Größter Freund und schlimmster Feind: Unser Gehirn

Anfang Oktober erkrankte ich zum zweite Mal an COVID. Neben Kopf-, Glieder- und Halsschmerzen tauchten, während ich im Bett lag und darauf wartete, dass mein Körper sich wieder berappelt, dieses Mal ungewohnt düstere Gedanken auf, gegen die ich mich nicht wehren konnte. Was passierte da in meinem Kopf? Dies war die Motivation, dass ich einige Tage später dieses Buch las:

Rachel Barr ist Mitte dreißig und auf TIKTOK ein Star. Sie ist Doktorin der Neurowissenschaften und erklärt dort, wie unser Gehirn funktioniert. Das macht sie mit viel Humor, ohne wissenschaftlichen Dünkel und mit viel persönlichem Engagement. Und genau diese drei „Zutaten“ findet man auch in ihrem Buch.
Auch hier zeigt sie zuerst, wie die Abläufe in unserem Gehirn sind. Sie benutzt dabei das Bild einer Zeitungsredaktion (z.B. Chefredakteur, Klatschkolumnistin, Ressortleiter). Das fand ich genial, denn endlich verstand ich die Zusammenhänge und werde diese auch behalten.
Warum ist unser Gehirn nun unser bester Freund, kann aber auch unser ärgster Feind sein?
Sehr kurz zusammengefasst: Unser Gehirn sorgt dafür, dass alle Körperteile ihre Aufgaben erfüllen und miteinander funktionieren. Es liefert uns eine grobe Einschätzung der Welt und ist für unser Selbstwertgefühl, das Selbstbewusstsein, das Selbstgefühl und dem wichtigen Selbstmitgefühl zuständig. Das alles macht das Gehirn ganz freundschaftlich nach bestem Wissen und Gewissen. Und da genau liegt das Problem: Es orientiert sich leider immer noch sehr oft an seinem Wissen, das aus der Zeit stammt, in der wir alle in kleinen Gruppen noch als Sammler und Jägern durchs Land zogen. Hier kann das Gehirn dann zum ärgsten Feind werden. Nur ein Beispiel: Aus Urzeiten ist das Gehirn immer darauf bedacht, allem Gefährlichen mehr Aufmerksamkeit zu schenken und das abzuspeichern. Positives gefährdet nicht unser Leben, nur Schlechtes wird behalten. Das ist auch heute noch wichtig, aber eben nicht mehr überall. (Dem Umgang mit den heutigen Sozialen Medien wird deshalb ein eigenes wichtiges Kapitel gewidmet). Unser Gehirn saugt schlechte Nachrichten ein und behält sie, es könnte ja mal wichtig sein. Das ist für unser Gemüt aber reines Gift. Wir werden gestresst, depressiv und unser Selbstgefühl verschlechtert sich zunehmend, wenn man nicht gegensteuert und „der Bestie“ (ja, so nennt die Autorin tatsächlich das Gehirn an mehreren Stellen) die schlechten Nachrichten vorenthält und es beruhigt, dass keine Gefahr besteht. Das Gehirn immer wieder mit Kleinigkeiten positiv zu entzücken heißt das Gebot der Stunde. Aber Vorsicht: Auch hier lauert eine Gefahr: Das Gehirn fühlt sich verpflichtet, uns dabei zu helfen und liefert uns Vorschläge für schnelles Wohlgefühl: Alkohol, Essen, Shopping. Wenn es geht, arbeitet unser Gehirn mit dem kleinst möglichen Aufwand, aber auf längere Sicht tun uns solche Vorschläge nicht gut.
Wir müssen dem Gehirn also zeigen, dass es darüber hinaus auch andere Möglichkeiten gibt, gute Gefühle zu erzeugen. Lesen, Musik hören, Bewegung, Naturaufenthalte und kein Multitasking mehr! Beim Essen den Roman lesen und über Kopfhörer Musik hören. Gar nicht gut für das Gehirn, denn es braucht für jede Aufgabe Nahrung, um alles ordentlich zu verarbeiten. Bei drei Aufgaben kommen alle zu kurz bei der Nahrungsverteilung, das Gehirn ist gestresst, gute Gefühle kommen nur begrenzt auf. (Auch kein Multitasking mehr auf der Arbeit, das ist noch schlimmer: Telefonieren, dabei gleichzeitig Mail schreiben, aufploppende Nachrichten lesen, kurz in sein Brötchen beißen).
In zwei Kapiteln widmet sich die Autorin der Wichtigkeit von gutem Schlaf und täglicher Bewegung. Auch hier fließen ihre eigenen Erfahrungen mit ein und sie weiß, dass es nicht einfach ist, dem Gehirn angemessen etwas Gutes zu tun. Sie plädiert für ganz kleine Schritte zur Verbesserung und zeigt bei „mehr Bewegung“, wie man kreativ dies umsetzen kann.
Besonders lesenswert fand ich das Kapitel über die zunehmende Einsamkeit. Unser Gehirn braucht Umgang mit Menschen, aber Rachel Barr definiert dabei die Notwendigkeit von sozialem Umgang sehr viel weiter und eröffnet damit neue Wege, der Einsamkeitsfalle zu entgehen.

