle permanente Ausstellung mit altem Kinderspielzeug und Keramik. Momentan lohnt es sich allerdings wegen der Sonderausstellungen noch mehr, dorthin zu fahren.

Die Katzenausstellung stellt Katzentypen vor, von denen ich bisher noch nie  hörte und man liest erstaunliche Dinge über unsere Stubentiger und ihre Vorfahren. In Vitrinen werden ausgefallene Katzenfiguren gezeigt oder alte Kinderspiele, die die Katze als Motiv haben. An einer Wand finden sich viele Filmplakate, auf denen der Titel oder das Bild einen Bezug zu Katzen haben. Kurz gesagt: Eine Katzenausstellung, in der nichts für die Katz ist, im Gegenteil, alles ist für die Katz. Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. Juli 2018.

Sollten Sie allerdings an diesem Wochenende Zeit haben, nach Kevelaer zu fahren, dann tun Sie es.

Noch läuft eine Ausstellung mit Werken von Heinz Henschel, einem Künstler, dessen Arbeiten 50 Jahre unentdeckt blieben und die jetzt zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt werden. Über die Bilder wurde in einer Fernsehreportage im WDR gesagt, sie seien „ ein künstlerisches Universum mit ungeahntem Ausmaß“. Stimmt! Ob Aquarelle, Radierungen oder Bleistiftzeichnungen, Henschel ist ungeheuer präzise und die meisten Bilder sind so detailreich, dass man beim Kauf der Eintrittskarte eine Lupe geliehen bekommt, um alles auf den Bildern entdecken zu könnnen. Da verstecken sich z.B. Köpfe in anderen Köpfen, plötzlich entdeckt man Vögel oder andere Tiere.

Über den Künstler weiß man nur wenig, denn er hat sehr zurückgezogen gelebt. Geboren wurde er 1938 in Polen, 2016 starb er in Mönchengladbach. Er verdiente sich sein Geld zum Leben als Dreher, Schlosser oder Feinmechaniker und widmete sich ansonsten als Autodidakt ganz seiner Kunst. Ca. 850 Werke gibt es von ihm, die in den nächsten Jahren hoffentlich noch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Weitere Bilder werden auf dieser Internetseite gezeigt:

http://heinzhenschel.de/

 

Jetzt kachelt es- Besuch in Kevelaer Teil 2

 

Erst einmal die offizielle Beschreibung der Ausstellung, gelesen auf der Internetseite des Museums:
In der Zeit vom 26. Februar bis zum 17. April vermittelt das Niederrheinische Museum in Kevelaer seinen Besuchern in einer Kabinettausstellung den „Zauber alter Fliesen“, eine Ausstellung, dem die wertvolle Fliesensammlung des Ehepaar Posten zugrunde liegt.

Die Herstellung glasierter Fliesenkeramik bagann schon im alten Orient. Niederländische Fliesen, zunächst noch stark durch maurisch-iberische Einflüsse geprägt, lassen sich erstmals im 16. Jahrhundert nachweisen und werden je nach Intensität der Bauperioden als Objekte der Wohnkultur häufig in hohen Stückzahlen durch Manufakturen vertrieben.

Die ungeheure Motivvielfalt, dekorative Wirkung und Qualität machten Fliesen zu einem beliebten Sammelgut und kulturhistorischen Kostbarkeiten, wobei vor allem die aus mehreren Fliesen bestehenden Fliesenbilder das besondere Interesse mancher Sammler fanden.

 

Ich hätte diesen Blogeintrag auch mit ” Ich weiß nicht, was soll es bedeuten” betiteln können. Viele der gezeigten Fliesen haben Motive aus der Mythologie oder stellen Szenen aus einem Buch da, das in Holland weit verbreitet war. Es hat den Titel “Alle de wercken van Jacob Cats”und gibt Anleitungen zum moralischen Verhalten. 

Irritierend aus heutiger Sicht: Berufe wurden ebenfalls dargestellt, so z. B. auch der Beruf des Henkers. (Man stelle sich eine heutige Küchenbekachelung vor mit Berufen wie z.B…. denken Sie selbst an für Sie unsympathische Berufe). Ganz aktuell: Es gibt seit dem 16. Jahrhundert Kacheln, die bereits vor dem Rauchen warnen.

Es gibt zu der Ausstellung einen Katalog, den ich mir dummerweise erst nach der Besichtigung gekauft habe. Er bietet viele übersichtliche Hintergrundinformation zu einzelnen Kacheln, diese hätte ich gerne schon beim Ansehen gehabt.

Die Kacheln strahlten einen besonderen Zauber und Verletzlichkeit aus, vielleicht wegen den kleinen Beschädigungen und auch z.T. verblassten Farben. Ich freue mich, dass ich sie mir habe ansehen dürfen.

Eine zweite Museumsüberraschung- Besuch in Kevelaer Teil 1

Ja, eigentlich wollte ich mir auf meiner ersten Niederrheintour nur “mal eben kurz” die Ausstellung “Vom Zauber alter Fliesen” im Niederrheinischen Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer ansehen und dann hauptsächlich mit dem Rad Richtung holländische Grenze fahren. Aber das Museum machte mir einen Strich durch die Rechnung, denn es war, wie das letzte Woche beschriebene Museum in Münster eine große, sehr schöne Überraschung und das Rad blieb im Auto. Es gab in dem Museum so viel zu entdecken, dass ich meinen Bericht aufteile. Die holländischen Fliesen kommen morgen dran, heute erst einmal ein paar Eindrücke vom Präsenzbestand des Museums.

Das Museum liegt mitten in Kevelaer (Straße “Am Museum”, parken am besten auf dem Parkplatz “Ladenstraße”). Der Eintritt ist mit 3 Euro für alle Ausstellungen sehr zivil. Kommt man in den ersten Ausstellungsraum, wird man in seine Kindheit katapultiert: Altes Spielzeug, Puppenhäuser, die Einrichtung einer alten Schulklasse und ein Tante Emma Laden erwarten den Besucher und man kann schon unendlich viel betrachten. 

Die Welt der Käthe Delhey aus Emmerich. Von diesen Displays gibt es ca. zwanzig.

Geht man in den nächsten Raum, erwarten einen “alte Handwerkskünste”, wie z.B. die Glasmacherei, die Stickerei ( für all die Bischofsgewände) oder der Holzschuhmacher.

Auch im dritten Raum kam ich ins Schwärmen. Hier gibt es eine beeindruckende Sammlung von Steingut, Fayencen, Porzellan oder niederrheinischer Pottbäckerei. Besonders angetan war ich von der Dekoration des Alltagsporzellans aus der Weimarer Republik

 + der niederrheinischen Irdenware aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Natürlich darf in einem Volkskundemuseum in Kevelaer das Sakrale nicht fehlen. Hier müssen die umfangreiche Sammlung an Rosenkränzen und die ausgefallenen Marienstatuen erwähnt werden.

Z.Zt. kam man darüber hinaus sich noch eine Grafikausstellung zum Thema “eine Wallfahrt nach Kevelaer” von Heinrich Heine betrachten.

Ich habe mir längst nicht alle Vitrinen und Räume angesehen, da ich ja eigentlich nur die Fliesenausstellung besuchen wollte. So brach ich meinen Besuch irgendwann ab. Da mein Mann das Museum auch nicht kennt, werde ich bestimmt noch einmal wiederkommen.

Das war in sehr großer Kürze Teil 1. Morgen zeige ich dann ein paar Beispiele aus der Fliesensammlung und erzähle ein bisschen dazu.