Alternative Bustour durch Duisburg

Die Duisburger Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales bietet zweimal im Jahr eine alternative Bustour durch Duisburg an, einmal in den Norden, einmal in den Süden.
Am Samstag starteten wir um 14 Uhr vom Duisburger Fernbusbahnhof in den Norden. Reiner Leuchter, Landschaftsarchitekt und bei der Stadt Duisburg Mitglied im Beirat für Stadtgestaltung, war unser Reiseleiter. In den nächsten drei Stunden sollten wir ( ca. 30 Neugierige) von den 50 Stadtteilen, die Duisburg hat, ca. die Hälfte durchfahren.
Der Norden fing im Westen an, denn wir fuhren zuerst nach Homberg. Schon hier wurde klar, welche Schwerpunkte Leuchter bei seinen Erklärungen haben würde. Kritisches Hinterfragen baulicher Maßnahmen aus der Vergangenheit und Gegenwart, Vergleiche zwischen guter und minderwertiger Architektur, das Nebeneinander von Industrie- und Wohnanlagen.
In Homberg kam es zu dem Vergleich zwischen dem Wohnen in den Rheinpreußen- und Johannenhof-Siedlungen und dem Leben in den Weißen Riesen, von denen hier der letzte zu sehen ist, nachdem die anderen gesprengt wurden.

Danach fuhren wir auf die rechte Rheinseite zurück, vorbei an dem alten Trajektturm.https://de.wikipedia.org/wiki/Trajekt_Ruhrort–Homberg

Links der Hebeturm, davor das Schulschiff RHEIN.

Beim Überqueren auf der Friedrich-Ebert-Brücke bezog Leuchter Stellung zu der neuen, sehr umstrittenen Halle auf der Mercatorinsel.

Obwohl er Verständnis für die Bedenken von Naturschützern und Anwohnern von Ruhrort hatte, hielt er den Bau für die Halle für folgerichtig, denn schließlich gehört die Insel zum Duisburger Hafen, der solche Infrastruktur benötigt.

Nicht weit entfernt befindet sich das alte Hermann Wenzel Kraftwerk, das 1955 eingeweiht wurde. Es verarbeitet bis heute das Gas der Thyssenkrupp Hochöfen, das durch riesige oberirdische Gasrohre transportiert wird.

Sie sind so groß, dass man durch sie durchlaufen könnte. Das Gas ist hochgiftig, aber diese Tatsache spielte damals beim Bau und wohl auch heute keine Rolle. Auch dass die Rohre und die damit verbundene Infrastruktur Stadtteile zerschnitt, wurde früher hingenommen. So kam es beispielsweise in Laar zu einem Niedergang des Einzelhandels, noch gefördert von der Ansiedlung großer Supermärkte außerhalb des Stadtteilzentrums.

Der „Laarer Dom“ erinnert noch von eine bessere Vergangenheit, rechts oben ein Beispiel für den Niedergang des Einzelhandels und unten ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Dieses Zerschneiden von Stadtteilen kann man auch noch in anderen Stadtteilen erkennen, besonders in Hamborn oder Marxloh. Für die Industrie wurde Platz gemacht, egal wie die Gemeinde gewachsen war. ( Man denke z.B. an die Trassen der Autobahnen A 42 und A 59).
Wir kamen immer wieder an Hochöfen vorbei

und Reiner Leuchter versorgte uns mit Zahlen, was und wie viel man in welcher Zeit produziert und wie teuer die geplante Direktreduktionsanlage von Thyssenkrupp werden soll: 1,9 Milliarden Euro (davon 60% staatliche Fördergelder).



Die Weseler Straße in Marxloh war unser nächstes Ziel. Hier waren viele Menschen unterwegs, hauptsächlich Paare, die vor einer großen Entscheidung standen:

Was ziehe ich auf meiner Hochzeit an? Marxloh ist einer der europäischen Einkaufszentren, wenn es um das Einkleiden von Hochzeitspaaren geht.

Weiter ging es durch die Stadtteile Fahrn und Röttgersbach, die sich glücklich schätzen können, Straßen mit qualitätsvoller Architektur aus den 20er Jahren zu besitzen. Nach einem Abstecher zur Merkez Moschee,

nahm unser Reiseleiter Hamborn genauer unter die Lupe. Dieser Stadtteil war früher eine selbständige Stadt, was imposante Gebäude wie ein eigenes Rathaus, ein Gericht oder auch ein Gefängnis bis heute bezeugen, nicht zu vergessen das BauhausKarree, ebenfalls aus den 20er Jahren.

Rechts eine kleine Ansicht vom BauhausKarree, links der bekrönte Treppengiebel eines Backsteinhauses, in dem sich heute die Hamborner Polizei befindet.

