Es war einmal ein Haufen in einem schwedischen Wald…

Bevor ich zum Inhalt dieses Romans komme, möchte ich zuerst sein äußeres Erscheinungsbild loben. Das Buch (579 Seiten stark) ist drei Zentimeter kleiner als das übliche Romanformat. Jetzt wird es vielleicht etwas seltsam, aber nahm ich es in die Hand und schlug es auf, hatte ich intensiver das Gefühl, in eine Geschichte „einzutauchen“, ja fast in eine kleine Schatzkiste zu blicken. Dazu trug auch das sehr klare und etwas größere Schriftbild bei, so dass ich das Lesen als sehr angenehm empfand. Das Bild auf dem Deckblatt erinnert auf den ersten Blick an einen Ameisenhaufen, doch sind es wirklich Ameisen?

Zum Inhalt: Die 32 jährige Emelie ist Journalistin in Stockholm. In letzter Zeit empfindet sie das Leben als ein „Hindernislauf von Sinneseindrücken“, im dem sie sich redlich Mühe gibt, es allen recht zu machen und den Alltag zu überstehen. Doch ihr schwinden dazu immer häufiger die Kräfte und sie beschließt, im Wald zelten zu gehen, um Ruhe zu finden.
Die Ruhe währt nicht lange, denn sie entdeckt ein großes Haus, in dem anscheinend mehrere „Verrückte“ leben. Sie tanzen mitten am Tag durch den Wald, haben draußen Sex und sagen andauernd „Danke“. Emilie ist von den drei Männern und Frauen fasziniert und kehrt immer wieder zum Haus zurück, um die Bewohner heimlich zu beobachten. Auch versucht sie, die Rolle eines Jungen zu verstehen, der sich von der Gruppe etwas abseits hält.
Dann steht dieser Junge eines Tages plötzlich vor ihr. Er heißt Låke und benimmt sich sehr ungewohnt im Vergleich zu Jugendlichen aus der Stadt. Er stellt viele Fragen, ist völlig arglos, weiß nicht, was ein Handy ist, liebt Bücher und möchte immer Chipse essen. Låke geht nicht zur Schule, besucht Emelie jeden Tag und langsam erfährt sie etwas mehr über die Gruppe von Aussteigern, die mit dem „Leben da draußen“ nichts zu tun haben wollen.
Als Emelie beim Beobachten erwischt wird, lernt sie schließlich die ganze Gruppe kennen. Zuerst ist diese gegenüber der Frau von draußen sehr misstrauisch, doch Sara, die in der Gruppe anscheinend das Sagen hat, bringt Emelie Vertrauen entgegen und lädt sie zum Bleiben ein.
Die Gruppe nennt sich selbst „Der Haufen“, denn sie leben seit mehreren Jahren zusammen und kennen sich so gut, dass ihr Leben dem in einer Ameisenkolonie ähnelt. Sie leben autark, habe die Einkaufsfahrten ins nächste Dorf eingestellt. Jede Person kennt ihre Aufgaben, versteht den anderen, denkt für ihn mit. Die charismatische Sara ist die Königin, auf die alle hören. Sie haben keine Pläne oder Ziele und begegnen jeden Tag mit wacher Neugierde.
Emelie fühlt sich zuerst in der Gruppe sehr geborgen, doch dann kommt es zu einem schicksalshaften Abend, an dem viel getrunken wird. Enthemmt stellt Emelie Fragen und hält der Gruppe einen Spiegel vor mit Wahrheiten, die die Gruppenmitglieder bis dahin immer verdrängt haben. Der Frieden im „Haufen“ ist vorbei, wie geht es weiter? Dramatisch, hoffnungsvoll, melancholisch. Und Emelie? Sie ist froh, wieder in die Stadt zurückzukehren. Vielleicht nicht alleine.

Wer sind die erwachsenen Mitglieder dieser Gruppe? Sechs außergewöhnliche Lebensgeschichten werden ebenfalls erzählt und man bekommt mit diesem Roman außergewöhnliche Lesestunden geschenkt. Ein Dankeschön dafür an den Kommode Verlag aus der Schweiz!

Autor: linda

Wohne in Duisburg.

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