Krachend scheitern bei den guten Vorsätzen

Wissen Sie schon, was Sie im neuen Jahr besser machen wollen? Oder nehmen Sie sich nichts vor, weil Sie es in den letzten Jahren nicht geschafft haben?
Ich habe vor ein paar Wochen das Buch von Stephen Guise gelesen. (Gibt es leider nur noch antiquarisch, das Buch von Miriam Junge ist aber eine Alternative).

Stephen Guise ist immer wieder mit seinen guten Vorsätzen krachend gescheitert. Er schreibt, dass der Fehler in den zu hoch gehängten Zielen lag, für die der Motivationsvorrat nicht reichte. Unser Gehirn ist eine faule Socke die, wenn es nicht ums Überleben geht, für jede Handlung eine Portion Motivation braucht. An Tagen, an denen wir uns krank fühlen, schlecht geschlafen haben, mit Stress auf der Arbeit oder zuhause fertigwerden mussten, bleibt dann nichts mehr für die hehren Ziele des Vorsatzes übrig.
Es sei denn…
Guise nennt es die „Goldene Liegestützregel“. Er hatte sich vorgenommen, mehr Sport zu treiben, mehr zu schreiben und zu lesen. So formulierte er drei Minimalvorsätze: Er macht eine Liegestütze, schreibt 50 Wörter und liest zwei Buchseiten pro Tag. Das war so lächerlich, dass der innere Schweinehund schwieg und Guise selbst an schlechten Tagen oder im Urlaub seine Vorsätze erreichte. Das machte ihn zufrieden und motivierte ihn ohne große mentale Anstrengung, an guten Tagen seine Ziele freiwillig zu übertreffen. Er geht bis heute 3x/Woche ins Sportstudio, schreibt an manchen Tagen bis zu 2000 Wörter und liest wie ein Weltmeister.

Klappt das auch bei dir, fragte ich mich und dachte mir vor ca. zwei Wochen drei Vorhaben aus, u.a.

Pro Tag 1 Glas Wasser trinken (Ich trinke zu wenig)
Pro Tag auf meinem PC entweder 1 Mail oder 1 Foto löschen (Meine Festplatte ist bald voll)
Pro Tag einmal Seilchen springen (Für meine Ausdauer)

Bisher bin ich im „Vorsätze-Flow“, es funktioniert tatsächlich. Diese Befriedigung, Vorhaben geschafft zu haben und das direkt mehrmals am Tag, ist ein Gefühl, auf das mein Gehirn anscheinend nicht mehr verzichten möchte.


Meine neue Motivation bei schlechten Nachrichten

Beim Versuch, mich politisch mehr zu engagieren, erwischen mich auch immer wieder Tage, wo meine Lust dazu rapide in den Keller geht. Dann erschöpfen mich schlechte Nachrichten und ich will nichts hören oder sehen.
Um die Zahl solcher Tage zu begrenzen, las ich zwei Bücher.

Das Buch „Moralische Ambitionen“ richtet sich in erster Linie an Menschen mit frischem Uniabschluss oder an hochqualifizierte Berufstätige, die mit ihrer Arbeit unzufrieden sind, weil diese schwachsinnig oder nutzlos ist.
Der Autor stellt verschiedene Personen vor, die in der Vergangenheit durch ihr Verhalten die Welt verändert haben, wie beispielsweise Thomas Clarkson, dem die Abschaffung der Sklaverei zu verdanken ist oder Rosa Parks, die Symbol für die Bewegung von Martin Luther King wurde.
Diese Geschichten sind sehr beeindruckend und toll zu lesen. Der Autor redet uns aber auch stark ins Gewissen. Es reicht nicht, Umweltschädliches zu vermeiden und sich beispielsweise mit einem E-Auto, veganem Essen oder Secondhand Kleidung ein gutes Gewissen zu verschaffen. Solange man seine persönlichen Fähigkeiten nicht zum Wohle der Gemeinschaft einsetzt, ist man nur idealistisch, aber nicht moralisch ambitioniert wie Parks oder Clarkson. Risiken eingehen, Mut beweisen, die Welt verändern, das sollte auf der Fahne eines jeden Bürgers stehen! Suche dir ein Thema, an das bisher noch niemand gedacht hat und das unser aller Leben verbessert und brenne für die Umsetzung dein Leben lang! Da kam mir dann doch der Gedanke: Darf es auch etwas weniger sein?
Eigentlich nur an einer Stelle geht Rutger Bregman ausführlicher darauf ein, wie wichtig alle Menschen sind, die solche Visionäre beim Verbreiten ihrer Ideen unterstützen. Diese Helfer und Helferinnen müssen u.U. akzeptieren, dass sie zu ihren Lebzeiten keinen großen Erfolg erleben, sondern nur an kleinen Schritten vorwärts teilnehmen. Trotzdem gilt: Nie deine moralische Ambition vergessen, damit du am Ende deines Lebens in den Spiegel schauen kannst.
Auf der Seite moralischeambition.de erfährt man teilweise in deutscher, teilweiser in englischer Sprache, noch mehr „The School for Moral Ambition“.