Hamborn hat darüber hinaus einen eigenen Stadtpark und einen botanischen Garten. Auch der Marktplatz beeindruckte durch seine Größe, hier wird in der Verwaltung gerade zusammen mit den Anwohnern eine Umgestaltung geplant: Parkplätze sollen weichen, der Platz soll mehr ein Freizeitraum für die Bevölkerung werden.
Wir kamen bei unserer Rundfahrt an zwei Schulneubauten vorbei und zwei alten renovierten Schulen. Was dieses Thema angeht, ist Duisburg gut aufgestellt und tut etwas für die Zukunft.
In Neumühl gibt es direkt zwei Beispiele, die zeigen, wie schwierig Stadtplanung sein kann.
Das 2013 aufgegebene St. Barbara Krankenhaus ist heute ein Lost Place. Wie es dazu gekommen ist und was in den letzten 12 Jahren an diesem Ort passiert ist, können Sie hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/St._Barbara-Hospital_(Duisburg)

Durch die Felix-Dahn Straße fuhren wir, weil sie in Duisburg laut Reiner Leuchter exemplarisch für die z.T. sinnlose Abholzung von altem Baumbestand ist. Ca. 100 Jahre alte Bäume wurden wegen Kabelverlegungen gefällt und durch Jungbäume ersetzt. Bis diese allerdings denselben Nutzen für die Umwelt haben, braucht es mindestens zwei Generationen.

Den Landschaftspark steuerten wir nicht an, da er wohl vielen Duisburgern schon bekannt ist. Was ich nicht wusste: Das gesamte Areal des Landschaftsparks beträgt 200 ha, also ist er ca. 280 Fußballfelder groß. Hätte ich nicht gedacht.
Wurde aus dem Areal des Landschaftsparks etwas Neues gemacht, gibt es an anderen Stellen Gelände, wo früher Gebäude standen, die sinnlos abgerissen wurden, da danach Neubaupläne nicht weiter verfolgt wurden. So finden sich immer wieder solche Orte in Duisburg:

In Meiderich trafen wir einmal mehr auf Häuser der GEBAG, genauer gesagt in der Ratingsee-Siedlung.

Auch hier lohnt es sich, den Wikipedia-Eintrag zu lesen, nicht nur wegen der Architekturgeschichte, sondern auch wegen der Tatsache, dass sich an diesem Ort ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald befand.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ratingsee-Siedlung

Das Tourende war Gewässern gewidmet. Über den Rhein waren wir ja schon gefahren, aber wir passierten nun zum zweiten Mal die alte Emscher, dann den Rhein-Herne-Kanal und schließlich die Ruhr.

Oben links der Rhein bei Homberg, darunter der Rhein-Herne-Kanal, oben rechts die renaturierte alte Emscher und rechts unten die Ruhrlandschaft.

Wenn auch die Wasserqualität erst in den letzten Jahren so gut geworden ist, dass man im Kanal und in der Ruhr wieder schwimmen könnte, so gehörten diese Teile Duisburgs immer schon zu Orten, an denen die Bevölkerung gerne ihre Freizeit verbrachte. Ein aktueller Beweis: Der gut ausgebaute Radweg der Fern-Radwanderroute „Ruhrradweg“.

Nach der Bustour fuhren wir in den Innenhafen, um etwas zu essen. Hier bekamen wir noch eine Extraportion Duisburg, dank mehrerer Wandbilder, die unter der A59 für Duisburg werben.

Eine rüstige 90jährige Duisburgerin machte die Rundfahrt mit und war voll des Lobes am Ende der Tour. Sie hätte viel Neues zu ihrer Heimatstadt erfahren und es gäbe viel Stoff zum Nachdenken. Diesem Urteil schließe ich mich gerne an. Der Duisburger Süden wird übrigens am 12.10. erkundet.

Ich hatte zuvor noch nie von der Duisburger Stiftung gehört. Eine gute Sache, wie ich finde. Hier ein Ausschnitt aus ihrem Flyer,

Zur Homepage geht es: http://www.stiftung-duisburg.de

Anmerkung: Einige der Fotos habe ich nicht am Samstag gemacht, sondern auf früheren Radtouren. (Falls es Ihnen aufgefallen ist, dass die Jahreszeiten nicht immer kompatibel sind).

„The Troubles“ (1) -Nordirland Nr. 4

1998 wurde der Nordirlandkonflikt („The Troubles“) beendet und das friedliche Zusammenleben zwischen katholischen und evangelischen Gläubigen/ Befürwortern der Vereinigung Irlands und Anhängern des englischen Königshauses im Karfreitagsabkommen von Belfast besiegelt und festgelegt.

Etwa 3400 Menschen wurden in der Zeit von 1969 bis 1998 getötet und über 30000 Menschen verletzt. In Belfast erinnern in den Vierteln Ballymurphy und Shankill, die damaligen Zentren der Auseinandersetzungen, Wandbilder, sogenannte „Murals“, an diese Zeit. Diese Murals findet man an Häusern und an einer langen Mauer, die damals die katholische Bombay Street von dem evangelischen Cupar Way trennte.

Bobby Sands (links oben) ist einer der irischen Helden. 1977 kam er wegen Waffenbesitz ins Gefängnis. Wegen ungleicher Behandlung traten er und seine Mitgefangenen 1981 in den Hungerstreik. In dieser Zeit wurden Wahlen abgehalten. Bobby Sands ließ sich aufstellen und gewann. Aber er konnte nicht mehr nach London ins Parlament, da er nach 66 Tagen Hungerstreik starb. Das Wandgemälde sieht man am Hauptquartier der irischen Partei Sinn-Féin.

