All You Can Eat

„All You Can Eat“- dieser Ausdruck kam mir in der letzten Woche in meinem Garten zweimal in den Sinn. Das erste Mal war es beim Beobachten von Bienen, Hummeln & Co, als diese sich bei dem Blütenangebot von Salbei, Cosmeen und Glockenblumen gar nicht entscheiden konnten, wohin sie zuerst fliegen sollten. Ähnlich wie Menschen an einem Buffet.

Dieser Anblick erfreute mich schon sehr, doch an anderer Stelle war das Angebot anscheinend ebenfalls sehr beliebt.

Rote Spornblume, Schwarzer Lauch und ein blauer Ceanothus Strauch

Das zweite „All You Can Eat“ ging mir bei diesem Anblick durch den Kopf:

Das war mal eine Funkie, die in einer Nacht zur Leibspeise dieser Gartenbewohnerin wurde:

Mich hätte der Anblick der abgefressenen Funkie noch bis vor Kurzem in negative Wallung gebracht, doch jetzt machte ich mit der Schnecke einen kurzen Spaziergang zu einem Feld und verabschiedete mich von ihr mit ein paar wohlmeinenden Worten. Ich hatte dieses Buch gelesen:

Die Autorin des Buches litt über viele Jahre hinweg an einer sehr schweren Viruserkrankung, wodurch es ihr zeitweise nicht möglich war, sich zu bewegen oder lautere Geräusche wie Musik zu ertragen. Von einer Pflegerin zweimal am Tag versorgt, lag sie nur im Bett, sah und dachte. Eines Tages bringt ihr eine Freundin einen Blumentopf mit, in dem eine kleine Waldschnecke lebt. Die Autorin macht die Freundin darauf aufmerksam, doch die Freundin verabschiedet sich nur lächelnd und geht.

Bailey fängt an, die Schnecke zu beobachten und immer mehr ist sie von deren Verhalten fasziniert. Es passiert, dass sie die so langsam verstreichende Zeit, ihre Krankheit und ihre oftmals hoffnungslose Lage vergisst. Die Schnecke zieht in ein komfortables Terrarium um und in guten Zeiten, in denen Bailey ein Buch halten und umblättern kann, beginnt sie Fachliteratur über Schnecken zu lesen, was ihre Bewunderung für diese Lebewesen noch mehr wachsen lässt. Sie hat eine Weggefährtin gefunden, die in ihrer Langsamkeit dem Lebensrhythmus Baileys entspricht. Die Schnecke spendet ihr Trost und das Beobachten gibt ihr einen Lebenssinn.
Auch ich war von dem in diesem Buch vermittelten Wissen über Schnecken sehr beeindruckt. Das „System Schnecke“ mit der Langsamkeit, mit den besonderen Sinnesorganen, der Behausung, mit dem Schleim und der Art der Fortpflanzung hat größere Überlebenschancen als das „System Mensch“ und verlangt Respekt und Anerkennung.
Das Buch ist aber auch wegen der Gedanken der Autorin zu ihrer Krankheit lesenswert. Gezwungenermaßen fokussiert sie ihren Blick auf wirklich Wichtiges im Leben und das sollte jeder Mensch auch ohne große Krankheit ab und zu einmal tun.

Wenn man es mit dem Dankeschön ernst meint

In den letzten Tagen gingen per Anzeige, Leserbriefe oder Radiospots viele Dankeschöns hinaus in die Welt an alle, die momentan dafür sorgen, dass unser Alltagsleben nicht völlig zusammenbricht. Dazu gehören auch diejenigen, die in den Supermärkten arbeiten. In einem Supermarkt ist mir vorgestern Folgendes passiert:

Morgens hatte ich beim Aufräumen in einem alten Verbandskasten aus meiner Buchhandlung fünf Mundschutzmasken gefunden. Ich bin absolut kein Fan dieser Masken, besonders nicht zur jetzigen Heuschnupfenzeit, wenn die Nase als Sauerstofflieferant fast immer ausfällt. Aber ich zog eine an, als ich einkaufen ging, weil ich auch mal sehen wollte, wie andere Menschen reagieren. Im Supermarkt war ich die einzige mit Maske und wurde, so hatte ich zumindest den Eindruck, manchmal etwas besorgt angesehen. Mehrere Verkäuferinnen räumten Ware ein. Eigentlich sind diese Damen immer gut oder wenigstens neutral gelaunt, aber jetzt schien es mir, dass sie alle bedrückt waren. Bis mich eine Verkäuferin anlächelte und sich dafür bedankte, dass ich eine Maske trage…Ich lächelte nur zurück, viel zu irritiert, etwas zu sagen.

Wieder zuhause, musste ich noch an die Verkäuferin denken. Wie würde ich mich selber fühlen, wenn ich täglich der Möglichkeit mich anzustecken, hundertfach ausgeliefert wäre? Wäre ich nicht auch dankbar, wenn eine fremde Person von sich aus etwas dafür tut, mich nicht anzustecken?

Ich werde ab sofort immer eine Maske tragen, denn dann ist die Dankbarkeit- siehe oben-kein Lippenbekenntnis mehr.

