Dunkle Momente

Eva Herbergen, Anfang 60, ist Strafverteidigerin und wirft am Anfang des Romans einen Brief in einen Briefkasten. Sie blickt zurück auf neun Fälle in ihrer Laufbahn, die sie letztendlich dazu geführt haben, diesen Brief zu schreiben.
Sie verteidigt u.a. einen Kannibalen, einen ehemaligen Kindersoldaten, eine berühmte Schriftstellerin oder einen Chirurg. Bei der Schuldfrage sind die Fälle nicht immer eindeutig, sobald man die Vorgeschichten der Täter und auch Opfer mit in die Waagschale wirft. Eva versucht nach bestem Gewissen, einen Freispruch für ihre Mandanten zu erreichen. Doch bei einer Studentin, in deren Obhut ein kleines Kind gestorben ist, wäre für die junge Frau ein Schuldspruch besser gewesen, damit sie ihre großen Schuldgefühle verarbeiten kann. Wenn Eva von schuldigen Mandanten getäuscht wurde, hinterlässt das Narben und es gibt tatsächlich den Fall mit einem perfekten Verbrechen, der über Jahre Eva beschäftigt, bis sie einen Weg findet, den Mörder doch noch ins Gefängnis zu bringen.
Aber das ist noch nicht der Fall, der sie an sich selbst und dem Rechtssystem zweifeln lässt. Ein Mann wird verurteilt und beginnt danach eine Verzweiflungstat. Wie kam es dazu? Eva bewertet die Schwere eines Wirtschaftsdelikts nicht richtig und das überängstliche Auftreten des Mandanten nervt sie, weil sie privat mit der Planung ihrer Hochzeit beschäftigt ist. Schließlich überlässt sie die Verhandlung ihrer Stellvertreterin und geht auf Hochzeitsreise nach Italien. Die Katastrophe nimmt danach ihren Lauf. Um wohl ein Exempel zu statuieren, verhängt das Gericht eine viel höhere Strafe als von ihr angenommen, ihr Mandant bricht psychisch zusammen und tötet sich und seine Familie.

Die Autorin ist Professorin für Strafrecht und die im Roman erzählten Geschichten wurden durch reale Fälle inspiriert. Obwohl dem Gesetz verpflichtet, bewegt sich Eva Herbergen öfter in Grauzonen, weil sie ein Mensch mit moralischem Kompass und Mitgefühl ist.
Das Buch ist spannend zu lesen. Einige Stellen sind wegen ihrer Brutalität und Menschenverachtung schwer zu ertragen, doch lohnt die Lektüre, denn beim Lesen kreist im Kopf die Frage, was man selbst getan oder welche Entscheidungen man getroffen hätte.

Autor: linda

Wohne in Duisburg.

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