Tête-à-tête mit Stahlgiganten (Halle 2)

Bei unserem Urlaub in Halle besuchten wir auch „Ferropolis“. Diese Anlage erinnert an den Braunkohletageabbau, der in den 90er Jahren beendet wurde.

Fünf ehemalige Bagger stehen auf einer Halbinsel, die zu dem Gremminer See gehört, ein überflutetes Tagebauloch. Man kann diese Stahlgiganten nicht nur besichtigen und teilweise auf ihnen hochsteigen, ein Museum erzählt auch die Geschichte dieses Geländes.

Das Gelände wird außerdem für diverse Feierlichkeiten benutzt, sei es für Konzerte mit bis zu 25000 Besuchern, Autorennen oder Trödelmärkte.

Wir hatten Glück, dass wir auf dem Gelände fast alleine waren, so dass ich nach Herzenslust fotografieren konnte. Mal war das Bombastische für mich knippswürdig, ich entdeckte aber auch viele Details. Wenn Sie gerne fotografieren, planen Sie mindestens einen halben Tag für die Besichtigung ein.

Meine Favoriten: Schwarzweißfotos

Die Hölle in einer Familie

Diesen Roman hatte ich mir aus der Bücherei ausgeliehen, da der Titel für mich nach viel Musik und Klavierspielen klang. Aber das war nur die angenehme Seite der 460 seitigen Geschichte.

Karl Wittgenstein ist ein äußerst erfolgreicher österreichischer Stahlmagnat Anfang des 20. Jahrhundert. Er und seine Frau Poldi haben acht Kinder und wohnen im einem prachtvollen Wiener Palais. Sie nehmen rege am luxuriösen Leben teil, Karl betätigt sich als Mäzen für Komponisten und Maler. Dazu gehören u.a. Klimt, Kokoschka, Mahler und Brahms. Von außen betrachtet muss es eine glückliche Familie sein, der es an nichts fehlt. Doch dem ist nicht so.
Drei Söhne nehmen sich als junge Männer das Leben, bzw. verschwinden spurlos. Sie passen nicht in das Weltbild ihres mächtigen Vaters. Auch Paul und Ludwig Wittgenstein leiden unter Karl. Luki, später bekannt als der Philosoph Ludwig Wittgenstein, ist als Kind labil und versucht später durch extreme Entscheidungen, dem Fluch des Reichtums zu entkommen.
Paul Wittgenstein ist immer wie seine drei Schwestern bemüht, seinem Vater zu gefallen. Dabei treten sie in einen Wettstreit, bei dem von Geschwisterliebe nur in ganz wenigen Momenten etwas zu spüren ist. Paul ist der Verlierer. Selbst als ihm im ersten Weltkrieg der recht Arm abgenommen werden muss und er trotzdem danach eine Weltkarriere als Pianist aufbaut, ist er für die Familie nie gut genug. Um nicht wie seine Brüder ebenfalls durch die Familie mental kaputt gemacht zu werden, führt er ein Doppelleben mit diversen Geliebten, die nicht aus den entsprechenden Kreisen kommen. Es dauert lange, bis er eine Frau findet, die ihm etwas mehr Seelenruhe verschafft. Hilde, eine blinde Pianistin, schenkt ihm zwei Kinder. Zuerst versteckt er seine kleine Familie, doch dann ändert sich das Leben schlagartig. Im Jahr 1938 sind die Nationalsozialisten in Österreich an der Macht. Die jüdische Bevölkerung und alle Menschen mit Behinderungen müssen um ihr Leben bangen. In letzter Sekunde schafft es Paul, eine Flucht für sich und seine Familie zu organisieren. Damit endet der Roman. (In einem Epilog erfährt man kurz, wie das weitere Leben der Familie Wittgenstein verläuft).
Auf den ersten 100 Seiten war ich von diesem Roman enttäuscht, denn der Titel hatte mich anscheinend in die Irre geführt. Ich las einen Roman über eine Familie, über die es nur wenig Gutes zu sagen gibt. In dem Roman fand ich keine Sympathieträger. Ludwig Wittgenstein ist für mich dabei die unangenehmste Person, die sich den Schein der Armut gibt, um immer wieder in den Schoß des Reichtums zurückzukehren, wenn er das Zusammensein mit „Normalbürgern“ nicht mehr aushält. Aber auch Paul verhält sich fragwürdig. Selbst als gestandener Mann kann er sich den ungeschrieben Gesetzen der Familie nicht entziehen und lässt eine schwangere Geliebte im Stich, was in einer Katastrophe endet.
Was das Thema Musik angeht, so lernt man in diesem Roman viel über das Verhältnis von Pianisten und Komponisten. So beauftragt Paul beispielsweise den Komponisten Ravel, ein Konzert für die linke Hand zu komponieren. Dies endet in einem Debakel.
Ein gut zu lesender Roman mit dem Reiz, Blicke in das Leben einer berühmten Familie zu werfen und gleichzeitig Zeit- und Musikgeschichte präsentiert zu bekommen.