Die Lektüre des Buches war für mich bereichernd, doch für meine tägliche Motivation brauchte ich etwas Bescheideneres.

Die Autorin des Buches „Wie wir die Welt sehen“ ist Journalistin, hat u.a. zwei Jahre in Kabul gearbeitet und schreibt jetzt für verschiedene Zeitungen, dreht Filme und hält Vorträge zu den Themen ihrer Bücher.
Gleich am Anfang des Buches erzählt sie, wie sie hier in Deutschland immer häufiger bewusst keine Nachrichten sieht oder liest, da sie merkt, dass die Meldungen sie körperlich und auch psychisch negativ beeinflussen. Woran liegt das? Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es hier in Deutschland in den meisten Zeitungen und auf den Nachrichtenplattformen selten einen konstruktiven Journalismus, der alles Negative berichtet, aber auch Lösungswege aufzeigt, wie ein Problem behoben werden könnte. Diese Art des Schreibens ist für Lesende viel bekömmlicher und belastet weniger. Solche Artikel zu verfassen ist allerdings anspruchsvoller und leider gilt in Deutschland bei Verlegern meistens immer noch die Meinung: „Bad News are Good News“, wenn es um die erzielte Aufmerksamkeit geht.
Die Autorin hat in ihrer Zeit in Afghanistan gelernt, neben Negativem auch über Positives zu berichten und versucht, dies nunmehr auch in ihren Artikeln über Deutschland umzusetzen. Sie schreibt nicht nur von Missständen, sondern auch vom positiven gesellschaftlichen Wandel und „dass sich überall … Menschen dafür ins Zeug legen, damit wir freier, sicherer und selbstbestimmter leben können.“ Geschichten von Helden, so wie die von Rutger Bregman in seinem Buch, mag sie nicht, sie hält es für wichtiger, dass täglich auch positive Geschichten über Leute wie du und ich erzählt werden, die handeln und sich nicht ohnmächtig fühlen. Dabei nennt sie schlechte Nachrichten übrigens Fehlerberichte- Fehler können behoben werden! Ein schöner Gedanke.
Ronja von Wurmb-Seibel erwartet von uns keine Großtaten. Kein Schritt ist für sie zu klein. Ein Anfang könnte sein, wenn man im Privatleben eher Positives berichtet und seltener auf Negativem herumhackt und dort, wo man eine öffentliche Meinung kundtun kann, der Negativschleife neue gute Geschichten entgegen setzt. Dazu recherchiert man beispielsweise, ob es in anderen Ländern vielleicht schon Lösungswege gibt.
Möchte man mehr tun, sollte es etwas sein, dass man gerne macht oder kann. Alleine oder noch besser in einer Gruppe, darin ist sie sich mit Rutger Bregman einig. Rückschläge wird es immer wieder geben, aber langsam wird bis dahin Unvorstellbares sichtbar.

Dieses Bild hängt bei der Autorin als Mahnung im Wohnzimmer. Was sehen Sie?

Einen kleinen schwarzen Punkt? Oder eine große weiße Fläche?
Der schwarze Punkt ist das, was uns von der ganzen Welt in den Medien berichtet wird, das Weiße steht für alles, was auf der Welt positiv ist.

Ich blättere in diesem Buch und würde Ihnen noch gerne mehrere Textpassagen vorstellen. Alle sind erhellend und ermutigend. Stattdessen beende ich diesen Beitrag mit einer Rezension von Joachim Dittmer, veröffentlicht am 16. März 2022 auf einer Bücherplattform:

Jetzt erst recht! Dieses Buch hilft. Es ist für mich ein Mutmacher, aus der Komfortzone der Couch ins Handeln zu kommen. Die momentanen Berichterstattungen über den Ukraine-Krieg Russlands könnten einen verschreckt zurücklassen. Der Ansatz zeigt Wege auf, Initiative zu werden, damit die Welt besser wird.

Machen Sie 2018 Ihr Ding?

Auf ein gesundes 2018 und möge Ihnen viel Schönes im neuen Jahr passieren! Und vielleicht wird es auch ein Jahr, in dem Sie endlich mal etwas tun, was Sie immer schon mal machen wollten? Das Lied „Mein Ding“ von Udo Lindenberg ist meine erste kleine Motivationshilfe für diese Woche: