Brot und Spiele und Kunst in Rotterdam

Wir besuchten vorletzte Woche Rotterdam, um einen Abend der Darts Premier League mitzuerleben. Nachdem wir Ende 2024 in London bei der Darts WM im Ally Pally waren, wollten wir uns nun eine Art „Bundesliga-Wettstreit“ ansehen.
In der Ahoy Halle in Rotterdam waren 16000 Tickets für die Veranstaltung verkauft worden, im Ally Pally finden etwas mehr als 3000 Fans einen Platz. So war es im Alley Pally fast heimelig und dank der Altehrwürdigkeit des Veranstaltungsortes konnten wir hier noch ein bisschen den Charme früherer Darts-Wettkämpfe erleben. Im Ahoy waren es moderne „Brot und Spiele“ fürs Volk, das in diesem Fall hauptsächlich aus Männern bestand. Das Bier floss in Strömen, es wurde gegrölt und lautstarke Pfiffe wurden nach Ab- oder Zuneigung bei einem männlichen und zwei weiblichen Kommentatoren verteilt.
Aber eins nach dem anderen. Natürlich war auch bei dieser Veranstaltung Verkleidung fast Pflicht. Je schräger, desto besser.


Wir hatten im Ahoy die Gelegenheit, die z.Zt. vier besten Dartsspieler der Welt und weitere vier sehr gute Spieler live zu erleben. Sieben kommen dieses Jahr aus Großbritannien, einer aus den Niederlanden und bei ihm tobte natürlich die Halle. Dumm nur, dass er in der ersten Runde ausschied.

Oben links sieht man Luke Littler, der Weltmeister von 2024. Im Uhrzeigersinn geht es dann weiter mit den Plätzen 2-8, die Namen sieht man auf der Anzeigetafel oben rechts. Rechts unten der lokale Star Michael van Gerwen.

Wie läuft eine Begegnung zwischen zwei Dartspielern ab? Hier ein paar Eindrücke:

Im Uhrzeigersinn: Oben links: Nacheinander laufen die beiden Spieler ein, jeder hat sein eigenes Einlauflied. (Beispiel siehe weiter unten). Auf dem Weg zur Bühne werden noch ein paar Autogramme gegeben, auf der Bühne selbst erfreuen sich die Spieler zuerst daran, wenn der ganze Saal sein Lied mitsingt. Nach ein paar Würfen zum Aufwärmen geht es dann los und wer zuerst sechsmal 501 Punkte erreicht hat, ist der Sieger des Durchgangs. In Rotterdam wurden zuerst vier Durchgänge gespielt, dann zwei und schließlich das Finale. Der Sieger erhält 10000 Euro, die anderen gehen leer aus.

Was die einzelnen Durchgänge angeht, so wurden wir nicht enttäuscht. Alle waren fast immer spannend. Unter den acht Spielern gibt es vier Davids und vier Goliaths und bei den einzelnen Paarungen gab es dadurch immer einen Liebling, den man unterstützte.
Wer mehr über die Premier League wissen möchte: https://de.wikipedia.org/wiki/Premier_League_Darts_2025

In unserem Freundeskreis können einige nicht viel mit Darts anfangen „Da wirft man ja nur auf so eine Scheibe, das ist doch langweilig!“ hören wir ab und zu.

Langweilig? Ja, das kann passieren, wenn beide Spieler keinen guten Tag haben oder sie in ihrem Können auf dem gleichen Level sind. Dass Darts aber auch pure Emotion ist, möchte ich mit Hilfe von Nathan Aspinall, meinem Lieblingsspieler, zeigen. Da leidet und fiebert man als Zuschauer mit!

Nathan Aspinall gilt z.Zt. als der größte Kämpfer unter den Spielern. Er hatte und hat gesundheitliche Probleme mit dem Wurfarm und leidete an Dartitis, einer psychischen Erkrankung, die schon zu Panikattacken auf der Bühne, sowie zu Depressionen führte, wie er offen zugibt. Aufgeben ist für ihn aber keine Option.

Von ihm habe ich auch das Einlauflied aufgenommen. Es hat passenderweise für sich „Mr. Brideside“ von der Gruppe „The Killers“ aus dem Jahr 2003 ausgewählt. Bitte anklicken:

Leider wurde es gegen Ende der Veranstaltung unangenehm, denn diverse alkoholisierte Besucher meinten, andere Zuschauer mit Bier duschen oder herumstänkern zu müssen. Das war sehr schade, im Londoner Ally Pally gab es solche Szenen nicht.

Kommen wir zur Kunst:

Wir waren schon morgens nach Rotterdam gefahren, um uns das Depot des Boijmans van Beuningen Museums anzusehen.