Die Murals sind eine der Hauptattraktionen der Touristen. In den letzten Jahren sind andere Themen hinzugekommen, wobei Pro-Palästina-Bilder einen Schwerpunkt bilden.

Die sogenannte Friedensmauer ist 14 Meter hoch und 21 Kilometer lang. Heute verewigen sich dort Graffitikünstler oder Touristen. In den Straßen finden sich auch frühere Straßenkontrollpunkte, deren Tore , die sogenannten Peace Gates, heute noch abends geschlossen werden. An mehreren Stellen gibt es zudem besondere Gedenkstätten.


„Black Taxis“ fahren Touristen durch die Straßen und die Fahrer erzählen detailreich von dieser Zeit. Zeigen auch Einschusslöcher, singen zwischendurch ein irisches Lied oder erzählen stolz, dass sie Bobby Sands persönlich gekannt haben.
Uns war die Fahrt mit einem Black Taxi ( 2 Stunden ca. 180 Euro) zu teuer, jedoch hörten wir an einigen Stellen mit, die Organe der Fahrer waren kräftig.

Diese Viertel kamen mir persönlich etwas unwirklich vor. Für mich ist es ein bisschen vergleichbar mit den heutigen Straßen rund um die Berliner Mauer. Man liest als Tourist die Schilder, sieht Fotos und Mauerreste und nimmt die abgeschlossene Geschichte zur Kenntnis.

Aber ist auch in Nordirland die Geschichte abgeschlossen? Wir bekamen Zweifel, als wir die Bindestrich-Stadt besuchten. Davon mehr im nächsten Beitrag.

Die französische Route 66 ( FR Nr. 2)

Nach einer Übernachtung in Dijon fuhren wir am zweiten Tag bis Lyon auf der Autobahn, um dann auf die Route Nationale No. 7 zu wechseln.
Auf der N7 fuhren in Frankreich in den Sommerferien viele Generationen in den Süden des Landes. Jede Familie hat eigene „N7-Geschichten“ zu erzählen, sei es, dass es um einen legendären Stau geht, um das Essen in einem exquisiten Restaurant, um eine Motorpanne oder die vergessene Oma auf dem Rastplatz. Inzwischen gibt es eine Autobahn 7 und die N7 hat einen gewissen Legendenstatus wie die Route 66 in den USA.
Im Internet finden sich einige Berichte über N7 Fahrten. Sie sind stimmungsvoll zu lesen, aber ich machte mir keine Notizen, wo was zu sehen war, wir wollten unsere eigenen Fundstücke zusammentragen.
Um uns in Stimmung zu bringen, nahm ich vorher eine Playlist mit Liedern aus Frankreich auf:

Und so empfing uns die N 7:

Oben links erlebten wir, glücklicherweise auf der Gegenseite, einen über 50 km langen Stau, da die Autobahn 7 zwischen Vienne und Valence wegen eines Unfalls gesperrt war. Darunter einer von mehreren Wassertürmen, die so langsam aus dem Landschaftsbild von Frankreich verschwinden. Mitte: Ein Beispiel für einen dekorierten Kreisverkehr, die N7 schlängelt sich öfter durch Weinrebenfelder. Rechts oben eine von den alten Übernachtungsmöglichkeiten, wir sahen diverse, die inzwischen geschlossen waren. Unten rechts: Französische Grundnahrungsmittel an der N7.

“Bunte Häuser“ sahen wir viele, sei es, dass man auf ihnen noch alte verblasste Werbung entdecken konnte oder sie mit Wandmalereien geschmückt waren.

Wir fuhren nur 3 Stunden auf der N7, doch um alle alten Schilder zu fotografieren, könnte man sicherlich einen ganzen Tag damit verbringen.

Dir Urlaubsstimmung stieg bei mir von Baum zu Baum und von Allee zu Allee, mir ging das Herz auf:

Da wir sehr kaltes und stürmisches Wetter hatten, machten wir nur zwei kleine Pausen in Valence und Montélimar. Es war Montag, fast alle Geschäfte hatten geschlossen und es herrschte eine trostlose Stimmung. Im verwinkelten Valence fielen mir eine Reihe von schönen Geschäften und netten Plätzen auf, in Montélimar gab es eine lange Einkaufsstraße und eine Prachtstraße. Das Nougatmuseum war auch geschlossen, sollte wohl so sein.

Unten links: Hier entdeckte ich einen Laden, der Kleidung repariert und Strümpfe stopft. In Deutschland kaum vorstellbar.
Rechts das berühmteste Haus von Valence, „La Maison des Têtes“.
Oben rechts der „Eingang“ zur Geschäftsstraße von Montélimar. Links: Zwei Weltanschauungen…

Die N7 machte mich kreativ und das Ergebnis sind einige Collagen, die ich Ihnen morgen zeigen möchte. Dazu kommen einige Tipps für alle, die mit dem Auto durch Frankreich reisen.