Ich lese das Buch gerade zum zweiten Mal und merke, dass die erste Lektüre schon ein bisschen Früchte getragen hat. Ich rede mit meinem Gehirn- klar, hört sich lächerlich an, aber es beispielsweise mal in seine Schranken zu weisen, wenn es wieder ein Problem wälzt, das tut gut.
Auf meinem Handy habe ich ein Album mit meinen Lieblingsfotos angelegt, hat mir schon zweimal bei Frust geholfen. Ich lese gerade ein Science-Fiction Buch, obwohl ich dieser Richtung nicht viel abgewinnen kann. So folge ich dem Tipp, das Gehirn aus seiner Komfortzone zu holen.
Und ich setzte mich hin und höre nur Musik, tue nichts anderes. Was kann man in Musik alles entdecken, wie schön kann man tagträumen…

Vier Wochen mit Ssukgat (2)

Vor einem Monat besprach ich dieses Buch, in dem es u.a. um koreanische Ernährung und ihre Funktionen geht. (Besprechung siehe unten).

Mich beeindruckte die Philosophie der Selbstfürsorge und ich habe versucht, diese Anschauungen mit Lebensmitteln, die ich hier vor Ort bekomme, umzusetzen.
Nach vier Wochen kann ich sagen, dass mir diese Ernährungsweise sehr liegt. Wenn man experimentierfreudig ist und beim Essen viel Abwechslung kombiniert mit wenig Vorbereitung mag, kann man immer wieder neue Geschmackserlebnisse genießen und große Befriedigung durch das Essen erfahren.
Ich habe mir inzwischen einige „Basics“ gekauft, die ich gerne verwende.

Von links oben nach rechts unten: Das Umami Gewürz, das neben salzig, sauer, süß und bitter ein fünftes Geschmacksempfinden vermittelt.(Weitere Erklärung siehe am Ende des Beitrags). Furikake ist ein Topping, bestehend aus Aosa Algen, Sesam und Meersalz. Miso ist eine scharfe Sojapaste, daneben eine Mischung aus hellen und schwarzen Sesamstreuseln. Gerstengras dient zur Anreicherung mit Ballaststoffen und Eiweiß.
Rechts unten Wasabipaste, daneben eine scharfe koreanische Chillipaste und schließlich eine Packung Algenchipse. Die Norichipse stehen stellvertretend für Noriflocken, getrocknete Algen, die man einweicht und dann untermischen kann.

Salatgurke, Radieschen, Tomaten, frische Ananas, Birnen, Äpfel und Parmesankäse gehören ebenfalls zu meiner Grundausstattung.