Aber ich habe mir noch eine zweite Frage gestellt: Warum tun wir uns so schwer, eine Maske zu tragen? Wir bezeichnen uns als vernünftige Menschen, aber die meisten von uns ignorieren hierbei alle sehr guten Argumente, die für das Tragen sprechen. Liegt es vielleicht daran, dass die Maske für uns ein Anzeichen, ein Symbol ist, dass etwas ganz und gar nicht in unserem Alltag stimmt und wir wollen diese Tatsache verdrängen, in dem wir die Maske nicht tragen? Ist dieses Verdrängen für uns wichtiger als unsere Gesundheit? In anderen Staaten wie Japan oder Thailand hat man zu den Masken ein anderes Verhältnis, hier ist es gesellschaftlich völlig ok, wenn man seine eigene Gesundheit und die von anderen schützen will. Also warum nicht bei uns?

Morgen entschleunige ich die Blog, am Samstag geht es mit dem Rätsel weiter.

P.S. Ich bekam gerade ein etwas unwirsches Mail, in dem sich der Absender beschwerte, dass er ja eine Maske tragen würde, wenn es denn eine zu kaufen gäbe.

Es ist besser, sich einen Schal umzubinden, als gar nichts zu tun, so die Aussage eines Arztes in einer gestrigen Radiosendung.

Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen!

Im Januar las ich dieses Buch und habe z.Zt. ein Déjà-vu-Erlebnis.

In dem Buch geht es um den Zustand der Welt und wie die Menschen diesen Zustand beurteilen. Eine Inhaltsangabe zu dem Buch zu schreiben, ist schwer, denn die Zahl der positiven Denkanstöße ist dafür zu groß. Deshalb gebe ich nur ein paar Eindrücke wieder.

Bill Gates meinte, dass dieses Buch für ihn eins der wichtigsten Bücher ist, die er je gelesen hat. So steht es auf dem Klappentext. Linda Broszeit sagt das auch und damit sind wir schon zu zweit. ? Nach der Lektüre hatte ich ein bisschen Seelenfrieden zurückgewonnen und empfand eine gewisse Ruhe, die bis heute noch anhält. Bei Diskussionen, in denen gewarnt, schlecht geredet oder beklagt wird, habe ich jetzt Argumente, die andere aufhorchen lassen. Oder einmal etwas krasser ausgedrückt: Öfter kann man Permanentnörgeler schneller zum Schweigen bringen.

Nein, es ist auf der Welt bei Weitem nicht alles rosig und gut, aber der Autor, der Professor für Medizin ist und u.a. für die Weltgesundheitsorganisation WHO arbeitet, zeigt anhand vieler nicht wegzudiskutierender Zahlen, dass es besser ist als vermutet. Ich gebe Ihnen drei Beispiele und bitte Sie, die Fragen spontan zu beantworten.

A-In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung:

Nahezu verdoppelt oder unwesentlich verändert oder deutlich mehr als halbiert?

B- Wie viele einjährige Kinder auf der Welt sind gegen irgendwelche Krankheiten geimpft?

20, 50 oder 80 Prozent?

C- Wie viele Mädchen absolvieren heute eine fünfjährige Grundschulbildung in den Ländern mit niedrigem Einkommen?

20, 40 oder 60 Prozent?

Haben Sie sich bei allen drei Fragen jeweils für die dritte Antwort entschieden?

Hans Rosling räumt in seinem Buch mit vielem falschen Wissen auf. Er hat Zugang zu zuverlässigen Statistiken, Bildmaterial und Zahlen und zeigt die positiven Entwicklungen der letzten 100, 50 oder 20 Jahre auf. So gibt es für ihn z.B. auch keine Entwicklungsländer mehr, sondern er spricht von Ländern der 4 Stufen.

Was das Buch aber so wichtig macht, das sind seine Erklärungen, warum wir ein so falsches Weltbild haben. Dafür gibt es diverse Gründe, die er mit folgenden Kapitelüberschriften beschreibt:

Auch hier möchte ich nur ein paar Beispiele geben. Er beschreibt, wie wir die Vergangenheit zumeist mit einer rosaroten Brille sehen und schier vergessen, dass frühere Zeiten vielleicht nicht dieselben Probleme hatten, aber dafür andere. Wir haben das Gefühl, dass alles schlechter wird, einmal länger über alles in Ruhe nachdenken, das kommt eher selten vor. Unsere Gehirne sind seit Urzeiten darauf gepolt, auf das Angstgefühl zu achten, um gefährlichen Situationen rechtzeitig begegnen zu können. Diesen Instinkt der Angst bedienen die Medien, wissen sie doch, dass damit die höchste Aufmerksamkeit erreicht werden kann. (Das soll kein Vorwurf sein, denn die Redakteure ticken ja genauso wie die Leser).

Und da ist dann auch mein Déjà-vu-Erlebnis. Erinnern Sie sich noch an die Schweinegrippe im Jahr 2009? Anfänglich starben viele Menschen, doch dann nahm die Zahl nicht mehr zu, sondern blieb erst noch konstant und nahm dann ab. Was nicht abnahm, das war die Hysterie. Hans Rosing und sein Team zählten daraufhin die Artikel zum Thema Schweinepest, die bei Google in 2 Wochen erschienen waren. Es waren weltweit 253442 . Zu jedem der 31 Todesopfer in diesen zwei Wochen, wurden also ca. 8176 Artikel geschrieben. In genau den beiden Wochen starben weltweit auch ca. 63000 Menschen an Tuberkulose. Jeder dieser Toten erfuhr eine mediale Aufmerksamkeit von 0,1 Artikel.

Dieser Beitrag mag vielleicht etwas schwere Kost sein (das Buch ist dafür umso leichter geschrieben), aber ich kann nur noch einmal wiederholen: Wenn Sie ein Buch in diesem Jahr lesen wollen, dann lesen Sie dieses.