Auf den vier Fotos bekommt man einen Eindruck der Wirkung auf die Umgebung, die die an den Depotwänden befestigten ca.1600 Glaspaneele haben

Die erste Stunde in dem Gebäude war eher unerfreulich. Das Personal hätte netter sein können. Obwohl es richtig kalt war, musste jeder seine Jacke ausziehen und in Schränke packen, deren Schließmechanismus den meisten Besuchern erst einmal ein Rätsel war. Wir fuhren in den obersten Stock, um auf die Aussichtsplattform zu gehen. Ausgefallen, sehr stylish.

75 Birken auf dem Dach schaffen fast eine Gartenatmösphäre

Hier befand sich auch ein Restaurant, wo man schon Geduld mitbringen musste, bevor man seine hochpreisigen Häppchen serviert bekam.

Nach der kleinen Stärkung stiegen wir hinab und die ersten Räume waren kurzfristig geschlossen, zwei Ausstellungen blieben uns also verborgen. 20 Euro Eintritt pro Person kam uns nicht mehr ganz so korrekt vor und wir grummelt so vor uns hin. Aber dann…
Von Etage zu Etage freundete ich mich mehr mit diesem Konzept an, denn es gab viel zu entdecken:

Im ganzen Treppenhaus gab es neben großen Kunstwerken in Hüfthöhe Ausstellungsvitrinen- speziell für Kinder! Oder man nahm von einer Etage zur anderen einen der besonderen Übergänge, wie links zu sehen ist. Links oben, der durchscheinende Fußboden. Oder man fuhr im Fahrstuhl, der so groß war, dass ein ca. 3 Meter großer Warenkran hineinpasste.
Man kam an diversen Depoträumen vorbei, in die man hineinsehen konnte. Im Depot befinden sich ca. 70000 Exponate. Während einer Führung darf man sich in den Räumen auch umsehen.
Sehr interessant fand ich auch die Möglichkeit, Einblicke in verschiedene Ateliers zu bekommen. Hier sieht man oben links ein Atelier von jungen Bildhauern, darunter und rechts werden Bilder restauriert.


In mehreren kleinen Räumen waren dann doch noch Ausstellungen von Künstlern zu sehen.

Der Besuch hat Spaß gemacht, das muss ich dann doch sagen!

Bei der Darts Weltmeisterschaft in London

Nach Weihnachten fuhren wir ein paar Tage nach London. Der Hauptgrund unserer Reise: Wir hatten offizielle PDC-Tickets ergattert für ein Viertelfinale der Darts Weltmeisterschaft im legendären Alexandra Palace, auch liebevoll Ally Pally genannt.

Foto: Linda hat es ins Ally Pally geschafft, bzw. hier steht Paddy. Paddy Power ist der Sponsor der Weltmeisterschaft.


Unsere Unterkunft lag in Palmers Green, zwei Bahnstationen entfernt vom Ally Pally. Die meisten Häuser wurden hier zwischen 1900 und 1920 gebaut und es sah alles noch stimmungsvoll weihnachtlich aus. Dazu gibt es eine gute Infrastruktur mit Geschäften, Pubs und Restaurants, wir fühlten uns hier wohl.

Foto: Beispiele für gemütliche Cafés und Pubs , die bunten Tiffanytüren sind typisch für viele Wohnhäuser in Palmers Green

Nun, was macht diese Weltmeisterschaft im Ally Pally so einzigartig?
Meine Version: Ca. 3500 Menschen, egal ob jung oder alt, aber mit leichtem Hang zum Dartsirrsinn, treffen sich und schlagen mal über die Strenge. Das äußert sich äußerlich so:

Foto: Egal ob alleine oder in der Gruppe, Verkleidung ist für viele Besucher Pflichtprogramm. Ich fiel da mit meinem Sumo T-Shirt nicht so sehr auf…

Hat man alle Ticket-und Taschenkontrollen geschafft und steht im Ally Pally …

Foto: Vor und im Alexandra Palace

… wird man von unglaublich lauter Musik empfangen, der Boden klebt und es riecht nach altem Fett und Schweiß. Gehört alles dazu! Ein Muss sind riesige Bierpötte, die Pitcher mit 1,5 Liter (33, 50 Euro), da sind die Maß auf dem Oktoberfest Kinderkram.

Foto: Oben Szene aus dem Duell zwischen Price und Dobey, darunter ein Überblick über die Halle

Wir saßen rechts von der Bühne und konnten gut sehen. (Das Ticket kostete 70 Euro). Die Sitzreihen sind allerdings eng, für große Menschen kann es unbequem werden. Da ist es dann schon gut, wenn man ab und zu aufstehen muss und sei es, um zu zeigen, dass man wirklich ein Dartsfan ist.