Bevor ich anfange, etwas zu essen, trinke ich ein kleines Glas verdünnten Zitronensaft. Das ist gut für die Verdauung und die Gewichtszunahme wird abgefedert. Grüner Tee wird ebenfalls in dem Buch empfohlen.

Meine Favoriten waren in den letzten Wochen diese belegten Maiswaffeln:

Links oben: Birnenscheiben mit Sesamstreusel auf Quark
Links unten: Cocktailmohrrüben mit Leinsamstreusel auf salzigem Karamelbrotaufstrich
Rechts oben: Gurken mit Blumensalz auf Eiersalat
Rechts unten: Bananenscheiben mit Rosinen mit Zimt bestreut auf Quark
Links oben: Rote Beete Paste bestreut mit Sesam und Schnittlauch
Links unten: Bukokäse mit Misopaste verrührt, darauf Leinsamen
Rechts oben: Schwarze Oliven bestreut mit Gerstengras auf Eiersalat
Rechts unten: Erdbeeren mit Cashewkernen auf Quark
Oben links: Eingelegte süßsaure Zwiebeln mit geriebenem Parmesankäse
Links unten: Auf Bukokäse Gurken mit Wasabi und Sesamstreuseln
Rechts oben: Mit Umami bestreute Apfelscheiben auf Kimchi
Rechts unten: Ausnahmsweise mal eine Toastscheibe, darauf Bukokäse, zwei rechteckige Algenchipse mit Gurken und Tomaten bestreut mit Furikake

Das Rezept für mein erstes Kimchi fand ich hier:

https://www.einfachkochen.de/rezepte/kimchi-selber-machen-so-einfach-gehts

In zwei von diesen 1 Liter Gläsern passten die angegebenen Mengen aus dem Rezept. Oben sieht man ein Ventil, durch das Gase, die beim Fermentieren entstehen können, entweichen.

Zwei Fehler habe ich bei meinem ersten Kimchi gemacht:
Kimchi soll man erst einige Tage bei Raumtemperatur ziehen lassen, bevor es in den Kühlschrank gestellt wird. Ich erwischte zu warme Tage ( ca. 25-30 Grad) und nach drei Tagen hatten die Gase den Deckel hochgehoben und der Küchentisch war voller Kimchisaft. Ich sah, dass im Glas das Gemüse nicht mehr luftdicht vom Saft abgeschlossen und damit die Fermentation unterbrochen war. Was tun? Ich nahm Sonnenblumenöl und „versiegelte“ damit das Gemüse. Großer Fehler! Glücklicherweise erzählte ich das kurz danach einer Kimchifachfrau, die mir eindringlich erklärte, dass Öl Kimchi zerstört. Schnell das Öl wieder abgeschöpft und stattdessen mit Salzwasser das Glas aufgefüllt. Ich konnte das Kimchi noch retten. Besonders gut schmeckt mir Kimchi zu Pellkartoffeln und einem Quarkdip, zu herzhaften Pfannkuchen oder als Belag eines warmen Käsetoasts.

Wenn es draußen kälter wird, werde ich mich mit der Zubereitung von Ramensuppen beschäftigen. Vielleicht gibt es dann noch eine Fortsetzung dieses Beitrags.

Foto von Pixabay

Bemerkung zu Umami, gefunden auf der Seite der hkk Krankenkasse:

Umami: für die Grundbausteine des Lebens

In vielen Lehrbüchern wurde dieser „fünfte“ Geschmackssinn lange unterschlagen. Dabei ist er für das Leben außerordentlich wichtig. Denn ausgelöst wird er durch proteinreiche Nahrung. Und Proteine, also bestimmte Eiweißverbindungen, sind nichts anderes als die Grundbausteine aller uns bekannten Lebensformen.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass für umami zuständige Rezeptoren konkret auf die Aminosäuren Glutaminsäure und Asparaginsäure anspringen. Und genau diese Aminosäuren finden sich eben in erster Linie in eiweißreicher Kost wie Fleisch, Wurst, Käse und Pilzen. Aber auch in bestimmten Gemüsesorten stecken die Substanzen, zum Beispiel in Tomaten, Sellerie sowie in der bei uns immer beliebter werdenden Sojasauce.

