Was passiert im Pavillon 44?

Der Autor hat für dieses Buch mehrere Jahre in verschiedenen psychischen Kliniken recherchiert.

Die Schriftstellerin Aliza Berg möchte einen biografischen Roman schreiben über Dr. Dr. Siegfried Lobell, dem Chef der psychiatrischen Anstalten in Wien. Lobell fühlt sich geschmeichelt und bietet ihr an, vor Ort in einem Gästezimmer zu wohnen und ihn bei seiner täglichen Arbeit zu begleiten.
In den nächsten Tagen lernt Aliza auch die Bewohner des Pavillons 44 kennen. Hier wohnen vier Patienten, um die sich Lobell besonders kümmert. Da ist einmal Claudia Hofer mit einer nur schwer therapierbaren Persönlichkeitsstörung, denn sie verweigert jegliche Zusammenarbeit. Sie will kein „normaler Mensch“ werden, der bei all den Gräueltaten auf der Welt nur die Schultern zuckt. Die „Grande Dame“ des Pavillons ist die manisch-depressive Cecilie Weisz, die glaubt, sie sei 6212 Jahre alt.
Der dritte Patient heißt Sebastian Dimsch. Er besitzt einen gesunden Menschenverstand und trägt das Herz auf dem rechten Fleck. Allerdings hat er Wahnvorstellungen und meint, dass er seine klugen Gedanken von seinem verstorbenen Freund Frantisek eingeflüstert bekommt. Und schließlich wohnt im Pavillon 44 noch ein junger Mann, der sich für Jesus hält. Er sieht aus wie Jesus und wenn er etwas sagt oder tut, hören die Menschen ihm zu und sind von seiner Aura eingenommen. Jesus sucht seinen Vater und begab sich dafür schon öfter in Lebensgefahr, so wurde er Patient.
Lobell genießt beim Wiener Bürgermeister Narrenfreiheit und damit kann Lobell seine eigenen kleinen Merkwürdigkeiten ausleben und seinen Heilungsansatz verfolgen, indem er möglichst wenige Medikamente einsetzt. Sein Credo ist es, dass Patienten sich gegenseitig helfen und heilen können. Lobells Widersacher, Dr. Christian Thaler, setzt dagegen als Handlanger der befreundeten Pharmaindustrie auf die neusten Pillen und Spritzen.

Aliza Berg und Siegfried Lobell erzählen abwechselnd. Die ersten Tage in der Klinik verlaufen ruhig, sind nur gespickt mit dem normalen Wahnsinn. Doch dann taucht ein merkwürdiges Graffiti am Pavillon auf und kurze Zeit später flüchten erst Jesus und dann auch Sebastian Dimsch. Wir lesen, was ihnen in der Wiener Innenstadt widerfährt. Dann macht sich Lobell persönlich auf die Suche und in der Klinik läuft mit Thaler als Chef einiges aus dem Ruder.

Sie lieben das Skurile? Dann kommen Sie bei „Pavillon 44“ auf Ihre Kosten. Manchmal kamen mir Zweifel, ob Berg und Lobell nicht vielleicht auch Patienten sind, die sich ihre Leben nur einbilden.
Allerdings bietet der Roman noch mehr. Der österreichische Autor rechnet mit seinen korrupten und manchmal auch verhaltensauffälligen Landsleuten ab. Einige Aussagen des Patienten Sebastian Dimsch möchte man unterstreichen, über die abgeklärte Lebenseinstellung von Jesus ließe sich einmal nachdenken.


Ein neuer Stern an meinem Krimihimmel

Als Einstimmung für einen Wienaufenthalt las ich drei Wienkrimis, zwei geschrieben von Heinrich Steinfest. (Siehe auch meine Besprechung seines Buches „Die Büglerin). Was soll ich sagen? Ich weiß jetzt, dass ich den nächsten Winter mit seinen Krimis verbringen werde und freue mich schon darauf. Angetan war ich schon vom ersten Buch.

Ein Mann wird auf der Dachterrasse eines Wiener Hochhauses in einem Swimmingpool tot aufgefunden. Das ist noch nicht so außergewöhnlich, aber die Todesursache verursacht der Wiener Mordkommission mit Chefinspektor Lukastik doch arge Kopfschmerzen. Der Mann wurde von einem Hai tot gebissen. Nicht von einem Nullachtfünfzehnhai, sondern von einer seltenen Spezies. Indizien sprechen dafür, dass die Tötung des Mannes im Swimmingpool oder in unmittelbarer Nähe stattgefunden haben muss. Der Wiener Zoo oder Transport vom Meer aufs Dach fallen deshalb weg.

Lukastik ist grantelnder Einzelgänger. Seine Kollegen lieben und hassen ihn. Lieben, weil er sehr erfolgreich ist, hassen, weil er sich nur mit ihnen abgibt, wenn es sein muss und dann nimmt er keine Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten. So ist es auch bei diesem Fall. Wer für den Tod des Mannes verantwortlich ist, das findet Lukastik recht schnell alleine heraus, doch wie der Mörder es mit dem Hai gemacht hat, das bleibt das große Rätsel, da sich der Mörder erschießt. Aber Lukastik gibt nicht auf und gerät dabei in nasse Todesgefahr.

Ein Krimi mit „Typen“ und einer skurrilen Geschichte, eben wienerisch, so wie ich es mag.

Und dann bekam ich durch Zufall den neusten Steinfest Krimi in die Hände. Völlig anders, aber noch besser.

Markus Cheng ist ein Detektiv, dessen Eltern wegen des Wiener Walzers vor Jahren aus China ausgewandert sind. Seit über 50 Jahren lebt er nun in Wien und schlägt sich schon tapfer als Detektiv durch. Bei seinem neuen Auftrag soll er die Unschuld eines deutschen Synchronsprechers beweisen, der wegen Mordes an einem sehr bekannten englischen Schauspieler, dem er bisher immer seine deutsche Stimme geliehen hat, verurteilt wurde. Die Beweise sind erdrückend, doch Cheng findet zwei Ungereimtheiten und muss deshalb nach London, um das Hotelzimmer, in dem der Mord geschehen ist, zu untersuchen. Seine Anwesenheit beunruhigt mehrere Menschen und im Laufe der weiteren Ermittlungen reist Cheng noch nach Island, Schottland und Grönland. Am Ende steht fest, dass der Angeklagte in diesem Fall unschuldig ist, aber eine alte andere Schuld muss er begleichen.

Ich weiß, diese Inhaltsangabe ist ein bisschen larifari, aber die Geschichte ist komplex. Nur so viel: Beim Lesen kam mir plötzlich der Gedanke, dass dieser Krimi genial durchkomponiert ist. Ja er ist eine Komposition mit Zutaten wie z.B. eine tödliche chinesische Kampfsportart, die weiße Tulpe eines MI5-Agenten als Erkennungszeichen, ein Pilzkochbuch als Science Fiction Roman, eine Sekretärin, die den Detektivposten von Cheng übernimmt oder ein verstorbener Hund, der immer wieder als Geist auftaucht. Dazu Gedankenaperçus und die Erschaffung von Bildern, die einzigartig sind. Grandios!

Morgen komme ich nun konkret zur Stadt Wien, in der ich 2 Tage bummeln durfte.