Wer ein kurzes Video mit Paul Wittgenstein am Klavier sehen möchte:


Exzellente Heimatkunde

Das Wort Heimatkunde hört sich vielleicht etwas verstaubt an, aber es trifft es am besten….

Mein Lieblingsstadtteil von Duisburg ist Ruhrort. Wegen der Lage, seiner Architektur, der Kaffke-Krimis, die dort spielen und auch z.T. wegen der Menschen, die dort leben.

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Als ich letztes Jahr dort eine Führung mitmachte, im Binnenschiffahrtsmuseum war und Torten im “Café  Kurz” probierte, nahm meine Zuneigung zu Ruhrort noch zu.

Karlsplatz

Nachdem ich nun aber am Mittwoch dort im Rahmen einer VHS Veranstaltung das Haniel Museum besuchte, haben es die anderen Stadtteile noch schwerer.

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Hier hat Duisburg einen Schatz zu bieten! Man erfährt natürlich sehr viel über die Familie Haniel und das allein ist schon spannend, denn im 18. Jahrhundert hat z.B. eine Frau bereits die Geschäfte geführt und die Weichen für den späteren Erfolg der Firma gestellt. Wie die Familie bis heute auf wirtschaftliche Umschwünge geschickt reagiert und damit die Firma erfolgreich am Markt bestehen lässt, das ist eine Lehrstunde in Betriebswirtschaft. Darüber hinaus lernt man aber auch sehr viel über die Geschichte Ruhrorts und damit verbunden über das Werden Duisburgs und des Ruhrgebiets.

Die Führung wurde von einer bei Haniel beschäftigten Historikerin durchgeführt und hätte 1 1/2 Stunden dauern sollen. Es wurden 2 1/4 Stunden daraus und wir hätten der Dame noch länger zuhören können. Beim Erkunden der drei Stockwerke bekommt man nämlich auch noch einen sehr guten Eindruck darüber, wie eine Familie ab Biedermeier aufwärts dort gelebt und gearbeitet hat.

Ich vermute, dass nur wenige Duisburger bisher dieses Museum besucht haben, da es keine offiziellen Öffnungszeiten hat. Aber es gibt neben den VHS-Führungen auch weitere von Haniel selbst angebotene Führungen, die Termine dieser sind einfach telefonisch zu erfragen. Darüber hinaus kann man auch selbst mit einem Audioguide durch das Museum gehen, man muss sich dann vorher nur telefonisch anmelden. Hier gibt es die passenden Infos:

https://www.haniel.de/unternehmen/geschichte/haniel-museum/

In den nächsten Monaten ist das Wetter ja eher schlechter. Wenn Sie nur ein bisschen “Ruhrpottler” sind, dann besuchen Sie dieses Museum und machen Sie bei Regen eine Zeitreise.