Video: Es wird gesungen: Stand up, if you love the darts…Meistens wurde es bei einem Spiel laut, wenn das Spiel langweilig wurde. So hörte man dann auch mal: Boring tables, boring tables!

Unser erstes Viertelfinale fand zwischen Gerwyn Price und Chris Dobey statt. Die Mischung aus großer Emotionalität (Price) und Coolness (Dobey) gepaart mit diversen 180er Würfen (sind die besten) machten dieses Spiel zu einem Genuss für Dartsfans. Große Spannung bis fast zum Schluss und der Überraschungssieger war Dobey.

Foto: Bilder von Gerwyn Price (oben) und Chris Dobey

In den Pausen wurde den Fans mit Musik eingeheizt und wildfremde Menschen lagen sich in den Armen. Abgesehen von einigen deutschen Zuschauern, die von englischer Fairness wohl noch nichts gehört hatten, geht es den meisten Zuschauern nicht unbedingt darum, dass eine bestimmte Person gewinnt (abgesehen vom Endspiel, siehe unten), sondern dass ein gutes Dartspiel gezeigt wird. So wird jeder gute Wurf honoriert.

Dieses Video gibt unsere Pausenstimmung am besten wieder, obwohl es der Einlauf des Dartspielers Joe Cullens ist.

Das zweite Viertelfinale trugen Michael van Gerwen und Callan Rydz aus. Van Gerwen war der große Favorit, aber Rydz machte es ihm schwer und die Halle tobte.

Foto: Szenen aus dem Spiel zwischen Rydz und van Gerwen

Van Gerwen gewann, aber Callan Rydz hat viele neue Fans gewonnen, denn er war der letzte nicht gesetzte Spieler in dieser WM, der es so weit geschafft hatte.

Nach fünf Stunden war für uns das Ally Pally Erlebnis zu Ende. Wir sind froh, dass wir an diesem Dartshighlight teilnehmen durften.

Das zweite Viertelfinale, sowie Halbfinale und Finale sahen wir uns in Pubs an. Sehr gute Stimmung, besonders weil im Endspiel das englische Darts-Wunderkind Luke Littler gegen den mehrfachen Weltmeister Michael van Gerwen klar gewonnen hat.

Nachdem Darts bis vor Corona eher ein Nischensport war, wird dieses Spiel jetzt immer beliebter und der Dartsverband sieht Dollarzeichen am Horizont. So soll die Veranstaltung evtl. in eine andere Halle verlegt werden mit einer viel höheren Zuschauerkapazität und es wird sogar darüber diskutiert, dass die WM in einem anderen Land stattfinden soll- Saudi-Arabien…Bitte nicht!

Nachtrag 25.1.2025: Der Hautsponsor der Darts WM hat sich eine besondere Aktion einfallen lassen: Für jeden 180er Wurf wurde für die Männergesundheit gespendet.

Darts gewinnt an Popularität

Während Darts vor einigen Jahren als Hobby in Kneipen belächelt wurde, ist es mittlerweile sehr beliebt. Bei der jährlich um den Jahreswechsel in London stattfindenden Weltmeisterschaft im Alexandra Palace (Ally Pally) erhält der Sieger immerhin 500.000 Pfund (aktuell rund 600.000 Euro). Für Begeisterung sorgte das Darts Talent Luke Littler, der das Turnier mit gerade einmal 17 Jahren gewann.

WM-Sponsor mit kreativer Idee

Hauptsponsor der Darts-WM war Paddy Power. Im Laufe der Darts-WM spendeten sie für jeden 180er Wurf, dem höchsten Score mit drei Darts, 1.000 Pfund an die Organisation Prostate Cancer UK. Für das perfekte Spiel, den Neundarter, wurden 180.000 Pfund ausgeschüttet. Davon gingen 60.000 Pfund an den Spieler, 60.000 Pfund an einen Zuschauer im Publikum und die letzten 60.000 Pfund an Prostate Cancer UK. Laut Berichten wurde bei der Darts-WM 2025 ganze 907 Mal die 180 geworfen. Zudem gab es zwei Neundarter. Das macht eine Spende in Höhe von über 1.2 Millionen Euro für den Kampf gegen Prostatakrebs.

Nächste Woche gebe ich noch ein paar Tipps, was man in London machen kann, wenn man die Top 10 Touristenziele schon kennt. Wir fuhren danach noch an die Südküste nach Brighton, darüber werde ich auch noch schreiben.