In Korea heißt das Zauberwort „Selbstfürsorge“ (Ssukgat 1)

Dieses Buch las ich in meinem Urlaub und fand es sehr inspirierend:

Warum essen wir Europäer? Weil wir Hunger haben und/oder weil wir genießen möchten. Dass Lebensmittel uns gesund machen können, daran denken wir wohl erst an dritter Stelle: Vielleicht bei einer Erkältung, wenn es Hühnerbrühe gibt.
In Korea hat Ernährung einen ganz anderen Status. Schon ein Kleinkind bekommt das Wissen vermittelt, dass Essen Medizin ist, aber nicht hauptsächlich, um den Körper zu heilen, sondern um Krankheiten und Gebrechlichkeit zu verhindern. Das Zauberwort in Korea heißt „Selbstfürsorge“= Man isst, um Körper und Geist etwas Gutes zu tun und fühlt dabei eine große Befriedigung. Diese Kernaussage des Buches wird von der Autorin mit vielen Informationen und Rezepten unterfüttert.
Michelle Jungmin Bang ist Amerikanerin mit koreanischen Wurzeln und hat nach einem Zusammenbruch damit begonnen, sich mit dem Ernährungswissen ihrer koreanischen Vorfahren zu beschäftigen. Schritt für Schritt hat sie zuerst ihre eigene Ernährung und dann auch die ihrer Familie mit deren Zustimmung umgestellt. Neben ihren familiären Aufgaben und ihrer Arbeit schuf sie sich weitere Zeiträume, um sich mehr in der Natur aufzuhalten, sich körperschonend sportlich zu betätigen und einfach mal nichts zu tun. Jetzt geht es ihr sehr gut.
Ihre Beschreibungen fand ich manchmal ein bisschen zu „heile Welt“, doch ihre Ideen, wie man diese Selbstfürsorge umsetzen kann, wogen das bei Weitem auf.
So beschreibt sie beispielsweise, wie sie dazu übergegangen ist, morgens ihrem Mann und den beiden Kindern ein Tablett mit verschiedenen gesunden Saucen und Gewürzen hinzustellen und ihnen dazu frisch aufgeschnittenes Obst oder Gemüse zum Dippen anzubieten. Dazu gibt es Reis und/oder eine Kraftbrühe.
Jeder kann nach Geschmack und Laune essen und es macht nicht viel Arbeit.
Ich esse nicht genügend Obst und Gemüse, vielleicht könnte das auch ein Weg für mich sein, mich gesünder und abwechslungsreicher zu ernähren?
In dem Buch sind einige Zutaten aufgelistet, die man nicht in den hiesigen üblichen Supermärkten gibt. Aber in Duisburg hat gerade ein koreanischer Lebensmittelladen eröffnet, den werde ich in Kürze besuchen.
Der hiesige Bio-Supermarkt ist auch auch schon ganz gut bestückt mit japanischen und koreanischen Lebensmitteln und als Einstieg kaufte ich mir „Furikake“ = Sesam-Algenstreusel und einen Nori-Snack.

Foto: Heller und schwarzer Sesam, gemischt mit Seealgen, schmeckt etwas salzig. Zu den Radieschen passte das prima, auch über Ananasstücke gestreut, fand ich es lecker. Der Verzehr von Algen ist in der koreanischen Ernährungsphilosophie besonders wichtig.
Fotocollage: Die hauchfein gepressten Algen sind ein bisschen mit Meersalz und Sonnenblumenöl verfeinert. Kann man den Duft des Meeres essen? Ja!

Mal sehen, wohin mich „Ssukgat“ noch führt.


P.S. Ssugkat ist eine Pflanze, die in der koreanischen Küche gerne verwendet wird. In Deutschland nennt man sie auch „Kronenwucherblume“.