Lassen Sie sich auf Hilma ein

Im Dezember 2018 erzählte ich Ihnen, dass ich mit meinem Mann ein paar Tage in Prag verbracht hätte, um die Bilder von Frantisek Kupka anzusehen. Immer häufiger hatten sich in den letzten Jahren Kunsthistoriker geeinigt, dass er, und nicht Kandinsky, Mondrian oder Matisse, der erste Maler eines abstrakten Bildes war. (Siehe Beitrag siehe unten unter I.H……).

Was ich damals noch nicht wusste: Es gab jemanden, der noch früher als Kupka abstrakt malte. Das anzuerkennen, damit taten sich die Riegen der „Kunstinfluencer“ und Kunstsammler allerdings viel schwerer, denn diese Person war eine Frau. Außerdem: Welchen Wert-und Ansehensverlust würde man als Sammler oder Museum erleiden, wenn plötzlich ein früher Kandinsky gar nicht mehr so innovativ war?

Als sie 44 Jahre alt war und beschlossen hatte, ihrer konservativen Ausbildung als Malerin nicht mehr zu folgen, malte Hilma af Klint u.a. diese beiden Bilder. Bis dahin galt 1912 immer als das Jahr, in dem das erste abstrakte Bild in der Öffentlichkeit bekannt wurde, Hilma af Klint malte diese Bilder bereits 1906/1907.

In Malmö hatten wir die Gelegenheit, uns eine Ausstellung mit einer Auswahl der Werke von Hilma af Klint anzusehen.

Unten links drei, rechts daneben ein weiteres Bild von insgesamt zehn Gemälden, die unter dem Titel„Gemälde für den Tempel“ bekannt sind und die Stationen eines Menschenlebens darstellen.

Seitdem ich mich mit den Bildern von Hilma af Klint beschäftige, sind meine Ansichten zu der Künstlerin und zu ihren Arbeiten weit gefächert und haben sich auch schon mehrmals geändert:
Unverständnis, Skepsis, Akzeptanz (Séancen als Ausgangspunkt von Kunstwerken?)
Ablehnung, Neugierde (die Theosophie als Lebensinhalt?)
Respekt (vor der Konsequenz, mit der af Klint ihren Weg gegangen ist und vor ihrem nie versiegenden Verlangen nach Wissen und Erkenntnis)
Bewunderung ( wegen ihrer künstlerischen Weiterentwicklung und wegen ihrer Weitsicht, dass ihre Mitmenschen noch nicht reif für ihre Bilder waren. So durften ihre Gemälde erst 20 Jahre nach ihrem Tod gezeigt werden und bis heute verbietet ihr Testament den Verkauf der Bilder).
Ungläubigkeit gepaart mit Wut ( wie kann eine solche außergewöhnliche Frau sich von einem Mann, in diesem Fall Rudolf Steiner (Begründer der Anthroposophie), so negativ beeinflussen lassen? Sie hörte wegen seiner Kritik für vier Jahre mit der Malerei auf, dann setzte sie ihr Schaffen fort. Jahre später gab sie ihren persönlichen Malstil wegen ihm auf und malte Aquarellbilder nach seinem Gusto).

Es gäbe so viel zu Hilma af Klint zu erzählen, ich möchte sie mit diesem Beitrag ermutigen, dieser Künstlerin ein bisschen Zeit zu widmen. Bildbände, Sachbücher, ein Roman sind für Buchaffine auf dem Markt. Sehr empfehlen kann ich den Dokumentarfilm „Jenseits des Sichtbaren“. Dies ist der Trailer zu dem Film:

Auf YouTube gibt es noch eine ca. 25 minütige Sendung über af Klint, die ARTE vor einiger Zeit ausgestrahlt hat.